„Jeder Ägypter ist stolz auf seine Pyramiden – das ist eine sehr westliche Sicht“, sagt der Museologie-Professor Guido Fackler. Wie jedoch Araber ihre Kultur wirklich verstehen, genau das sollte man wissen, wenn es um den Wiederaufbau antiker Stätten oder geplünderter Museen geht. Darauf zielt langfristig der neue Master-Studiengang „Museum und alte Kulturen“, der im Sommer exklusiv an der Universität Würzburg begann – mit einem Gaststudium von fünf Ägyptern. Der Deutsche Akademische Auslandsdienst (DAAD) fördert diesen Austausch, ursprünglich, um den Arabischen Frühling zu stützen, erläutert Guido Fackler. Beziehungsweise das, was vom Arabischen Frühling übrig blieb.
Wie verbindlich können Abkommen mit ägyptischen Hochschulverwaltungen angesichts der unsicheren Lage sein? Der Würzburger Ägyptologe Professor Martin Stadler hat mit Fackler zusammen den Studiengang „Museum und alte Kulturen“ ausgearbeitet. Am Nil kennt er sich aus. Seine Einschätzung: „Ich glaube, Ägypten bleibt einigermaßen stabil.
“ Hier gebe es nicht so viele verschiedene islamische Glaubensrichtungen, das Land sei ethnisch weit homogener als andere: „Selbst wenn es in Ägypten noch einmal eine Revolution gibt, dann droht doch kein Bürgerkrieg.“
Guido Fackler will die Situation „nicht schönreden“, sagt aber: „Ich habe mich bei meinen letzten Ägypten-Aufenthalten nie unsicher gefühlt.“ Zuletzt war er Mitte November dort. Das Bild von Krisen und Katastrophen um Muslimbrüderschaft und die Al-Sisi-Regierung sei „medial nicht differenziert genug“. Die Einheimischen seien erstaunt und betroffen über das negative Image ihres Landes im Ausland, das viele Urlauber von einer Ägyptenreise abhält.
Kulturverständnis und Tourismus gehören in arabischen Museen eng zusammen, sagt Guido Fackler: „Dort wurden bisher fast alle Museen ganz gezielt für Touristen eingerichtet, während sich die Häuser im Westen sehr viel mehr an Einheimische wenden.“ Umso wertvoller sei der Austausch. Arabische Museumsleute täten gut daran, vom Westen zu lernen und ihren Bürgern einen Begriff vom eigenen kulturellen Erbe zu vermitteln, sagt er.
Ein Erbe, das man pflegen müsse und nicht zu einem möglichst guten Preis an Ausländer verscherbeln dürfe.
Mit ihrem akademischen Partner am Nil haben es die Würzburger Professoren offenbar gut getroffen. Die Universität Helwan, an der es fast viermal so viele Studierende wie in Würzburg gibt, möchte nicht nur für Ägypten, sondern für die gesamte arabische Welt führend sein – auch was die Pflege des Kulturerbes angeht. Dort hat man sich den Leitsatz zu eigen gemacht, Museen sollten „der Bevölkerung Identitätsangebote hinsichtlich der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft machen“. Sie sollten also bewahren und vermitteln.
Stadler und Fackler nennen weitere Prinzipien, über die sich Orient und Okzident einig sind: Man sollte vom Zentralismus wegkommen, Bewusstsein für die eigene Geschichte fördern, in Museen nicht nur an Touristen oder an Fachleute denken, sondern an die einheimischen Besucher. Ein großes Betätigungsfeld haben die Altertumswissenschaftler angesichts der vielen geplünderten Museen und zerstörten Welterbestätten. Zwei Millionen Syrer leben derzeit in Ägypten, die meisten wollen zurück, wenn ihr Land friedlicher wird. „Die Helwan-Universität“, sagt Martin Stadler, „bereitet sich auf die Stunde null vor“.
Werden die Würzburger mit ihrem Studiengang „Museum und alte Kulturen“ mit nach Palmyra ziehen? „Wir sind zu klein dafür, den Wiederaufbau zu organisieren“, sagt Stadler, „aber durch die Ausbildung leisten wir einen Beitrag, dass qualifiziertes Personal zur Verfügung steht.“ Aufgabe des Würzburger Studiengangs sei es, „Hilfe zur Selbsthilfe“ zu geben.
Master-Studiengang „Museum und alte Kulturen“
Das Aufbaustudium richtet sich an Bachelors, die in den ersten drei Studienjahren schon in den Bereichen Museologie und Altertumswissenschaften (Ägyptologie, Alte Geschichte, Alte Kulturen, Altorientalistik, Klassische Archäologie, Klassische Philologie oder vor- und frühgeschichtliche Archäologie) gepunktet haben. Das Studium erlaubt es, sich wissenschaftlich stark zu spezialisieren und ist zugleich relevant für die Berufspraxis.
In diesem Winter wurde im Rahmen des Dozentenaustauschs in Kairo die „Würzburg Winter School of Museology“ abgehalten, dort studieren derzeit auch drei Würzburger Studentinnen. Ein Auslandsaufenthalt, den der DAAD durch Stipendien unterstützt, ist nicht verpflichtend, aber sinnvoll. Zumindest in deutschen Fachmuseen sollte sich der Master-Kandidat intensiv umsehen.
„Museum und alte Kulturen“ ist ein exklusiv Würzburger Studiengang. Stärker auf Technik und Management ausgerichtet ist „Heritage Site Management and Conservation Management“ an der Brandenburgischen TU Cottbus. JFI