Was darf außerhalb der Innenstadt verkauft werden, was nicht? Welcher Laden schädigt die Altstadt, welches Geschäft stärkt sie eher? Schwierige Fragen, die aber angesichts leer stehender Geschäfte in der Altstadt dringend Antworten brauchen. Zumal Ende dieses Jahres nun auch noch der Kupsch-Markt geschlossen werden soll. Ein Einzelhandelsentwicklungskonzept soll nun die Kuh vom Eis kriegen.
„Jetzt ist Ochsenfurt in alle vier Himmelsrichtungen gut versorgt, jetzt langt's. Nun muss die Altstadt gestärkt werden“, stellt Bürgermeister Peter Juks die Weichen. Wieder einmal. Denn bereits 2006 gab ein von der Stadtverwaltung in Auftrag gegebenes Gutachten, das die Münchner Stadtmarketing-Gesellschaft CIMA erstellt hatte, einen intensiven Einblick in die Perspektiven des Einzelhandels.
Nun also der zweite Ansatz. Die Gesellschaft für Markt- und Absatzforschung hat sich damit beschäftigt, wie die Ochsenfurter Innenstadt weiterentwickelt und die Nahversorgung gesichert werden kann.
Den ersten Schritt dazu hat der Ochsenfurter Stadtrat ja schon vollzogen, als er vor kurzem die Ansiedlung einer großen Drogeriemarktkette außerhalb der Altstadt stoppte, dafür aber ein kleineres Geschäft mit Drogerieartikeln hinter den Stadttoren zuließ. Sehr zur Freude der Menschen, die in der Altstadt leben. Und andere Ladenbesitzer versprechen sich davon auch einen Kundenzulauf.
Intensiv haben sich die Gutachter mit der Ochsenfurter Altstadt beschäftigt. Bei ihrem Blick auf die Verkaufsflächen fällt auf, dass es kaum Nahrungs- und Genussmittel in der Altstadt gibt. Dafür ist die Optik-, Uhren- und Schmuckbranche aber reichlich vertreten. 82 Prozent aller Verkaufsflächen in Ochsenfurt nimmt dieser Produktbereich ein. Alle anderen Sortimente sind in Streu- und Nebenlagen, also außerhalb der Altstadt stärker vertreten.
Stärken und Schwächen
Interessant ist auch der Blick der Gutachter auf Ochsenfurts Stärken und Schwächen. Punkten kann Ochsenfurt mit seiner attraktiven Altstadt, der sanierten Hauptstraße, den Fachgeschäften, der Kundennähe, den guten Parkmöglichkeiten am Altstadtrand, der Außengastronomie in der Innenstadt und mit der hohen Kaufkraft der Bevölkerung. Zu Ochsenfurts Schwächen zählt Wirtschaftsgeografin Franziska Duge die Leerstände in der Haupteinkaufslage, die fehlenden größeren Entwicklungsflächen in der Altstadt, die teilweise veralteten Beherbergungs-, Gastronomie- und Tourismuskonzepte, die strengen baulichen Vorschriften in der Altstadt und, dass außerhalb der Innenstadt Einkaufszentren entstanden sind. Der Altstadt würden auch überregional bekannte Magnetbetriebe fehlen.
Deutlich wurde bei der Untersuchung auch, dass in Ochsenfurt eine überdurchschnittliche Kaufkraft vorhanden sei und sich das Marktgebiet eher nach Süden ausdehnt, also in den alten Ochsenfurter Gau hinein. Um die Altstadt zu stärken, brauche es klare Regeln, schlagen die Gutachter vor. Beispielsweise ein Standorts- und Sortimentskonzept, das nach Innenstadt-, Nahversorgungsbedarf und sonstigem Bedarf unterscheidet.
Sortimente des Innenstadtbedarfs sind beispielsweise Arzneimittel, Baby- und Kinderartikel, Brillen, Bücher, Drogeriewaren, Hörgeräte, Lederwaren, Spielwaren, Schuhe, Sportartikel, Uhren und Schmuck. Künftig – vorausgesetzt der Stadtrat stimmt der Empfehlung des Bauausschusses zu – sollen Betriebe mit Sortimenten für den Innenstadtbereich zur „konsequenten Stärkung der Altstadt“ nur noch in der Innenstadt zugelassen werden.
Nun bringt all die Theorie aber noch keinen Wirtschaftsboom in die Altstadt. „Haben Sie nicht einen Tipp für uns“, fragte Joachim Beck, CSU-Stadtrat und Vorsitzender des Stadtmarketing-Vereins am Ende. „Das Potenzial Ochsenfurts liegt in individuellen Geschäftsideen“, antwortet Franziska Duge.
Defizite ausgleichen
Auch Läden, die Defizite ausgleichen, hätten in Ochsenfurt eine Chance. Ein Geschäft, das regionale Spezialitäten anbietet, beispielsweise. Oder ein Laden, der Fahrradzubehör im Sortiment hat. In den bald leer stehenden Kupsch-Markt könnte ein Schuh- oder Getränkemarkt eröffnet werden.
Erfolgreich könnten diese neuen Geschäfte in der Altstadt aber nur sein, wenn es klare Regeln gebe. „Wenn außenrum alles zugelassen wird, kann man sich den Handel in der Altstadt abschminken“, weiß die Wirtschaftsgeografin. Weil Handel stets auch Wandel bedeutet, sollen die Regeln zwar verlässlich sein, aber nicht starr. In fünf bis sieben Jahren könnte also das nächste Einzelhandelsentwicklungskonzept auf dem Tisch liegen.