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HEIDINGSFELD
Als das alte Heidingsfeld unterging
Die Initiatoren des Buches: Otto Baumann, Friederike Kühn und Stefan Rettner (von links) mit der Titelseite.
Foto: Franz Nickel | Die Initiatoren des Buches: Otto Baumann, Friederike Kühn und Stefan Rettner (von links) mit der Titelseite.
Von unerem Mitarbeiter Franz Nickel
 |  aktualisiert: 09.03.2015 18:29 Uhr

Dem Bombenangriff am 16. März 1945 fielen in Heidingsfeld mindestens 38 Menschen zum Opfer. Außerdem wurde dieser Stadtteil innerhalb der historischen Stadtmauer zu 80 Prozent dem Erdboden gleichgemacht. Zur Erinnerung an dieses schreckliche Ereignis bringt die Bürgervereinigung Heidingsfeld das Buch „Der Untergang Alt-Heidingsfelds am 16. März 1945 in Zeitzeugenberichten“ heraus.

„Von beiden Seiten hat sich das Feuer Richtung Straßenmitte bewegt.“
Erich Niedermeier Dachdeckermeister

Die neun Berichte wurden anhand einer Tonbandaufnahme vom 15. März 1995 verfasst, als die Bürgervereinigung im Pfarrsaal von St. Laurentius zu einer Gedenkveranstaltung aus Anlass des 50. Jahrestages der Zerstörung Würzburgs und Heidingsfelds eingeladen hatte.

Der bereits verstorbene Dachdeckermeister Erich Niedermeier ist einer jener Heidingsfelder, die in der etwa 100-seitigen Publikation zu Wort kommen und die Bombardierung schildern: „Das war natürlich schon unheimlich, was da gewütet hat“, erinnerte sich Niedermeier. „Dann ist das Feuer beim Eck's Hermann (heute Klingenstraße 14) unten aus dem Haus waagrecht raus, ungefähr bis zur Straßenmitte und von dort aus senkrecht nach oben. Das ist wahnsinnig gewesen. Von beiden Seiten hat sich das Feuer Richtung Straßenmitte bewegt. Da war es gar nicht mehr möglich, noch einmal runterzukommen.“

Zu den noch lebenden Zeitzeugen gehört Erhard Fuchs, der von seiner Flucht aus einem Gewölbekeller in der Kirchgasse erzählt: „Aber wir waren kaum in der Ruppertsgasse, und dann ist hinter uns vom Karl Brand seinem Haus der Giebel total runtergefallen. Also wenn wir praktisch ein paar Minuten später gekommen wären, wären wir wirklich nicht mehr rausgekommen. Wir waren ja praktisch mitten drin.“ Fuchs weiter: „Und dann sind wir raus, Ruppertsgasse hoch über den Salmannsturm raus ins Freie und hinauf in die Weinberge in den Kirchberg. Da haben wir dann in den Weinbergshütten drei Tage übernachtet, die ganzen Leute, die ganze Familie.“

„Uns geht es mit der Veröffentlichung darum, die nachwachsenden Generationen über dieses schreckliche Ereignis zu informieren und ihnen die Gefühle der Zeitzeugen zu vermitteln“, erklärte Stefan Rettner, der sich als Autor dieses Buches intensiv mit den Berichten beschäftigte sowie die Begleittexte und das Vorwort geschrieben hat. Er bezeichnet sich als „rationalen Typ“, dennoch hätten ihn die authentischen Schilderungen „emotional tief berührt“.

Die lebhaften Berichte sind nach Rettners Ansicht wie ein Puzzle: „Aus den unterschiedlichen Blickwinkeln betrachtet setzt sich schließlich ein Panoramabild zusammen“.

„Ich kenne bzw. kannte alle Zeitzeugen persönlich“, sagte Otto Baumann, aus dessen Archiv alle in dem Buch gezeigten Fotos stammen. Die Schilderungen sind für ihn so eindrucksvoll, dass man die Gefühle der Zeitzeugen vor, während und nach dem Bombenangriff nachvollziehen kann. „Das Buch ist aber nicht einfach zu lesen“, fügte er hinzu.

„Die Berichte gingen mir persönlich sehr nahe“, meinte Victor Heck, Vorsitzender der Bürgervereinigung Heidingsfeld. Die Veröffentlichung des Buches geschehe aus der Verantwortung gegenüber den folgenden Generationen heraus. Letztlich sei es das Ziel, „gemeinsam daran zu arbeiten, den Frieden zu erhalten“.

Die Herausgeber übergeben der Walther-Grundschule einige Bücher zur Nutzung als Begleitmaterial im Heimat- und Sachkundeunterricht. Außerdem erhält die Universitätsbibliothek ein paar Exemplare. Das Wortprotokoll der Gedenkveranstaltung von 1995 stellt man der Universitätsbibliothek und dem Stadtarchiv Würzburg zur Verfügung.

Das Buch erscheint in einer Auflage von 1000 Stück, kostet 3,50 Euro und ist voraussichtlich ab Mittwoch, 11. März, in folgenden Geschäften erhältlich: Hätzfelder Bücherstube, Metzgerei Kram, Elektro Ziegler und Heizung, Lüftung, Sanitär Schöpplein.

Laurentiuskirche: Helfer beseitigen die Trümmer des zerstörten Gotteshauses.
Foto: Archiv Otto baumann | Laurentiuskirche: Helfer beseitigen die Trümmer des zerstörten Gotteshauses.
Totale Zerstörung: Auch die Klosterstraße wurde beim Bombenangriff am 16. März 1945 nahezu komplett ausradiert.
Foto: Archiv Otto Baumann | Totale Zerstörung: Auch die Klosterstraße wurde beim Bombenangriff am 16. März 1945 nahezu komplett ausradiert.
 
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