„Das wird toll“, Michael R. (Name von der Redaktion geändert) ist 20 Jahre alt und freut sich auf seine erste eigene Wohnung. Er wohnt noch bei seinen Eltern und würde am liebsten ans Hubland ziehen. Denn dort könnte der geistig behinderte junge Mann mit nicht behinderten Menschen unter einem Dach leben: Im ersten großen Inklusionsprojekt in Bayern, in dem zwei Wohngruppen für 24 Menschen mit Handicap und 27 weitere Wohnungen für Menschen ohne Behinderung in einem Haus entstehen.
Baubeginn soll im Herbst sein
Im Herbst soll das zwölf Millionen Euro teure Leuchtturmprojekt Inklusionswohnen im Quartier 3 im neuen Stadtteil gebaut werden. „Super gut“, findet das Michael R., der seit drei Jahren in den Mainfränkischen Werkstätten in der Ohmstraße in der Schreinerei arbeitet und das „total gerne“ tut.
Aufgeschlossen und herzlich geht der junge Mann auf jeden zu. Seine gute Laune wirkt so ansteckend, dass man ihn sich spontan als Nachbarn wünscht.
„Das offene Miteinander von behinderten und nicht behinderten Menschen verschafft beiden einen Mehrwert“, beschreibt Dieter Körber, Geschäftsführer der Mainfränkischen Werkstätten Sinn und Zweck des Integrationsprojektes.
Behinderte wollen nicht separiert werden
Denn dessen „normale“ Bewohner würden von der offenen und ehrlichen Art der Behinderten profitieren und diese davon, nicht separiert zu werden.
„Unsere Menschen wollen arbeiten und wohnen wie du und ich“, sagt der Geschäftsführer der Mainfränkischen Werkstätten. „Das ist für sie das größte Glück.“
Auf die Idee zum Inklusionswohnen kam er durch die hohe Nachfrage nach Wohnheimplätzen – rund 50 Menschen stehen auf der Warteliste – und der Chance, die der neue Stadtteil Hubland neuen Wegen bietet. „Und ich glaube, die Gesellschaft ist reif für diesen Weg.“
Viel Unterstützung durch die Politik Das denken andere auch: Unterstützt werden die Mainfränkischen Werkstätten beim Leuchtturmprojekt sowohl von der Stadt Würzburg, der Regierung und des Bezirks Unterfranken und dem Freistaat. „Landtagspräsidentin Barbara Stamm, Sozialministerin Emilia Müller und Landtagsabgeordneter Oliver Jörg haben sich für uns eingesetzt“, sagt Körber. „Sonst würden wir das nicht so schnell schaffen.“ Denn eine soziale Einrichtung, die öffentlich gefördert wird, mit privaten Wohnungen in einem Neubau zu planen ist in Bayern Neuland – die Fördermöglichkeiten dafür mussten erst geschaffen werden.
Der Weg: Ein privater Projektentwickler stellt das Zwölf-Millionen-Euro-Projekt auf die Beine und vermarktet die Privatwohnungen. Die Wohnheimflächen vermietet er dauerhaft an die Mainfränkischen Werkstätten, die öffentliche Förderung erfolgt über die Mieten.
Die entsprechenden Anträge sind gestellt. Sobald die Förderung bewilligt sind, soll der Bauantrag bei der Stadt eingereicht werden, damit es im Herbst los gehen kann. Die Pläne hat die Blum Diez GmbH aus Kitzingen gefertigt. Das Büro arbeitet seit längerem mit den Mainfränkischen Werkstätten zusammen und hat mehrere Wohnheime geplant und gebaut.
Moderne Fassaden und ein begrüntes Flachdach Für die Mainfränkischen Werkstätten ist es laut Körber deshalb ein „Glücksfall“, dass Markus Blum nicht nur Architekt sondern auch der private Partner des Projektes geworden ist. Seine Projektentwicklungsgesellschaft Side by Side GmbH ist Bauherr des Leuchtturmprojektes. Im November hat sie das Grundstück im Hubland von der Stadt erworben.
Inzwischen sind die Pläne der Inklusionswohnanlage in der Kommission für Stadtbild und Architektur besprochen worden und deren Anregungen in den Bauantrag eingeflossen.
Gestaltet ist der viergeschossige Bau mit Blick Richtung Nürnberger Straße als klar strukturiertes Gebäude mit moderner Fassade und begrünten Flachdach. Zwei Innenhöfe und ein zentraler Platz machen den Bau hell und durchlässig.
Das Wohnheim ist mitten im Gebäude auf zwei Stockwerke a zwölf Plätze untergebracht. 27 Wohnungen, die teils barrierefrei und teils behindertengerecht sind, verteilen sich auf den vier Geschossen. „Einige werden vermietet, andere verkauft“, sagt Architekt und Projektentwickler Markus Blum. Er erwartet eine Mischung aus Familien und Alleinstehenden, alten und jungen Bewohnern.
Gelebte Inklusion im gemeinsamen Saal
Zusätzlich zu Wohnheim und Wohnungen sind im Erdgeschoss Arztpraxen, Büroflächen sowie eine Bäckerei mit Café geplant. Dort sowie in den großzügigen Grünanlagen des Gebäudes und im gemeinschaftlich zu nutzenden Saal im Untergeschoss sollen Begegnungen ermöglicht werden. „Das wird gelebte Inklusion“, sagt Geschäftsführer Körber. Der künftige Bewohner Michael R. sagt es ein bisschen deutlicher: „Das wird super.“
Mainfränkische Werkstätten
Gesellschaft: Die Mainfränkische Werkstätten GmbH ist eine gemeinnützige Gesellschaft, in der sich in der sich die Lebenshilfevereine Würzburg, Kitzingen, Main-Spessart und Marktheidenfeld, sowie der Verein für Menschen mit Körper- und Mehrfachbehinderung Würzburg-Heuchelhof verbunden haben. Die Mainfränkischen Werkstätten zählen derzeit rund 2000 Mitarbeiter, davon 1300 Menschen mit Behinderung.
Aufgabe: Das Ziel der Mainfränkischen Werkstätten besteht darin, Menschen mit geistiger, körperlicher oder Mehrfachbehinderung in Arbeitswelt und Gesellschaft zu integrieren. Dafür bietet sie ihnen Orte zum Arbeiten und Leben an.
Wohnen: Über die Lebenshilfevereine unterhalten die Mainfränkischen Werkstätten in Würzburg und der Region Wohnheime mit insgesamt 240 vollstationären Pflegeplätzen. Daneben unterhält sie ambulant unterstützte Wohnformen zum Beispiel in Form von Wohngemeinschaften.
Arbeitsmöglichkeiten: Modellintegrationsgesellschaft bieten in den Bereichen Garten- und Landschaftsbau, Hauswirtschaft und einer Imkerei Arbeitsplätze für Menschen mit Handicap. Rund 1300 Menschen arbeiten in den Hauptwerkstätten in Würzburg, Kitzingen, Ochsenfurt und Gemünden, sowie in kleineren Betrieben in der Region in verschieden Sparten wie Metallbearbeitung, Elektrotechnik oder Industrie- und Systemmontage.
Die Mainfränkischen Werkstätten betreiben außerdem Catering für Schulen und Kindergärten (4000 Essen täglich) und den Foodtrailer am Zellerauer Mainufer sowie das Lesecafé in der Stadtbücherei.
Und ob das ganze dann tatsächlich inklusiv wird, wird sich hoffentlich zeigen.
Und ernstgeneinte Frage : Wieso kann man den befragten zukünftigen Bewohner nicht mit Namen nennen, wie jeden anderen auch? oder ist er Fake?
Danke für eine Antwort....