
Wer's gerne einfach und bequem mag, wird kaum beim Alphorn landen. Zwar kann man das gut dreieinhalb Meter lange Instrument in mehrere Einzelteile zerlegen, braucht also weder Dachträger noch Anhänger für den Transport, aber sperrig bleibt das Ding dennoch. Wenn auch eher im übertragenen Sinne.
Denn das Alphorn, nicht zu verwechseln mit dem Waldhorn, hat weder Ventile noch Löcher. Es ist einfach ein langes Rohr plus Mundstück, mit dem man nur die sogenannte Naturtonreihe spielen kann. Also die Töne, die die Physik über einer bestimmten Grundschwingung vorgibt. Damit fällt die ganz normale Tonleiter schon mal weg.
Deshalb erinnern Stücke für Alphorn nicht selten an die Tonfolge der Glocken von Big Ben in London. Mit der Lippenspannung können die Bläserinnen und Bläser die Töne verändern.
Gespielt wird nach eigens für die Großformation eingerichteten Noten
Silke Krieger aus Estenfeld (Lkr. Würzburg) ist Mitglied der Alphornbläsergruppe "Die aus dem Eschenbachtal" bei Hammelburg (Lkr. Bad Kissingen) und des Freundeskreises Süddeutscher Alphornbläser (FSA). Letzterer wird am 21. Juli um 11 Uhr im Hofgarten der Würzburger Residenz ein kostenloses Konzert geben - vorausgesetzt, das Wetter ist trocken und schön. Denn allzu lange darf man die Instrumente aus Holz nicht der Feuchtigkeit aussetzen.
Im FSA sind nach eigenen Angaben 22 Alphorngruppen sowie knapp 60 Einzelbläser aus dem gesamten süddeutschen Raum von Gelnhausen im Norden bis Kempten im Süden, Karlsruhe im Westen und Cham im Osten organisiert. Die inzwischen 170 Bläserinnen und Bläser aus etwa 100 verschiedenen Orten kommen mehrmals im Jahr zusammen, um in einer Großformation unter professioneller Leitung gemeinsam Alphorn zu blasen. Das nächste Mal also im Hofgarten der Würzburger Residenz.

Auch wenn beim Alphorn schon kraft des Namens die Nähe zu bajuwarischer oder alemannischer Folklore mitschwingt, mit Volksmusik hat das Repertoire, das die Alphornfreunde pflegen, nichts zu tun. Gespielt wird nach eigens für die Großformation eingerichteten Noten, drei- bis vierstimmig und mit großer stilistischer Bandbreite: traditionelle Weisen, aber auch Walzer, Marsch und Polka sind möglich. Klangbeispiele und Videos bietet der FSA übrigens auf seiner Homepage an: www.fsa-alphornfreunde.de
Silke Krieger kam tatsächlich vor drei Jahren über die Alpen zum Alphorn
Silke Krieger kam tatsächlich vor drei Jahren über die Alpen zum Alphorn: "Im Urlaub hörte ich auf der Alm einen Alphornbläser, der ganz allein spielte. Das hat mich sehr beeindruckt." Sie fragte, ob sie es mal probieren dürfe. Sie durfte. "Danach war klar: Ich will das auch spielen. Und das habe ich dann auch durchgesetzt." Nach einem speziellen Kurs in der Bayerischen Musikakademie Hammelburg stand auch der Entschluss fest, ein eigenes Instrument zu kaufen.
Die 56-jährige Hobbymusikerin hat es binnen drei Jahren zur Konzertreife gebracht, was daran lag, dass sie - wie die allermeisten Alphornbläser - schon vertraut war mit dem Prinzip der Tonerzeugung: Silke Krieger ist Trompeterin, die meisten Kolleginnen und Kollegen kommen von der Blasmusik, aus Kapellen, Spielmannszügen oder von den Jagdhornbläsern.
Dass das Alphorn längst nicht mehr nur auf Almen angetroffen wird, sondern inzwischen richtig hip ist, zeigt eine verblüffende Tatsache: Die meisten Alphornschulen gibt es nicht in München, Garmisch oder Oberstdorf. Sondern in Berlin.