Hightech-Konzerne wie Google, Microsoft, Intel oder Organisationen wie die Nasa investieren Milliarden in Quantentechnologie. Militär und Geheimdienste mischen ebenfalls kräftig mit. Sie alle wollen die vielversprechenden Möglichkeiten, die in dieser Technik schlummern, als erstes nutzen. Auch an der Uni Würzburg wird zu Quantentechnologie geforscht – allerdings mit einem verhältnismäßig geringen Budget. Jetzt könnte sich das ändern, denn die Europäische Union (EU) plant, eine Milliarde Euro in die Quantenforschung fließen zu lassen.
Das ist nicht das erste europäische Großprojekt dieser Art. Vor wenigen Jahren startete das „Human Brain Project“, das eine Simulation des menschlichen Gehirns zum Ziel hat. So sollen etwa Krankheiten und Medikamente besser erforscht werden können. Ein zweites EU-Projekt widmet sich dem Wunderwerkstoff Graphen. Das atomdünne Material aus reinem Kohlenstoff soll bis zu 200-mal so reißfest sein wie Stahl. Diese beiden Flaggschiffprojekte hat die EU ebenfalls mit je einer Milliarde an Forschungsgeld ausgestattet.
Und nun also Quantentechnologie. Professor Sven Höfling, Leiter des Lehrstuhls für Technische Physik an der Uni Würzburg, könnte zusätzliches Geld gut gebrauchen. Zuletzt habe es keinen Sinn mehr gemacht, Mittel für Quantenforschung bei der EU zu beantragen, erzählen er und seine Mitarbeiter Christof Dietrich und Christian Schneider. Kaum ein Projekt sei bewilligt worden. Quantentechnologie ist teuer, schnelle Erfolge sind eher nicht zu erwarten. „Wir haben den Punkt erreicht, wo Anwendungen absehbar sind. Aber das Entwicklungstempo dorthin schreitet an vielen Stellen nur noch langsam voran“, so Höfling.
Eine Schlüsseltechnologie
Höfling hat wie 3400 andere Vertreter aus Wirtschaft, Wissenschaft und Forschung das sogenannte Quantenmanifest unterzeichnet. Dieses fordert die Erhebung der Quantenforschung zum Flaggschiffprojekt der EU. „Das ist auch notwendig, damit Europa nicht abgehängt wird“, sagt Höfling. Quantentechnologie sieht er als eine Schlüsseltechnologie des 21. Jahrhunderts.
Quanten sind die kleinsten bekannten Objekte, also Elementarteilchen wie Elektronen, Photonen oder die Bestandteile von Atomkernen. „Wenn man in der Natur immer alles kleiner zerhackt, findet man irgendwann etwas, das man nicht mehr zerhacken kann“, erklärt Höfling. Das seien Quanten. Das Besondere an ihnen ist, dass sie zwar Eigenschaften wie Masse, elektrische Ladung oder Drehung haben. Aber weder ihre genaue Position noch ihre Bewegungsrichtung kann eindeutig beschrieben werden. Sobald dies gemessen wird, verändert sich der Zustand. Daher arbeitet die Quantenphysik mit viel Mathematik und dem Ausrechnen von Wahrscheinlichkeiten.
Eine weitere besondere Eigenschaft von Quanten ist, dass sie prinzipiell an verschiedenen Orten sein können und dass Quantenzustände über große Distanzen aufeinander wirken. Aufgrund dieser Paradoxien ist die Quantenphysik kaum mithilfe der klassischen Physik begreifbar.
Gigantische Rechenleistungen
In Würzburg sind die Forscher unter anderem damit beschäftigt, Photonenquellen zu entwickeln oder Quanteninformation in Elektronen zu speichern. Diese Entwicklungen sind wichtig für den Bau eines Quantenkommunikationsnetzwerks oder eines Quantencomputers, sagt Höfling. Diese Computer, von denen es bisher nur Prototypen gibt, könnten eines Tages gigantische Rechenleistungen ermöglichen. Es heißt, dass Quantencomputer 100 Millionen Mal schneller rechnen als Prozessoren in heutigen PCs. Die Nutzung von Quantentechnologie verspricht außerdem eine sichere Datenübertragung und ultragenaue Messung von Zeit oder Massen.