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Würzburg
Arglosen Mann betrogen: Psychiatrie-Patient muss ins Gefängnis
Übel ausgenutzt hat ein 39-jähriger Psychiatrie-Patient die Ängste und Arglosigkeit eines Bekannten. Er brachte ihn um 90.000 Euro. Jetzt muss er lange ins Gefängnis.
Weil er einen Bekannten um 90 000 Euro betrogen und bedroht hat, muss ein psychisch kranker Mann jetzt für fünfeinhalb Jahre ins Gefängnis. Das Bild ist ein Symbolfoto. 
Foto: Frank Leonhardt, dpa | Weil er einen Bekannten um 90 000 Euro betrogen und bedroht hat, muss ein psychisch kranker Mann jetzt für fünfeinhalb Jahre ins Gefängnis. Das Bild ist ein Symbolfoto. 
Franz Barthel
 |  aktualisiert: 02.04.2019 15:18 Uhr

Ein wegen Schizophrenie in der Psychiatrie in Werneck untergebrachter Patient hat über Monate hinweg eine "Lockerungsstufe mit Tagesurlaub" dazu benutzt, einen von Natur aus ängstlichen, verschlossenen, aber hilfsbereiten Mann (52) mit abenteuerlichen Drohungen einzuschüchtern und abzuzocken. Aus Angst um sein Leben zahlte das Opfer 90.000 Euro. Jetzt wurde der 39-jährige Täter aus dem Landkreis Kitzingen, der seit seiner Jugend psychisch krank ist, wegen versuchter räuberischer Erpressung und Betrug vom Landgericht Würzburg zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten verurteilt. Die Strafe muss er im Gefängnis absitzen.

Seine Geldforderungen hatte der Angeklagte gegenüber dem Opfer mit hohen Auslagen für einen Bekannten begründet: Er habe erfahren, dass Kriminelle den Mann in eine "Drogen-Küche" in Osteuropa entführen wollten. Durch die Zahlung von 90.000 Euro habe er dies verhindern können.

Wo ist das erpresste Geld?

"An freien Tagen" während seiner Unterbringung im Bezirkskrankenhaus Werneck terrorisierte der Angeklagte sein Opfer mit Anrufen und Emails. Immer wieder ließ er sich neue Gefahren-Situationen einfallen und drohte mit Gewalt, so der Vorsitzende Richter Konrad Döpfner. Das Geld ist weg, man habe nicht mehr herausfinden können, so das Gericht, ob der Angeklagte es beim Glücksspiel während des Freigangs verloren oder für die Zeit "nach Werneck" irgendwo gebunkert hat.

Die Beziehung zwischen Opfer und Täter konnte in dem Prozess auch nicht mehr aufgeklärt werden, der 52-Jährige ist mittlerweile tot. Angeblich hatten sich die beiden auf einem Parkplatz in Kitzingen zufällig kennengelernt. Der Angeklagte habe sein Opfer in den Selbstmord getrieben, sagte die Staatsanwältin im Plädoyer, das Gericht wollte sich nicht so deutlich festlegen. Das Verhalten des Angeklagten sei "wenn, dann nicht allein ursächlich für den Suizid gewesen".

Mutter übergab ihrem Sohn 80.000 Euro in bar 

Jedenfalls hatte der 39-Jährige seinem Opfer - der zweite Tatkomplex - eine weitere Forderung in Höhe von 100.000 Euro "im Namen eines Gangsterbosses" präsentiert und ganz konkret – "wenn kein Geld rüberkommt" – mit Folterung gedroht. Ihr Sohn habe sich nur noch gefürchtet, sagte die Mutter als Zeugin vor Gericht und er habe ihr seine Situation so überzeugend geschildert, dass sie zur Bank ging und dort 80.000 Euro in 500-Euro-Scheinen holte. Viel Geld, aber sie habe ihren Sohn nicht verlieren wollen, beteuerte die Frau. Ihre Aufforderung zur Polizei zu gehen, habe der Sohn abgelehnt mit der Begründung, dass das alles nur noch schlimmer mache.

Auf dem Weg zur Geldübergabe in Kitzingen, an einem Samstagmittag im Januar 2017, entschloss sich der Erpresste dann kurzfristig aber doch, trotz aller Bedenken zur Polizei zu gehen, weil er seine Mutter nicht mit dem Verlust von 80.000 Euro belasten wollte. Während er Polizeibeamte über den Sachverhalt informierte, rief immer wieder der Angeklagte über Handy an und fragte erkennbar ungehalten, wo das Geld bleibe. In Absprache mit der Polizei wurde daraufhin ein neuer Übergabetermin vereinbart. Dabei wurde der Täter festgenommen.

Opfer schrieb seine Erlebnisse nieder

Danach brachte die Mutter ihre 80.000 Euro zur Bank zurück. Der Sohn aber sei trotz Festnahme seines Bekannten in ständiger Angst gewesen, weil er mit den Reaktionen einer Bande gerechnet habe, so die Mutter. Bevor er Suizid beging, habe er auf ihren Vorschlag hin die "Erlebnisse" schriftlich zusammengefasst. Das Schriftstück "ersetzte" jetzt die Vernehmung des Opfers.

Trotz seiner Schizophrenie sei der Angeklagte, so ein Gutachter vor Gericht, zur Tatzeit nicht schuldunfähig gewesen, sondern aufgrund erfolgreicher Behandlung mit Medikamenten durchaus stabil. Er habe zielgerichtet gehandelt und sich Stories speziell unter Berücksichtigung der Struktur seines Opfers einfallen lassen. Seine Steuerungsfähigkeit sei nicht aufgehoben und die Einsichtsfähigkeit nicht eingeschränkt gewesen. Daher, so das Gericht, war eine Strafe zu verhängen und nicht die Fortsetzung der Unterbringung in der Psychiatrie. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

 
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