zurück
Würzburg
Annalena Baerbock in Würzburg: Massenandrang, Entschuldigung per Megafon und ein Appell für mehr Zusammenhalt
Die Grünen seien nicht der größte Gegner der CSU, sagt die Außenministerin beim Wahlkampf-Termin in der rappelvollen Posthalle. Ihr Tipp ist es, öfter miteinander Bratwurst essen.
Außenministerin mit Megafon: Geschätzt 600 Menschen mussten beim Wahlkampfauftritt von Grünen-Politikerin Annalena Baerbock draußen bleiben, weil die Würzburger Posthalle voll war.
Foto: Silvia Gralla | Außenministerin mit Megafon: Geschätzt 600 Menschen mussten beim Wahlkampfauftritt von Grünen-Politikerin Annalena Baerbock draußen bleiben, weil die Würzburger Posthalle voll war.
Angelika Kleinhenz
 |  aktualisiert: 23.01.2025 02:38 Uhr

Massenandrang am Freitagabend vor der Würzburger Posthalle. 600 Menschen, so schätzt die Polizei, stehen vor der Tür. Per Megafon entschuldigt sich Annalena Baerbock, die grüne Außenministerin, bei denen, die nicht mehr in die proppenvolle Halle eingelassen werden. Zum Trost gibt es ein Gruppenselfie in der Kälte.

Drinnen in der Halle sitzen und stehen, teils dicht gedrängt, 1800 Menschen jeden Alters, darunter auffallend viele Jugendliche. Gerhard Müller, stellvertretender Fraktionsvorsitzender der Grünen im Bezirk Unterfranken, scherzt, bei den strengen Sicherheitsvorkehrungen dürfe man "nicht mal seinen Fahrradhelm" mitbringen: "Das ist natürlich schwierig für uns Grüne." 

Bis auf den letzten Platz ist die Würzburger Posthalle bei einer Wahlkampfveranstaltung der Grünen am Freitagabend gefüllt.
Foto: Silvia Gralla | Bis auf den letzten Platz ist die Würzburger Posthalle bei einer Wahlkampfveranstaltung der Grünen am Freitagabend gefüllt.

Es dauert eine ganze Weile, bis sich das Publikum so verteilt hat, dass alle Fluchtwege der Halle frei sind.

Würzburger Kandidaten: Martin Heilig und Jessica Hecht nutzen die große Bühne

Martin Heilig, Würzburgs Klimabürgermeister, nutzt die große Bühne für die bevorstehende Oberbürgermeister-Wahl in der Stadt: Er stehe dafür, Straßenbahnstrecken auszubauen, die Multifunktionsarena Realität werden zu lassen und eine CO2-neutrale Wärmeversorgung in Würzburg zu schaffen.

Auch Jessica Hecht, Würzburger Direktkandidatin der Grünen bei der Bundestagswahl am 23. Februar, gibt sich kämpferisch: "Wir Erwachsene" müssten für unsere Kinder mehr Verantwortung übernehmen, etwa marode Schwimmbäder und Turnhallen sanieren, "Schuldenbremse hin oder her".

Fotoserie

Großer Applaus brandet auf, als die  Außenministerin die Bühne betritt und sogleich verspricht, zum OB-Wahlkampf im Mai erneut nach Würzburg zu kommen.

Baerbock will im Mai erneut nach Würzburg kommen - im OB-Wahlkampf

Ihre Wahlkampfrede beginnt Baerbock nachdenklich mit leisen Tönen: Sie sei wie so viele andere in Deutschland in "Frieden, Freiheit und Demokratie" hineingeboren worden - "ein Geschenk, das nicht vom Himmel gefallen ist, sondern das andere für uns erarbeitet haben". 

Ganze 38 Minuten dauere ein Flug vom zerstörten Bürgerkriegsland Syrien in die Sicherheit des europäischen Luftraums. Sie sei dankbar, hier in Frieden leben zu können. Friedens,- Außen,- und Entwicklungspolitik seien "kein Gedöns", sondern extrem wichtig.

'Wir lassen uns unser großartiges Land nicht schlechtreden': Annalena Baerbock appelliert für mehr Zusammenhalt und Zuversicht angesichts steigender Umfragewerte extremer Parteien.
Foto: Silvia Gralla | "Wir lassen uns unser großartiges Land nicht schlechtreden": Annalena Baerbock appelliert für mehr Zusammenhalt und Zuversicht angesichts steigender Umfragewerte extremer Parteien.

Als die 44-Jährige auf den Konflikt im Nahen Osten zu sprechen kommt, schreien zwei Männer und eine Frau minutenlang dazwischen: "Wie viele Menschen sind genug? Free Palestine!" Sicherheitskräfte bringen die drei nach draußen. Die Außenministerin sagt: "Mein Appell an Sie: Sehen Sie das Leid nicht nur auf einer Seite."

Baerbock: Vielfalt, andere Blickwinkel und Kompromisse bereichern

"Zusammen" ist ihr Wahlkampf-Slogan des Abends, "nach innen wie nach außen", sagt die Kanzlerkandidatin von 2021 und ehemalige Parteivorsitzende. Vielfalt sei eine Bereicherung, keine Schwäche. Es dürfe keine Bürger erster und zweiter Klasse geben.

Auch andere Blickwinkel und Kompromisse seien in der Politik eine Bereicherung: "Niemand hat die Weisheit mit Löffeln gefressen", sagt Baerbock. Und als Seitenhieb auf die Bemerkung von CSU-Chef Markus Söder,  "Die Grünen passen nicht zu uns", meint sie, das könne nur einen Grund haben: "Man hat noch nicht oft genug Bratwurst miteinander gegessen." Größter Gegner aller demokratischer Parteien seien die Extremisten. 

"Man hat noch nicht oft genug Bratwurst miteinander gegessen."
Annalena Baerbock über die Äußerung von Markus Söder zu den Grünen

Natürlich sei nicht alles gut in Deutschland. Es gebe viel zu verbessern. Annalena Baerbock nennt Beispiele aus der Bildungspolitik: "Es ist zutiefst ungerecht, dass der Schulerfolg in unserem Land immer noch vom Einkommen der Eltern abhängt".

Zur Asylpolitik sagt sie: "Diejenigen, die unser Asylsystem missbrauchen, haben keinen Platz in Deutschland. Aber diejenigen, die vor Islamisten fliehen, hier arbeiten und Steuern zahlen, sollen bleiben dürfen". Und zum Klimaschutz: "Klimaschutz ist Menschenschutz, nicht nur Naturschutz", das werde angesichts der aktuellen Feuer-Katastrophe in Kalifornien deutlich.

"Niemand kann nachher sagen: Er habe es nicht gewusst."
Annalena Baerbock über das Wahlprogramm der AfD

Angesichts der Umfragewerte extremer Parteien gibt sich die Grünen-Politikerin kämpferisch: "Wir lassen uns unser großartiges Land nicht schlechtreden!" Und sie warnt: Was vor einem Jahr noch bei einem Geheimtreffen in Potsdam besprochen wurde, stehe jetzt offen im Wahlprogramm der AfD: "Niemand kann nachher sagen: Er habe es nicht gewusst!"

"Frau, die anpackt": Überwiegend positive Reaktionen aus dem Publikum

Nach rund zwei Stunden Wahlkampfrede fallen die Reaktionen aus dem Publikum überwiegend positiv aus: "Eine Frau, die anpackt", sagt Gundi Rachle aus Sennfeld. "Ein weibliches Vorbild, sehr beeindruckend", findet Sonja Hofmann aus Bamberg. "Eine freie, mitreißende Rede", meint Susanne Götz aus Würzburg.

Vor der Rede der grünen Außenministerin gab es Selfies im Publikum: (v.li. vorne) Würzburgs OB-Kandidat Martin Heilig, Annalena Baerbock und Jessica Hecht, Kreisvorsitzende der Grünen im Landkreis Würzburg.
Foto: Silvia Gralla | Vor der Rede der grünen Außenministerin gab es Selfies im Publikum: (v.li. vorne) Würzburgs OB-Kandidat Martin Heilig, Annalena Baerbock und Jessica Hecht, Kreisvorsitzende der Grünen im Landkreis Würzburg.

Stefan Goldacker aus Höchberg hätte sich von Baerbock mehr Lösungsansätze gewünscht. Evelyn Wisst aus Karlstadt hat bei der Familienpolitik das Thema "Geburtshilfe" vermisst. Und Rainer Metz aus Würzburg meint: "Ich finde sie persönlich sehr gut. Nur bei der Migrationspolitik sollte sie mehr Realität reinbringen."

Bei Mario Postler aus Margetshöchheim, der sich eine Woche zuvor Markus Söder angehört hatte, kam Annalena Baerbock "kompetent und kämpferisch" rüber. Wie die meisten Befragten sagt er aber auch, er habe sich noch nicht entschieden, welche Partei er am 23. Februar wählen wird.

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Würzburg
Angelika Kleinhenz
Alternative für Deutschland
Annalena Baerbock
Außenminister
Bundestagswahl
CSU Würzburg
CSU-Vorsitzende
Geburtshilfe
Gerhard Müller
Markus Söder
Martin Heilig
Politikerinnen von Bündnis 90/ Die Grünen
Polizei
Posthalle Würzburg
Stadt Würzburg
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top
  • Georg Metzger
    Die Grünen verwehren Ihrem bereits aufgestellten Kandidaten Stefan Gelbhaar in Berlin wegen erfundene Belästigungsvorwürfe die Bundestagskandidatur. Was für ein Desaster und innerparteiliche Unkultur! Aber die Parteispitze schweigt zu diesem Intrigantentum.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Steffen Cyran
    Einfach mal schauen, wer stattdessen diesen Listenplatz bekommen hat, und ob e vielleicht ein enger Vertrauter von H. Habeck ist.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Ulrike Schneider
    Leider verstößt der Kommentar gegen die Kommentarregeln auf mainpost.de. Wir haben den Kommentar deshalb gesperrt.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Steffen Cyran
    ".....Diejenigen, die unser Asylsystem missbrauchen, haben keinen Platz in Deutschland. ..."

    Wie drollig, das aus dem Mund derer zu hören, die diesen Mißbrauch millionenfach ermöglich hat und sich noch heute dagegen sträubt, endlich Maßnahmen dagegen zu ergreifen.

    Aber das grüne Publikum scheint es nicht mal zu merken.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Martin Deeg
    Von den 80-ern bis heute gab es 6 CDU-Innenminister, 2 SPD-Innenminister und 3 CSU-Innenminister.

    In deren Fachbereich fällt die Durchführung von Asylverfahren.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Steffen Cyran
    Sorry, was erzählen Sie da von den 80er Jahren? Der millionenfache Asylmißbrauch begann 2015.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Martin Deeg
    Ach was.

    "Asylmissbrauch" war bereits bspw. das Herzensthema des CSU-Ministerpräsidenten und Kanzlerkandidaten Edmund Stoiber. Unschwer nachzurecherchieren.

    Und Fakt bleibt:

    Innenminister 2015 war Thomas de Maiziére (CDU), danach kamen Horst Seehofer (CSU) und Nancy Faeser (SPD) - also wie genau haben die Grünen im Alleingang "millionenfachen Asylmissbrauch ermöglicht"... ?

    Reine Fantasie. Und im übrigen zählt das Jetzt....!
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Thomas Diener
    Wenn ihre so geliebte Partei alles richtig gemacht hätte , hätten wir das Dilemma in diesem Jahrzehnt nicht .
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Martin Deeg
    @Thomas Diener

    Das "Dilemma" sind die Fluchtursachen; vor allem Krieg, Diktatur, Folter, Hungersnot, Armut, kurzum die globale Ungleichheit.

    Welchen Einfluss hat also bitte eine einzelne deutsche Partei - egal welche - auf diese Fluchtursachen? Man könnte vielleicht einmal anfangen, ernsthaft nach gangbaren Strategien zur Bewältigung der Herausforderungen zu suchen anstatt nur Angst-Parolen zu reproduzieren und eine Illusion von "Abschottung" zu pflegen, wie das Stoiber schon vor 30 Jahren tat (und bereits damals zurecht starken Widerstand provozierte).
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Steffen Cyran
    Der Kommentar wurde doppelt abgegeben.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Katrin Weber
    Wie positiv, herzerfrischend und zupackend war dieser Abend! Es gibt noch Leidenschaft und Engagement in der Politik.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Martin Deeg
    ...."Und als Seitenhieb auf die Bemerkung von CSU-Chef Markus Söder, "Die Grünen passen nicht zu uns", meint sie, das könne nur einen Grund haben: "Man hat noch nicht oft genug Bratwurst miteinander gegessen."....

    Boah! Sich so bei diesem CSU-Populisten anzubiedern geht gar nicht, Frau Baerbock!

    Mit Söder isst man ebensowenig eine "Bratwurst" wie mit....genau dem!
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Lutz Saubert
    Abschiedsbrief in derProvinz.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Ursula Seltsam
    Leider verstößt der Kommentar gegen die Kommentarregeln auf mainpost.de. Wir haben den Kommentar deshalb gesperrt.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Daniel Winter
    Es war eine erfrischende Veranstaltung in der klar wurde, welche Konzepte und Ideen die Grünen für ein modernes, nachhaltiges Deutschland der Zukunft haben. Und die Reden kamen ganz ohne Populismus, Fake News, Menschenverachtung und Überheblichkeit aus. Andere Parteien - insbesondere die CSU - sollten sich am Stil ein Beispiel nehmen.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Lutz Saubert
    Grüne ohne Überheblichkeit? Im Deutschland nach grünen Ideen möchte ich nicht leben.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Mit dem knuddeligen Partei-Führer an der Spitze warnen die Grünen vor Extremismus. Hö, Hö. Der ist gut.

    Und wenn Frau Baerbock mal wieder in das viele hunderttausend Kilometer entfernt liegende Syrien fliegt (Linie?; immerhin Langstrecke und nicht Kurzstrecke wie FFM-Luxemburg), dann sollte das Flugzeug in Damaskus vor dem Rückflug auf jeden Fall um 360 Grad wenden. Eventuell kommt sie dann allerdings etwas verspätet zur Veranstaltung im Mai. Aber das fällt ihr dann schon selber auf. Guten Flug.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Andreas Graf
    ui, syrien ist viele hunderttausende kilometer entfernt?
    bei einem erdumfang von etwas mehr als 40000 kilometern muss es sich anscheinend auf dem mond befinden.
    oder aber die annalena fliegt, so wie tausende türkeiurlauber jedes jahr ein paar runden um den planeten um ihr ziel zu erreichen.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Roland Albert
    Wieder so ein Kommentar, der ganz schnell dumm da steht: hundetausende Kilometer… Bleib mal flach oder nutze Wikipedia oder einen dummen Wegerechner. Dann passiert sowas auch nicht.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Den Herren Graf und Albert sei für Ihre Rückmeldung gedankt. Allerdings, so scheint es, ist Ihnen die Ironie der Angaben entgangen.

    Die Erwähnung der "100.00 Kilometer" stellt lediglich ein Zitat der an Zitaten reichen veröffentlichten Äußerungen der Frau Baerbock dar.

    In denen geht es bspw. um "360-Grad-Wenden, Länder, die Hunderttausende Kilometer entfernt liegen!!!!!, Kobolde in Akkus, das Stromnetz als Speicher, Solala-Energie und Panzerkriege im 19. Jahrhundert."(Zitate unvollständig).

    Nun ja, aber bei dieser Begeisterung in den Posthallen; da kann man schon mal kritiklos werden.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten