
"Das Wichtigste ist es, nicht ins Wasser zu fallen", schmunzelt Lars Ohlsen während eines Besuchs bei seinen Eltern Mathilde und Helmut im winterlichen Hausen. Zwei Wochen war er in der Heimat, weil der Flug von der Karibikinsel Grenada nördlich von Venezuela nach Frankfurt gerade günstig war und "weil es jetzt für mich Richtung Pazifik geht". Seit knapp zwei Jahren lebt der 41-jährige gebürtige Hausener allein auf seinem Segelboot namens Morsa auf dem Meer. Das Einhandsegeln um die Welt ist "das Abenteuer meines Lebens", sagt er.
Dass er einmal ein Weltumsegler werden würde, war wirklich nicht abzusehen. Lars Ohlsen und seine Schwester Yvonne wuchsen im 850-Seelen-Dorf Hausen auf. Außer der Quelle, der Pleichach und dem kleinen Katzenbach gibt es hier kein Wasser. Nach der Realschule lernte Ohlsen Technischer Zeichner, bildete sich zum Maschinenbautechniker weiter, schloss eine weitere Ausbildung zum Kunstschmid an und arbeitete zuletzt in Nürnberg in einer Werkstatt für geistig behinderte Menschen.

Darüber hinaus gründete er 2016 mit seinem Freund Martin Bissert - einem engagierten Kletterer - eine eigene Firma, die Haut- und Bartpflegemittel für Menschen herstellt, "die den Elementen der Natur ausgesetzt sind". Die Kosmetikserie "für Abenteurer, Piratinnen, Piraten, Seemänner und Weltentdeckerinnen" trägt mit "Kapitän Ohlsens Naturkosmetik" seinen Namen. Weil es die heutige Technik erlaubt, kann er als Geschäftsführer von überall auf der Welt seine Firma betreuen und so "finanziell über die Runden kommen".
Das Segeln als Kind schon geliebt
Der Name Ohlsen deutet darauf hin, dass der Vater nicht aus Franken stammt. "Mein Opa war Seemann und ist als Koch sein Leben lang übers Meer gefahren. Auch mein Vater hat das fünf Jahre lang gemacht", erklärt er. Als Kind sei er in den Ferien oft bei Verwandten in Hamburg und bei Freunden an der Nordsee gewesen. "Ich fand das Meer schon immer toll und Segeln zu können, das stand lang auf meiner Wunschliste", gibt der 1,90-Meter große Hüne zu.
Mit Anfang 30 erwarb Lars Ohlsen seinen Segelschein. 2018 war er erstmals etwas länger auf dem Meer unterwegs und kündigte seinen damaligen Job in Nürnberg. 2021 hatte er eine Freundin, die ähnlich gestrickt war, wie er. Mit ihr wollte er "eine Auszeit nehmen". Er bedauert es sehr, dass die Freundschaft auseinanderging. Damals war er jedoch an dem Punkt, "dass ich nicht mehr zurück wollte". Mit seiner Berufs- und Lebenserfahrung sah er sich im besten Alter für eine Weltumseglung: "Ich wollte auf dem Wasser herausgefordert werden."

Seine Reise startete Ohlsen im April 2022 in der Nähe von Amsterdam, nachdem er sich nach langer Suche sein Boot Morsa gekauft hatte. Das ist eine 43 Jahre alte und 9,75 Meter lange Stahl-Slup, also ein Segelboot mit einem Mast, einem Großsegel und Vorsegel. Zuerst segelte Lars durch die Nordsee und den Ärmelkanal sowie der Küste entlang bis zu den Kanarischen Inseln. Dort bereitete er sich auf die Überquerung des Atlantiks vor.
Er startete am 8. Januar 2023 und rechnete mit 20 Tagen bis zur Karibikinsel Martinique. Gebraucht hat er für die 2900 Seemeilen (5370 km) lange 31 Tage. Wie er mit den Wetterverhältnissen, dem Einhandsegeln, dem Auf und Ab der Gefühle zwischen Aufregung, Angst, Stolz und unbändiger Freude zurechtkam, wie das Alleinsein und die Auswirkungen des Schlafenzugs waren - all das hielt Lars Ohlsen mit einer Action-Webcam fest. Auf YouTube sind unter dem Stichwort "solosailing" Zusammenschnitte zu sehen.
Ohlsen dokumentiert seine Reise in den Sozialen Medien
Überhaupt teilt Lars Ohlsen seine Abenteuer gern über größere und kleinere Filme auf YouTube. Wie Delphine oder Schildkröten um seine Morsa schwimmen, wie das Plankton im Meer leuchten kann, wie er auf dem Boot kocht oder Segel setzt, welches Beiboot er hat, wie er Akkordeon und Gitarre spielt, singt oder Bücher liest. Er dokumentiert, was er sich auf den Märkten in aller Welt Obst und Gemüse kauft, wie er auf einer exotischen Insel in das Auslaufbecken eines Wasserfalls springt, Landschaften erwandert oder per Bus Inseln erkundet. Oder, dass er auf dem Boot von holländischen Seglern an Heilig Abend mitten in der Karibik und in Shorts Sauerbraten und Klöße isst.
Allein auf dem Segelboot den Atlantik zu überqueren, das sei "die anspruchsvollste Unternehmung gewesen, die ich jemals gemacht habe", sagt der Abenteurer. Im Moment macht er "Inselhopping", reist von einer karibischen Insel auf die nächste. Die Karibik hatte er sich übrigens ganz anders vorgestellt. Ja, es gebe die traumhaften Sandstrände aus den Touristenprospekten, "aber oft auch unwirtliche Steilküsten oder undurchdringlichen Dschungel". Es bestürze ihn, sagt er, dass viele Menschen so arm seien.

Nächstes Ziel sind die Fidschi-Inseln und Samoa
Für seine nächste große bald anstehende Fahrt über den Pazifik rechnet Ohlsen für die 3600 Seemeilen (knapp 6500 km) mit fünf bis sechs Wochen bis zu den Inseln in Polynesien und Melanesien nördlich von Neuseeland. Er habe sich vorgenommen, mehr Zeit an einem Ort zu verbringen und sich die Fidschi-Inseln, Samoa oder Tonga in Ruhe anzuschauen, meint er. Erst in noch einmal eineinhalb Jahren wolle er wieder daheim sein. "Ich habe ja mein Haus immer dabei", sagt er und spricht von technischen Upgrades, die er vornehmen will, wie das Satelliten-Internet von Starlink, einen neuen Anker für sein Dinghy-Beiboot, eine Drohne und "Sound und Licht für Interviews".
Mathilde Ohlsen indes ließ ihren Sohn nach den zwei Wochen in Hausen ungern wieder ziehen. Aber sie weiß, dass sie den Abenteurer nicht halten kann. Außerdem kann "Kapitän Ohlsen" seine administrative Büroarbeit überall auf der Welt erledigen. Die Naturkosmetikfirma will die Produktpalette erweitern und den Online-Handel ausbauen. Lars Ohlsen arbeitet 40 Stunden in der Woche: "Dafür muss ich aber nicht in Franken in einer Wohnung sitzen."
Ein Bekannter Würzburger Radiomoderator ist ja auch schon seit Jahren auf den Meeren unterwegs. Da lese ich gerne das Logbuch.
Diese negativen Kommentare über Reichtum bringen mich zum schmunzeln.
So eine Reise bringt ne Menge Entbehrungen, alles andere als Luxus.
Aber man lernt die Welt kennen, dazu gehört Mut und ne Menge Kraft.
Herr Ohlsen, ich wünsche Ihnen alles Gute und eine gute Reise
Ein klitzekleiner Gedanke würde dazu führen, dass nicht die Mehrheit, ja nicht einmal eine kleine Minderheit so ein Leben führen könnte.
Wünsche mir den einen oder anderen Artikel in ähnlicher Weise öfter in der MP, negative bestimmen leider heut zu Tage zu oft das Weltgeschehen!
Und an Hr. Ohlsen: mein Respekt für ihre Entscheidung und weiterhin alles Gute👍
Schade, daß er die Karibik schon wieder verlassen will. Ich hätte ihm noch einen Tip gegeben: Die Mini Insel Providencia, kolumbianisch vor der Küste Nicaraguas gelegen, unbedingt anzusehen.
Er wird zurückommem und unser Deutschland mit anderen Augen sehen.
Viel Glück unterwegs
Habe nach dem Lesen ernsthaft geschaut, ob irgendwo das Wort "Anzeige" steht.
Herr Fiederling, interessant, welchen Eindruck ich bei Ihnen erwecke.
Reich wurde ich in meinem Leben noch nie bezeichnet 😅. Meine Freunde in Deutschland amüsieren sich prächtig.
Wie Herr Holl geschrieben hat, sind Stahlboote diesen Alters und größe preislich wie ein gebrauchter Mittelklassewagen zu erstehen.
Und Herr Englert, vielen Dank für den Tipp mit der Insel Providencia. Ich schau mal ob das auf meiner Strecke liegt.
Liebe Grüße
Lars
hoffentlich ist dieses kleine Eiland in Ihrer Karte verzeichnet.
Ich war vor ca 35 Jahren dort, es gab lediglich fünf, auf Pfählen stehende Holzhäuschen und eine Wellblechhütte, in der eine gewaltige "Mama" den besten Fisch zubereitete, den ich je gegessen habe.
Providencia liegt westlich der größeren Insel San Andres. Hoffentlich wurde das Inselchen vom gewaltigen Tourismus verschont.
Eine gute Weiterreise wünsche ich Ihnen, bleiben Sie gesund und bringen Sie Ihre Erfahrungen mit nach Deutschland.
Liebe Grüße
Manfred Englert
Diesen Artikel zu lesen, nur um sich danach ein seiner kleinbürgerlichen Spießigkeit darüber zu echauffieren, sag viel über den Kommentarschreiber aus.
Ich persönlich finde Berichte über Menschen, die ihre Träume leben, immer wieder inspirierend.
Ab und zu kann man da sein eigenes Hamsterrad zumindest ein wenig hinterfragen.