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WÜRZBURG
Als Würzburgs ältestes Hotel erstmals erwähnt wurde
Anneliese und Margarete Schwarzmann (von links) mit Andreas Kutschelis.
Foto: Eva-Maria Bast | Anneliese und Margarete Schwarzmann (von links) mit Andreas Kutschelis.
Bearbeitet von Torsten Schleicher
 |  aktualisiert: 03.12.2019 10:26 Uhr

Das Hotel „Zur Stadt Mainz“ ist in Würzburg ebenso eine Institution wie seine Besitzerinnen, die Schwarzmann-Schwestern Anneliese und Margarete sowie ihre Mutter Wilhelmine. Andreas Kutschelis ist dort seit vielen Jahren Hotelmanager und Mädchen für alles in Personalunion. Als Historiker hat er sein Herz an dieses geschichtsträchtige Haus verloren und sich natürlich mit dessen Geschichte befasst.

„Seit dem 5. Mai 1403 ist dieses Hotel urkundlich nachgewiesen und es ist das einzige seiner Art, das bis heute durchgehend ein Gasthof gewesen ist. Zudem ruht auf dem Haus eines der ältesten Hausrechte, das ,Realrecht‘, das den Verbleib der Konzession verbürgt, das heißt, die Behörde darf den Betrieb nicht schließen, hier muss stets eine Herberge sein“, erzählt er.

Schlaf- und Stapelplatz der Kaufleute

Ursprünglich hieß das Hotel allerdings „Zur Seewiese“, dann „Drei Raben“, und schließlich seit etwa 170 Jahren „Zur Stadt Mainz“. Letzteren – immer noch gültigen – Namen erhielt das Haus, weil es im Mittelalter Schlaf- und Stapelplatz der Kaufleute von Mainz sowie das Stammlokal der Mainzer Leinreiter gewesen war, also jener berittenen Treidler, die mit Pferden die Lastschiffe den Main heraufzogen. „Hier durften im Mittelalter nur Mainzer schlafen und wohnen“, konkretisiert Andreas Kutschelis. „Was den großen Vorteil hatte, dass sie justiziabel waren.“

Im Mittelalter seien Kaufleute hinsichtlich Überfällen besonders gefährdet gewesen, schließlich war klar, dass sie Geld und Waren bei sich hatten. „Die Kaufleute zogen mit ihren Waren ja von Stadt zu Stadt“, sagt der Würzburger. Der Main war eine wichtige Handelsroute, und wenn die Kaufleute ihre Ware von A nach B bringen wollten, machten sie unterwegs Station, um ihre Güter anzubieten.“

Diebstahlsgefahr in der Nacht

Nachts, wenn die Kaufleute sich zur Ruhe begaben, war die Gefahr eines Diebstahls sogar noch größer. „Man hatte ja nicht, wie heute, einzelne Zimmer, die man abschließen konnte, sondern alle schliefen in einem Massenlager. Da passierte auch gerne mal etwas“, sagt Andreas Kutschelis.

Wenn allerdings über Nacht etwas geschieht und sich in dem Haus nur Mainzer aufhalten, ist klar, dass es einer von ihnen gewesen sein muss. Man kennt sich, erkennt auch, wenn jemand mehr Geld hat als gewöhnlich, durchschaut Lügen leichter, und Durchsuchungen können sich nun auf einen bestimmten Personenkreis beschränken.

„Einen Fremden, der am nächsten Morgen früh abgereist wäre, hätte man ja nie wiedergesehen, er wäre für alle Zeiten verschwunden gewesen“, erklärt Kutschelis. Dieses System habe es natürlich nicht nur für die Stadt Mainz, sondern auch für viele andere Handelsstädte gegeben, nur sei die Tradition dieser Häuser eben nicht erhalten geblieben.

Die Zeit ist stehen geblieben

Seit rund 100 Jahren befindet sich das Haus im Besitz der Familie Schwarzmann und beherbergt natürlich längst nicht mehr nur Mainzer. Hier ist die Zeit stehen geblieben, Buchungen werden noch per Hand in ein Schulheft geschrieben, die Wände sind geziert von Wandmalereien, Fotos und Souvenirs vieler berühmter Gäste.

Ein Wahrzeichen des Hauses ist seine 1976 über die gesamte Vorderfront des Gebäudes entstandene Fassadenmalerei, die der bedeutendste Kunstmaler des „Phantastischen Realismus“ in Mainfranken, Wolfgang Lenz (1925-2014), erschaffen hat. „Dieses Haus ist durch und durch historisch“, freut sich Andreas Kutschelis. „Die bewegte Geschichte begegnet einem auf jedem Meter.“ Ob der Gast nun aus Mainz kommt oder nicht.

Text: Eva-Maria Bast

Was Würzburg prägte

Das neue Buch „Was Würzburg prägte“ enthält 52 Texte über Jahrestage aus der Würzburger Geschichte, also für jede Woche des Jahres einen Text. Das Buch der beiden Autorinnen Eva-Maria Bast und Kirsten Schlüter entstand in Zusammenarbeit mit der Main-Post. Wir werden in einer ganzjährigen Serie Texte aus dem Buch abdrucken.

Erschienen ist das Buch im Verlag Bast Medien GmbH, in dem auch die erfolgreichen „Würzburger Geheimnisse“ veröffentlicht wurden, die ebenfalls in Kooperation mit der Main-Post entstanden sind.

Erhältlich ist „Was Würzburg prägte – 52 große und kleine Begegnungen mit der Stadtgeschichte“ von Eva-Maria Bast und Kirsten Schlüter Überlingen 2017, ISBN: 978-3-946581-24-6 in den Main-Post-Geschäftsstellen (14.90 Euro).

Die Gründungsurkunde des Hotels Stadt Mainz.
Foto: Sammlung Willi Dürrnagel | Die Gründungsurkunde des Hotels Stadt Mainz.
 
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