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Waldbüttelbrunn
Alleinerziehende Mutter oder Rentner, der sein Gebiss nicht zahlen kann: Wie der Hilfsfonds Waldbüttelbrunn hilft
Alfred Endres kennt die Sorgen vieler seiner Mitbürger. Der Vorsitzende des Hilfsfonds Waldbüttelbrunn sagt, wie der Verein Menschen unterstützt - direkt, diskret, anonym.
Er ist das Gesicht des Vereins: Alfred Endres, Vorsitzender des Hilfsfonds Waldbüttelbrunn, engagiert sich seit 20 Jahren ehrenamtlich für Mitbürgerinnen und Mitbürger in kleinen und großen Notlagen.
Foto: Patty Varasano | Er ist das Gesicht des Vereins: Alfred Endres, Vorsitzender des Hilfsfonds Waldbüttelbrunn, engagiert sich seit 20 Jahren ehrenamtlich für Mitbürgerinnen und Mitbürger in kleinen und großen Notlagen.
Catharina Hettiger
 |  aktualisiert: 08.10.2024 02:46 Uhr

Ein Kleinkind mit einer sehr seltenen Erkrankung und 13 Menschen, die eine Behandlung des Kindes in den USA finanzieren wollten, waren der Startschuss für den Hilfsfonds Waldbüttelbrunn e.V.: Das Ziel des Vereins ist es, vorausschauend und frühzeitig Geld zu sammeln, um Menschen aus Waldbüttelbrunn und den Ortsteilen Roßbrunn und Mädelhofen im Landkreis Würzburg schnell und unbürokratisch helfen zu können.

Seit der Gründung des Hilfsfonds im Jahr 2003 konnte der Verein in 150 Fällen mit insgesamt 60.000 Euro und vielen zinslosen Übergangshilfen Menschen in kleinen und größeren Notlagen helfen. Im Interview spricht der Vereinsvorsitzende Alfred Endres, ehemaliger Bürgermeister, über Diskretion. Und Fälle, die in Erinnerung bleiben.

Frage: Die Menschen, denen der Hilfsfonds Waldbüttelbrunn hilft, bleiben anonym. Nur Sie als Vorsitzender kennen ihre Geschichte. Selbst die Mitglieder der Vergabekommission, die darüber entscheidet, ob und wie geholfen wird, wissen nicht, um wen es geht. Warum ist Anonymität so wichtig?

Alfred Endres: Wenn zum Beispiel ein älterer Mensch sein Gebiss nicht zahlen kann oder Eltern mit Kindergartenbeiträgen im Rückstand sind, ist das den Leuten meist peinlich. Ich hatte anfangs Angst, dass man die Hilfe nicht unter der Decke halten kann, aber das hat sich nicht bewahrheitet. Übrigens unterscheiden wir nicht, ob jemand selbst verschuldet oder nicht in eine Notlage gekommen ist.

Wie finden die Menschen zu Ihnen?

Endres: Wir haben Multiplikatoren und arbeiten zum Beispiel eng mit der Nachbarschaftshilfe Waldbüttelbrunn zusammen. Wir leben davon, dass man uns kennt. Wenn Not am Mann ist, kommt die Info telefonisch oder persönlich zu mir. Ich bin im Dorf gut vernetzt, da funktioniert das.

Wie wird entschieden, wer Hilfe bekommt – gibt es eine Liste mit Kriterien?

Endres: Das haben wir anfangs überlegt, dann aber festgestellt, dass das der Sache nicht gerecht wird. Die alleinerziehende Mutter hat andere Probleme als der Rentner, der sein Hörgerät nicht zahlen kann. Wir sagen: Schildere uns dein Problem und wir versuchen, was daraus zu machen. Völlig individuell.

"Wir unterscheiden nicht, ob jemand selbst verschuldet oder nicht in eine Notlage gekommen ist."
Alfred Endres, Vorsitzender des Hilfsfonds Waldbüttelbrunn e.V.
Wie setzen sich die Gelder des Hilfsfonds zusammen?

Endres: Wer bei uns Mitglied ist, zahlt im Jahr zwölf Euro Beitrag. Das ist der Mindestbetrag, wir wollen nicht, dass eine Mitgliedschaft im Hilfsfonds nur etwas für Reiche ist. Es gibt viele, die auf freiwilliger Basis mehr geben. Der höchste regelmäßige Beitrag eines Mitglieds beträgt 400 Euro. Im Schnitt sind wir bei etwa 30 Euro jährlich. Die Beiträge unserer aktuell 140 Mitglieder sind unsere Basis, das sind 2500 bis 3000 Euro im Jahr. Dazu kommen Spenden, vor allem an Weihnachten, auch von Firmen.

Gibt es mehr Anfragen, als Hilfe möglich ist?

Endres: Nein. Die Hemmschwelle, Hilfe zu suchen, ist trotz allem da. Wer gibt schon gerne zu, dass er nicht zurechtkommt. Deshalb haben wir manchmal Flauten, wo gar nichts passiert und dann kommen plötzlich wieder ein paar Anfragen auf einmal. Wir konnten einen guten finanziellen Grundstock ansammeln, dadurch und durch regelmäßig eingehende Spenden hatten wir bisher keine Engpässe.

Wer gehört zu den Hilfsempfängern?

Endres: Sie verteilen sich über die gesamte Gesellschaft. Für uns ist ausschließlich der Wohnsitz maßgeblich: Nur wer in Waldbüttelbrunn oder den beiden Ortsteilen wohnt, bekommt Leistungen. Das kann ein "Ureinwohner" sein, ein Kongolese, Syrer oder Afghane. Eine Zeit lang waren hier Frauen aus afrikanischen Ländern untergebracht, oft mit Kindern. Da haben wir zum Beispiel zusätzlichen Sprachunterricht und Bücher finanziert, oder Fußballschuhe für die Kinder. Manchmal melden sich Lehrer bei uns, weil sie merken, Kinder können wegen der Kosten nicht an einer Klassenfahrt teilnehmen – oder Vereine, wenn Leute sich den Beitrag nicht leisten können.

Warum beschränken Sie die Hilfe auf Waldbüttelbrunn?

Endres: Als wir damals unsere Homepage online gestellt haben, kamen Anfragen von Leuten aus Hamburg und Bremen, die mal schnell ein paar 1000 Euro haben wollten. Da mussten wir eine Grenze ziehen, weil das sonst ausgeufert wäre. Um Mitglied unseres Vereins zu werden, muss man wiederum nicht aus Waldbüttelbrunn kommen.

Der Hilfsfonds Waldbüttelbrunn springt in Notsituationen ein. Wer genau die Hilfe und braucht und für was - das weiß nur der Vorsitzende Alfred Endres.
Foto: Patty Varasano | Der Hilfsfonds Waldbüttelbrunn springt in Notsituationen ein. Wer genau die Hilfe und braucht und für was - das weiß nur der Vorsitzende Alfred Endres.
In welchem Bereich bewegt sich die Unterstützung?

Endres: Wir hatten ein paar große Fälle, bei denen unsere Finanzierung über 5000 Euro lag – oft sind es auch nur 50 oder 100 Euro, mit denen wir helfen.

Welcher "große Fall" ist Ihnen besonders in Erinnerung geblieben?

Endres: Da gab es eine alleinerziehende Mutter, die auf dem Arbeitsmarkt nichts Passendes gefunden hat. Sie hätte gern einen Busführerschein gemacht, weil die Arbeitszeiten als Busfahrerin gut mit ihrem Schulkind vereinbar gewesen wären. So ein Führerschein kostet aber an die 8000 Euro. Wir haben ihr das Geld als zinslose Übergangshilfe gegeben. Die Frau hat ihren Führerschein gemacht und die Hälfte zurückgezahlt. Auf den Rest haben wir verzichtet.

Wie sind die Reaktionen auf Ihre Hilfe?

Endres: Mal kommt gar nichts zurück, mal ein gemaltes Kinderbild als Dankeschön. Die Busfahrerin zum Beispiel wohnt nicht mehr in Waldbüttelbrunn, hat mir aber vergangenes Jahr zu Weihnachten geschrieben: "Der Hilfsfonds hat mir wirklich geholfen. Meine Tochter studiert inzwischen."

Gibt es Fälle, in denen Sie nicht helfen oder helfen können?

Endres: Ja – wir wollen keine Sucht finanzieren. Leute, die dem Alkohol verfallen sind und das Geld in Alkohol umsetzen, bekommen von uns stattdessen Essensgutscheine für Supermärkte.

Andere Gemeinden haben das Beispiel des Hilfsfonds Waldbüttelbrunn aufgegriffen und ähnliche Initiativen ins Leben gerufen.

Endres: Ja, zuletzt Waldbrunn. In Margetshöchheim gibt es auch eine ähnliche Initiative, dort zahlt aber die Gemeinde in einen Fonds ein. Bei uns stammen die Gelder ausschließlich aus Spenden und Mitgliedsbeiträgen. Höchberg wiederum hat eine Bürgerstiftung gegründet, die größtenteils von der Gemeinde und von Spenden finanziert wird.

Sie engagieren sich schon 20 Jahre ehrenamtlich für den Verein. Was motiviert Sie dazu?

Endres: Mir ist's im Leben meist gut ergangen, da möchte ich etwas zurückgeben. Außerdem bin ich ein Mensch, der gerne hilft.

Mehr Infos zum Hilfsfonds Waldbüttelbrunn: www.hilfsfonds-waldbuettelbrunn.de

Die Aktion "Zeichen setzen!"

Die Aktion "Zeichen setzen!" zeichnet seit über 20 Jahren beispielhafte ehrenamtliche soziale Initiativen aus. Im Spätherbst werden vier Preise, dotiert mit 500 bis 3000 Euro, verliehen. Initiativen können sich selbst bewerben oder werden von Dritten vorgeschlagen. Eingereicht werden können Projekte und Initiativen aus Unterfranken und dem Main-Tauber-Kreis.
Bewerbungen sind für die nächste Runde 2025 möglich. Bitte schreiben Sie an: Main-Post, Aktion "Zeichen setzen!", Berner Straße 2, 97084 Würzburg, E-Mail: zeichensetzen@mainpost.de Oder: Lernwerk Volkersberg, Volkersberg 1, 97769 Bad Brückenau, E-Mail: zeichensetzen@volkersberg.de
Infos zur Aktion finden Sie unter www.mainpost.de/zeichensetzen und www.lernwerk.volkersberg.de.
Quelle: MP
 
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Kommentare
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  • Johannes Bätz
    Meinen allergrößten Respekt Herr Endres für Ihre Arbeit und Ihr Engagement für Menschen in Not. Und auch vielen Dank an alle, die Sie dabei mit Spenden, Tatkraft usw usw unterstützen.
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  • Georg Ries
    Der Hilfsfond war schon immer Ihre "Herzensangelegenheit" Herr Endres! Schön, dass Sie diese Einrichtung in die Zukunft tragen.
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  • Gerhard Duczek
    Meine allergrößte Hochachtung !
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  • Eberhard Wirthmann
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