Im Schafstall der Familie Papp am Rande von Opferbaum wird laut geblökt – die Lämmer trainieren ihre Stimmen und die Mutterschafe rufen die Kleinen zum Trinken herbei. Die Tiere sind durchnummeriert. Namen haben nur die Böcke. Sie heißen alle Hans. Rund 800 Merinolandschafe und 150 Lämmer sind hier gerade untergebracht. Doch nicht mehr lange, Ende April geht es für sie wieder auf die Weiden.
Die Familie Papp in Opferbaum, einem Ortsteil von Bergtheim, betreibt ihre Schäferei bereits in der dritten Generation. Michael Papp hat sie von seinem Vater übernommen und wird mittlerweile von seinen Söhnen David und Pascal unterstützt. "Wir haben beide den Meister als Tierwirt Fachrichtung Schäferei gemacht", erklärt der 27-jährige Pascal Papp.
Unterfranken ist der Regierungsbezirk mit den meisten Großschäfereien in Bayern, so der Geschäftsführer des Landesverbands Bayerischer Schafhalter, Martin Bartl. 22 Betriebe gibt es hier, die mehr als 500 Schafe halten. "Mit ihren 800 Schafen gehört der Betrieb der Familie Papp zu einem der größten in Bayern", sagt Bartl. Insgesamt gibt es im Freistaat 96 Schäfereien, die mehr als 500 Tiere halten, doch die Zahlen sind rückläufig. "Jedes Jahr sterben drei bis vier Betriebe", bedauert Bartl.
Die Papps verdienen ihren Lebensunterhalt vor allem mit der Landschaftspflege, für die sie Fördergelder bekommen. Lammfleisch und Wolle sind Nebenprodukte. Ende April werden die Schafe auf einen Lkw verladen und auf die Sommerweiden gebracht: Eine Herde kommt nach Reiterswiesen, einem Ortsteil von Bad Kissingen, und die zweite auf den Truppenübungsplatz bei Hammelburg (Lkr. Bad Kissingen).
Im Herbst geht es für die Tiere dann auf Wanderschaft in Richtung Heimat. "Wir sind von April bis Januar draußen, je nach Winter und Futterangebot", sagt Pascal Papp. Die Schäfer selbst bleiben über Nacht nicht bei den Tieren. "Wir fahren früh hin und abends wieder heim", erklärt er. "Das Ziel am Ende des Tages ist es, dass die Schafe satt und zufrieden sind. Dann ist man auch zufrieden."
Auch wenn die Tiere im Sommer nur auf der Weide stehen, bedeutet das für die Schäfer viel Arbeit. "Wir sorgen dafür, dass die Schafe im Schatten stehen, holen Wasser, bauen den Pferch für die Nacht oder schneiden Klauen", zählt David Papp auf.
Ihre Tätigkeit sei ihnen eingeimpft, so Pascal Papp: "Wir sehen es, wenn die Schafe nicht zufrieden sind oder Schmerzen haben. Das muss einem gegeben sein." Schäfer sein ist für die drei Männer kein Beruf, sondern Berufung.
Ihr älterer Bruder hat eine andere Ausbildung gewählt, für David und Pascal Papp war jedoch schnell klar, dass sie in die Fußstapfen ihres Vaters und Opas treten wollen. "Man wächst zwar damit auf, aber man muss das gerne machen", so der 25-jährige David Papp. Schließlich sei man immer Schäfer, sieben Tage die Woche, das ganze Jahr. "Auch wenn man Fieber oder Rückenschmerzen hat, müssen die Schafe versorgt sein. Man darf nicht zimperlich sein", erklärt Pascal Papp. "Wenn man das gerne macht, ist das aber kein Problem. Du musst mit Leidenschaft dabei sein."
Michael Papp hütet seit über 40 Jahren Schafe. Ans Aufhören denkt er noch lange nicht. Und während er früher kaum Menschen begegnet ist, sieht er heute öfters Spaziergänger oder Jogger. "Es ist schön, wenn einer kommt, aber auch schön, wenn er dann wieder weg ist", sagt er. "Ich genieße die Ruhe."
In Zeiten der Corona-Pandemie fällt es vielen schwer, Abstand zu ihren Mitmenschen zu halten. Schäfer hingegen sind es nicht anders gewohnt. Nur ihre beiden Schäferhunde begleiten sie bei der täglichen Arbeit auf der Weide. Und genau diesen Aspekt genießen die Papps. „Wenn man alleine ist, genießt man die absolute Ruhe, das Freie. Wenn man bei den Schafen ist, vergisst man die Hektik und alles um einen herum", so Pascal Papp. "Es gibt so viele schöne Momente. Ich bin froh, dass ich nichts anderes bin."