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Würzburg
Als das Porto eine Million Mark kostete
Prachtvoll: die Restaurierungspläne für die Haßfurter Ritterkapelle.
Foto: Kerstin Schmeiser-Weiß/POW | Prachtvoll: die Restaurierungspläne für die Haßfurter Ritterkapelle.
Bearbeitet von Andreas Köster
 |  aktualisiert: 14.03.2020 02:11 Uhr

Ein neues Format hatten die vier großen Würzburger Archive für den bundesweiten „Tag der Archive“ gewählt. Erstmals präsentierten sich Universitätsarchiv Würzburg, Stadtarchiv Würzburg, Staatsarchiv Würzburg sowie Archiv und Bibliothek des Bistums Würzburg gemeinsam an einem Ort.

Sie freue sich, dass die „Premiere“ in ihrem Haus stattfinde, sagte Katrin Schwarz, Leiterin von Archiv und Bibliothek des Bistums Würzburg, bei der Eröffnung. Die Besucher informierten sich bei Ausstellungen über die Profile der vier Archive und bewunderten bei einer Führung Kostbarkeiten wie die Restaurierungspläne für die Haßfurter Ritterkapelle. Künftig soll der Veranstaltungsort jeweils in ein anderes der vier Archive wechseln. Der „Tag der Archive“ stand in diesem Jahr unter dem Motto „Kommunikation – Von der Depesche bis zum Tweet“.

Katrin Schwarz, Leiterin von Archiv und Bibliothek des Bistums Würzburg, führte die Besucher durch die Magazine der Einrichtung.
Foto: Kerstin Schmeiser-Weiß/POW | Katrin Schwarz, Leiterin von Archiv und Bibliothek des Bistums Würzburg, führte die Besucher durch die Magazine der Einrichtung.

Im Foyer sowie auf der Galerie des Lesesaals konnten die Besucher kleine Ausstellungen mit ausgewählten Archivalien aller vier Einrichtungen besichtigen. Unter der Überschrift „Kommunikation in der Vormoderne“ zeigte der Gastgeber anhand ausgewählter Beispiele, wie sich die Ausbreitung der Schrift und des Buchdrucks auf das Leben der Gläubigen wie auch auf die Verwaltung auswirkten. Wer wollte, konnte seine Schreibkünste mit Federkiel und Tinte testen. Archivdirektor Dr. Klaus Rupprecht vom Staatsarchiv Würzburg stellte Kommunikationsmittel aus der kurzen Phase der Würzburger Räterepublik 1919 vor, darunter Telegramme und Flugblätter. Im Staatsarchiv befindet sich nach seinen Worten auch die älteste erhaltene Urkunde Bayerns aus dem Jahr 777.

Knallrotes Plastiktelefon

In der Ausstellung des Stadtarchivs Würzburg waren unter anderem ein knallrotes Plastiktelefon mit Wählscheibe sowie eine Gebührentabelle aus der Zeit der Hyperinflation 1923 zu sehen – damals kostete das Porto für eine Postkarte im Ortsverkehr eine Million Mark. Am Stand von Marie-Thérèse Reinhard, Mitarbeiterin des Universitätsarchivs Würzburg, gab es als Höhepunkt der Sammlung das Original der ersten jemals verliehenen Nobelpreis-Urkunde zu sehen: Wilhelm Conrad Röntgen erhielt sie 1901 für die Entdeckung der Röntgenstrahlen.

Bei einer kurzweiligen Führung stellte Thomas Wehner, stellvertretender Leiter von Archiv und Bibliothek, ausgewählte Stücke vor. Beeindruckend waren die farbenprächtigen Pläne zur Restaurierung der Ritterkapelle in Haßfurt im Jahr 1890. Für die Ausmalung des Chors hatte ein Künstler sogar bewegliche Schablonen mit unterschiedlichen Farben und Mustern hergestellt. Das jüngste Stück der Sammlung ist die von Papst Franziskus unterzeichnete Ernennungsurkunde für Bischof Franz Jung. 

Ein heute weitgehend vergessenes Phänomen stellte Professor Stickler in seinem Vortrag „Ein Facebook der alteuropäischen Universität – Die Stammbuchsammlung des Würzburger Instituts für Hochschulkunde als Quelle zur Kommunikationsgeschichte“ vor. Stammbücher seien ab der Mitte des 16. Jahrhunderts vor allem unter protestantischen Studenten Tradition gewesen. Wurden anfangs vor allem Lehrer, Professoren und andere Respektspersonen um einen Eintrag gebeten, hätten sie im späten 16. Jahrhundert den Charakter von Freundschaftsbüchern entwickelt. „Es ist bemerkenswert, dass ein Medium in der Lage war, Menschen und Landschaften miteinander zu verbinden.“

Zur Veranschaulichung präsentierte Stickler Auszüge aus dem von Ludwig Arndt Reuther aus Saarbrücken, der wohl von 1787 bis 1790 an der Universität Gießen studierte. Aus den vielen farbigen Abbildungen schloss der Referent, dass der Student Reuther über Geld verfügte und Künstler beschäftigen konnte. Darauf deutet auch ein Bild von einer Schlittenausfahrt hin: „Schlitten musste man mieten, und das konnten nur Studenten mit viel Geld.“ Nach den Eintragungen der Kommilitonen zu urteilen, scheint er Mitglied in einigen studentischen Vereinigungen gewesen zu sein. „Die Harmonisten bezeichnen Reuther immer als Bruder“, wies Stickler auf ein Beispiel hin.

 
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