
„Mit so vielen Leuten habe ich nicht gerechnet“, sagte Hannelore Mintzel überrascht. Zweimal war sie mit Zuhörern „auf jüdischen Spuren unterwegs in Rimpar“, ein Rundgang mit sieben Stationen, und beide Male hätte sie ohne Megafon ein Problem bekommen. 130 Zuhörer, verteilt auf beide Führungen, lauschten konzentriert der pensionierten Hauptschullehrerin (Fach: Geschichte), die nicht etwa Zahlen, Daten und Fakten herrunterleierte. Vielmehr führte sie an Orte, an denen jüdische Mitbürger gelebt hatten, und ließ sie mit ihrer Schilderung wieder lebendig werden.
Zum Beispiel Karl und Hannchen Tannwald, die eine Bäckerei im Ortskern geführt hatten und 1936 ihr Geschäft verkaufen musste. „Möglicherweise ist die Familie von Karbach aus zugezogen, denn im Verzeichnis der jüdischen Bürger Rimpars war die Familie 1910 noch nicht existent, in Karbach aber schon“, erzählte Hannelore Mintzel. Nach dem Verkauf ging Karl in ein jüdisches Altersheim, und der Sohn Leopold mit seiner Familie in die USA, wo auch heute noch deren Nachkommen leben. Karl verstarb 1937, Hannchen wurde trotz ihres hohen Alters 1942 ins KZ Theresienstadt deportiert und dort von den Nationalsozialisten ermordet.
Nur gut 200 Meter weiter, an der Kirchenstraße, „befand sich das eigentliche jüdische Zentrum, und alles war sehr gut fußläufig zu begehen“, berichtete Mintzel und erzählte von Judenschranken. Die sollten die Juden nicht wegsperren, sondern bildeten die Sabbath-Grenzen. Am Sabbath durfte ein Jude nur 1000 Schritte machen, „und deshalb durfte auch die Synagoge nicht so weit entfernt sein“. Die besitzt einen für Franken einmaligen Treppenturm als Aufgang zur Frauenempore und steht unter Denkmalschutz. Besichtigt werden kann sie allerdings nicht, da sie sich im Privatbesitz befindet. Zudem ist sie ohne Zugang von der Straße und stark baufällig.
An der Apotheke an der Niederhoferstraße, an der der Rundgang endete, ist ein prächtiger Bau aus der Renaissance und gehörte der bekannten Rimparer Judenfamilie Löw/Lehmann. Die Söhne von Abraham Löw, der sich in Lehmann umbenannt hatte, wanderten in die USA aus und wurden durch Handel reich. Sie gründeten die Bank „Lehman-Brothers“, die 2008 während der weltweiten Finanzkrise zur unrühmlichen Berühmtheit gelangten – ein Fakt, der in Rimpar bestens bekannt ist.
Eine Metzgerei gegenüber der Raiffeisenbank verkaufte koschere Waren, ein Viehhandel mit Landwirtschaft an der Ecke Kirchenstraße/Lömmelsgasse oder auch der Besuch am Haus der Familie des Rabbi Lassmann am Marktplatz – die eineinhalb Stunden lange Führung war viel zu schnell vorbei. Und statt der Nachzügler, die Hannelore Mintzel für die zweite Führung erwartete, durfte sie erneut 65 Personen führen. Manche hatten sich gar für eine weitere Führung angemeldet, die von der IGU in Rimpar organisiert wird.
Die Führung war eine Premiere, und sie ist so gut gelungen, dass Mintzel weitermachen will. Als nächstes folgt die Führung von denjenigen, die es zur Premiere nicht geschafft hatten, „dann will ich es auch der Mittelschule in Rimpar anbieten, und ich kann mir sehr gut vorstellen, noch weitere Führungen zu machen“, so Mintzel. Feste Termine hat sie nicht im Blick, vielmehr richtet sie sich nach dem Interesse und der Zeit der Interessierten, „solange sie auch in meine Zeit passen“.
Kontakt: Hannelore Mintzel, Zur Veitsmühle 35 in 97222 Rimpar, Tel. (0 93 65) 92 33.