
Ihr gemütliches Haus im Mönchshof in Sommerhausen ist Wohnung und Atelier zugleich und seit 38 Jahren Mittelpunkt ihres ganz und gar nicht langweiligen Lebens. „Ich habe immer gesagt: Ich will hier leben“, erinnert sich die Künstlerin an die Zeit, als sie mit Freunden oft das Gasthaus Anker besuchte, das als angesagte Adresse galt. In dem schönen Ort am Main, in dem sich so viele Künstler wohl fühlen, wollte auch Annadora Diller-Köninger unbedingt ansässig werden.
Sobald dann das alte Gehöft im Mönchshof zum Verkauf stand, schlug sie zu. Im Lauf der Jahre hat sie sich dort ein Heim geschaffen, dessen Stil sie als „gehoben bäuerlich“ bezeichnet. Das Haus hat mit seinem Charme sogar schon ein Fernsehteam angelockt.
Annadora Diller-Köninger stammt aus Würzburg. Das jüngste von fünf Geschwistern schwärmt von einer Kindheit mit vielen Freiräumen und Ferien bei der Verwandtschaft auf dem Land. Der aus Wässerndorf stammende protestantische Vater und seine Auserwählte, eine Katholikin aus Iffigheim, hatten sich dem Religionskonflikt durch gemeinsames Durchbrennen nach Würzburg entzogen. Dass die jüngste Tochter ein Talent fürs Malen und Zeichnen hat, wird früh erkannt. „Mein Nachbar hat mir schon als Kind Malunterricht gegeben“, sagt Annadora Diller-Köninger.
Die künstlerische Ader kommt ihr bei ihrer Berufswahl sehr gelegen. Eine ihrer Schwestern findet, Dekorateurin sei genau das Richtige für die Jüngste in der Familie. Und so beginnt die 16-Jährige ihre Ausbildung in einem Würzburger Kaufhaus. Sie dürfte 1950 der erste weibliche Dekorateur-Lehrling in Deutschland gewesen sein. Von Würzburg wechselt sie nach Bad Mergentheim ins Kaufhaus Hammer.
In der Kurstadt heiratet sie auch und bekommt eine Tochter. Annadora Diller-Köninger hat den richtigen Beruf gewählt. Mit seinen abwechslungsreichen Aufgaben begeistert er sie stets aufs Neue. „Ob Polstern, Wände mit Stoff bespannen, Elektrik oder Figuren basteln – ich habe fast jeden handwerklichen Beruf gelernt“, sagt sie. Die Malerei gibt sie daneben aber nie auf, obwohl ihr Leben fast nur noch aus Arbeit besteht, nachdem sie sich in Würzburg als Dekorateurin selbstständig macht. Im Nebenberuf steht sie nämlich auch noch im exklusiven Würzburger Lido-Club hinter der Bar und mixt Cocktails.
Zu ihrer künstlerischen Spezialität, den Puppenbildern, kommt sie nach einem Autounfall. Die daraus entstehende Ausstellung schlägt ein, 28 Puppenbilder verkauft sie auf Anhieb. Annadora Diller-Köninger etabliert sich als Künstlerin. Auch heute noch malt sie und macht Collagen und Objekte. Und was ist mit dem wohlverdienten Ruhestand? Annadora Diller-Köninger verzieht ihr Gesicht zu einer angewiderten Grimasse. „Wer ruht, der rostet“, lautet ihr Credo. Ihr letztes Schaufenster hat sie vor zehn Jahren dekoriert und dann den Hammer mit dem Pinsel vertauscht.
Als Initiatorin und Mitorganisatorin des Sommerhäuser Weihnachtsmarktes sowie der Kunsttage findet sich in ihrem Leben ohnehin kaum ein Zeitfenster für Müßiggang. Außerdem ist da noch ein großer Freundeskreis, den Annadora Diller-Köninger neben gesundem Essen und viel Bewegung für eines der Geheimnisse ihrer jugendlichen Erscheinung hält. „Gute Freunde, gute Gene und positives Denken“, fasst sie zusammen. „Bei mir ist das Glas immer halb voll.“
Die guten Freunde haben zu ihrem 80. Geburtstag etwas Großes vor. Die Künstlerin weiß nur, dass für sie am Samstag in ihrem Haus ein Fest organisiert wird. Mit der Familie feiert Annadora Diller-Köninger bereits am eigentlichen Geburtstag. Ein Anlass, dem einzigen Laster zu frönen, das sie hat: Zigaretten und dazu der eine oder andere Espresso.