Seit über 40 Jahren führt der Gerbrunner Obst- und Gartenbauverein eine jährliche Vereinsfahrt zu sehenswerten Zielen in Deutschland oder einem der Nachbarländer durch. In diesem Jahr ging es an die Ostseeküste Mecklenburg-Vorpommerns mit den Städten Stralsund und Greifswald, den Inseln Rügen und Usedom sowie der Halbinsel Fischland-Darß.
Eine Reise durch Deutschland ist immer auch eine Begegnung mit der deutschen Geschichte. Bereits auf der Hinfahrt bot die Rast in der Lutherstadt Wittenberg die Möglichkeit, einige Stätten des Reformators kennenzulernen: An der Schlosskirche waren (in Latein) die berühmten 95 Thesen zu lesen, in der Kirche konnte man am Grab Luthers verweilen, im "Schwarzen Kloster" wurde an den großen Haushalt (bis zu 40 Personen) der Familie Luther erinnert.
Die Stadtführungen in Stralsund und Greifswald sowie die Aufenthalte an den Küsten Vorpommerns waren geprägt von den außerordentlich kompetenten Erläuterungen der beiden Reiseführerinnen. Sie erzählten anschaulich über die Landschaft, über Sandhaken, Kliffs, Bodden, Wiek und Windflüchter. Man erfuhr einiges über die Hanse und über die wechselvolle Geschichte Pommerns, in der zunächst die Slawen, dann die Dänen, Schweden und Preußen eine Rolle spielten. Über die sakrale Backsteingotik, über Bürgerhäuser und Marktplätze aus der Gründerzeit, über Klöster, in denen es so streng zuging, dass der Nachwuchs ausblieb, über die besondere Bäderarchitektur der "Kaiserbäder " Ahlbeck, Heringsdorf und Bansin auf Usedom mit ihren eindrucksvollen Seebrücken.
Putbus, Binz und Prora auf Rügen wurden besucht, später Zingst, Born und Wustrow auf dem Darß und Ribnitz-Damgarten mit seiner sehenswerten Bernstein-Schaumanufaktur. An einem Nachmittag schipperten die Gerbrunner mit der "Nordwind" an der Kreideküste Rügens mit dem viel besuchten "Königsstuhl" entlang und hörten, welche besondere Beziehung der Greifswalder Maler Caspar David Friedrich zu dieser Küste hatte.
Wie viele Fischbrötchen an den fünf Tagen gegessen wurden, hat niemand gezählt. Aber dass an jedem Nachmittag eine Kaffeepause mit aus der Heimat mitgebrachten Kuchen und vom Busunternehmen gesponserten Kaffee gehalten wurde, ist erwähnenswert. Der gemeinsame Gesang aus den Liederbüchern des Gerbrunner "Wirtshaus-Singens" während der Fahrt wurde zusätzlich angeregt durch Obstler und Himbeergeist von Gerbrunner Winzern.
Auf der Rückfahrt wurde in Weimar eine längere Pause eingelegt, nachdem zuvor im Bus ein spontaner Vortrag über die berühmtesten Bürger Weimars, Goethe und Schiller, und die positiven kulturellen Auswirkungen der deutschen Kleinstaaterei zu hören war. Auch auf Buchenwald wurde hingewiesen, dem Ort des Quälens und Tötens unweit von Weimar.
Eine Reise in Deutschland mit vielen neuen Erkenntnissen.
Von: Reinhard Kies (2. Bürgermeister, im Auftrag des Obst- und Gartenbauvereins)