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BERLIN/WÜRZBURG
Arbeit 4.0: Acht-Stunden-Tag darf gehen
Bosch Industrie 4.0       -  Wenn der Job mit dem Smartphone gemacht wird: Arbeit 4.0 ist Arbeit digital.
Foto: Daniel Maurer, dpa | Wenn der Job mit dem Smartphone gemacht wird: Arbeit 4.0 ist Arbeit digital.
Jürgen Haug-Peichl
 und  dpa
 |  aktualisiert: 15.07.2024 08:50 Uhr

Die fortschreitende Digitalisierung unseres Lebens verändert auch unsere Art zu arbeiten – und deshalb muss sich die Arbeitszeit anpassen: Das ist der Kern dessen, was derzeit unter Experten öffentlich diskutiert wird.

Den jüngsten Vorstoß hat am Freitag der Arbeitgeberverband Gesamtmetall gemacht. „Der Achtstundentag kann nicht mehr so starr sein wie bisher“, sagte Gesamtmetall-Präsident Rainer Dulger in Berlin. „Es muss einfach möglich sein, dass ein Mitarbeiter nachmittags um vier heimgeht, das Kind aus der Kita abholt, abends um 21 Uhr ins Bett bringt und sich dann noch mal zwei Stunden an die Arbeit setzt.“

Nahles-Idee in der Diskussion

Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) hatte Ende November ihre Pläne zur einer Lockerung bei den Arbeitszeit-Vorschriften vorgelegt. In einer zweijährigen Probephase will sie Arbeitgebern und Gewerkschaften mehr Flexibilität gestatten, als es das Arbeitszeitgesetz vorsieht. Über die Arbeitszeit solle in Betrieben verhandelt werden.

Bei den Gewerkschaften ist das Thema längst angekommen. „Arbeit 4.0 bietet Chancen für eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf“, heißt es zum Beispiel in einer im Oktober 2015 herausgegebenen Publikation der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie (IG BCE) zu Aspekten rund um die Digitalisierung.

 

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Auch in Mainfranken gibt es Debatten

Freilich ist dort auch eine Warnung zu lesen: Wer etwa viel zu Hause arbeite, setze sich wegen des Hangs zur ständigen Erreichbarkeit der Gefahr der Selbstausbeutung aus.

Auch in Mainfranken ist Arbeit 4.0 seit Monaten ein Thema, unter anderem zu erkennen an einer Reihe von Diskussionsveranstaltungen. So im Oktober in Bad Bocklet (Lkr. Bad Kissingen), als sich auf Einladung der Schweinfurter Agentur für Arbeit 150 Vertreter von Firmen mit Chancen und Risiken der neuen Arbeitswelt auseinandersetzten. Eine Erkenntnis war: „Die Digitalisierung wird fies werden, aber auch toll.“

Angst vor der Arbeit 4.0 ist hierzulande offenbar weniger verbreitet als von manchem Experten vorhergesagt. So ergab im März eine vom Nahles-Ministerium angestoßene Studie, dass die Beschäftigten offenbar vielmehr die Mitgestaltungsmöglichkeiten in der Arbeitswelt von morgen schätzen. Nachzulesen ist das im Internet-Portal „Arbeiten 4.0“, das das Bundesarbeitsministerium eingerichtet hat.

Verbandschef für Flexibilisierung

Die politische Debatte kreist zurzeit emsig um den jüngsten Vorstoß von Ministerin Nahles zur Lockerung der Arbeitszeiten. Gesamtmetall-Präsident Dulger sagte zu der von ihr vorgeschlagenen Probephase: „Ich halte es für einen mutigen Schritt von Frau Nahles zu sagen, lasst das doch mal die Tarifpartner machen.“

Nach seinen Vorstellungen könnte ein Gesetz „so aussehen, dass man eine tarifliche Öffnungsklausel vorsieht und sagt: Statt des Achtstundentages gilt eine Wochenarbeitszeit von x Stunden“. Nahles hatte ein Gesetz für einen neuen Arbeitszeitrahmen vorgeschlagen. Bei klaren Grenzen für die maximale Länge der Arbeitszeit und Ruhezeiten müsse es bleiben. Dulger stellte klar: „An der 35-Stunden-Woche rüttele ich nicht.“ Es gehe ihm um Flexibilisierung und darum, dass man „in bestimmten Lebensphasen ein paar Jahre 40 oder 42 Stunden“ arbeiten könne.

Was die IG Metall will

Die IG Metall hat indes betont, dass sie für Beschäftigte in besonderen Lebenslagen die Möglichkeit schaffen will, ihre Wochenarbeitszeit innerhalb eines Korridors zwischen 28 und 35 Stunden den Bedürfnissen anzupassen.

Dies sollte zum Beispiel für Beschäftigte gelten, die Angehörige pflegen, Kinder erziehen oder sich beruflich fortbilden, sagte am Freitag der Erste Vorsitzende Jörg Hofmann (Frankfurt/Main). Die Gewerkschaft hat im Internet eine Kampagne mit dem Titel „Mein Leben, meine Zeit – Arbeit neu denken“ gestartet. Das passt zu dem, was kürzlich der Aschaffenburger IG-Metall-Bevollmächtigte Percy Scheidler bei einer Mitgliederehrung seiner Gewerkschaft in Lohr/Main sagte: „Eine Industrie 4.0 braucht auch eine Arbeit 4.0.“ Freilich wirft sie nicht nur Wellen in Richtung Arbeitnehmer, sondern auch in die Chefetagen der Unternehmen. Dort müsse sich die Führungskultur ändern, ist das Ergebnis einer von Microsoft im Juni präsentierten Deutschland-Umfrage. Es gebe in dieser Hinsicht in deutschen Chefetagen noch Luft nach oben.

Info-Veranstaltung im Januar in Schweinfurt

„Zukunftsforum Arbeitswelt 4.0“ lautet der Titel einer Veranstaltung der Industrie- und Handelskammer (IHK) Mainfranken am 26. Januar 2017 in der Außenstelle Schweinfurt, Karl-Götz-Straße 7 (16 bis 19.30 Uhr). Diverse Referenten sprechen zum Thema. Weitere Infos und Anmeldung.

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    Jammern, jammern, jammern. Jegliche Veränderung wird nur noch mit Gejammere kommentiert. Seht es als Chance.
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  • Die Mönche in den Klöstern weltweit praktizieren sehr diszipliniert den Grundsatz von Beten und Arbeiten. Als Arbeiten und ruhen, zu sich kommen, Dinge tun, die nicht Arbeit sind. Den Klöstern hat das gut getan. Sie existieren zum Teil schon mehrere hundert Jahte. Welches Unternehmen kann das von sich behaupten. Müssen wir wie ein Modepüppchen jedem Zeitgeist hinterherrennen? Ich wünsche mir mehr Besonnenheit und nicht nur in Fragen zur Regelung der Arbeitszeit.
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  • marki79
    am besten um 6 Uhr anfangen, 16 Uhr heim, und dann Abends nochmal 4 Stunden arbeiten.
    Letztendlich wird es so sein wie meistens: Mehr Arbeit, schlechtes Gewissen in der "Freizeit", überhaupt Freizeit zu "machen" und weniger Geld für die meisten.
    Dafür viel mehr Gewinne für die Konzerne und viel mehr Geld für wenige. Schöne Arbeitswelt 4.0.
    So schön mehr Flexibilität für die Mitarbeiter wäre - letztendlich wird es hauptsächlich auf Mehrarbeit und (noch) weniger Freizeit für die meisten hinauslaufen.
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  • b.schlusche@gmx.net
    Unglaublich was diese Typen von sich geben. Mein Vorschlag wäre alle nur noch 20 Stunden pro Woche arbeiten zu lassen, aufgrund des technischen Fortschritts und der Milliardengewinne der Konzerne sollte das doch ohne Probleme möglich sein!!!
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  • eisbaer61
    So wie wir nach dem Krieg in die 8 Std. Arbeit reingeboren sind, wird sich die junge Generation auch daran gewöhnen um das Beste daraus zu machen, dann können z.B. die jungen Mütter die ersten 3 Jahre für ihr Kind teil´s zuhause sein und wir brauchen keine Kitas mehr.
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  • Elisa79
    Habe nur ein paar Zeilen gelesen. Hat schon gerreicht. Herr Dulger das ist ein super Vorschlag abends auch noch ein Stunden zu arbeiten. Vielleicht auch noch ein paar Dollar weniger! Noch ein bisschen mehr u billiger arbeiten. Damit unsere schwer schuftende Elite noch ein bisschen mehr in der Tasche hat, haben sich es ja verdient ! Weiter so Deutschland.
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  • ... die Idee ist ja nicht schlecht. Wenn der Arbeitnehmer die Arbeitszeit besser an seine persönlichen Belange anpassen könnte, wäre das sicher toll.

    Nur wird das leider nur bei rel. wenigen Arbeitsplätzen gehen. In der Produktion müssen alle gleichzeitig arbeiten. Bei Besprechungen, Schulungen etc. ebenso. Bei Publikumsverkehr sind Öffnungszeiten vorgegeben. Usw.

    Außerdem würde diese Flexibilisierung sicher mißbraucht. Für jeden Arbeitnehmer, der seine Arbeitszeit rel. frei einteilen könnte, gäbe es einige, die vom Arbeitgeber flexibel (also flexibel nach Bedarf des AG) eingeteilt würden.
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