Die Diskussion ist nicht neu: Schon von Herbst 2009 bis Frühjahr 2010 haben die Bewohner der Altstadt heftig gegen zunehmende Ruhestörung, Vandalismus, Wildpinkler und Gewalttaten in der Innenstadt protestiert. Aus ihrer Sicht hat sich wenig bis nichts getan, ganz im Gegenteil. Hoteliers, Geschäftsinhaber, Vermieter und Anwohner aus der Pleich, Juliuspromenade, Karmeliten- und Gerberstraße sind der Meinung, dass die Auswüchse zuletzt noch schlimmer geworden sind.
Nach einem Main-Post-Artikel über einen Angriff auf den Gastronomen Bernd Rink lebte die Debatte neu auf. Und als Reaktion lud die CSU zum Bürgergespräch über die Sicherheit in der Innenstadt. Die anwesenden etwa 30 Bewohner stellten Polizei und Stadt kein gutes Zeugnis aus.
„Es geht dabei nicht nur um uns, es geht auch um unsere Gäste“, betonte Rink, der den Keller seiner Vinothek „Tiepolo“ für die Versammlung zur Verfügung gestellt hatte. Er ist der einzige Teilnehmer der Veranstaltung, der kein Problem damit hat, seinen Namen in der Zeitung zu lesen. Viele andere Innenstadt-Bewohner verwahrten sich dagegen, weil sie Repressalien befürchten. Sie schlossen sich damit den Befürchtungen der Sprecher der „Bürgerinitiative Würzburger Altstadt“ (BIWA) an, die als erste gebeten hatten, ihre Namen nicht zu erwähnen.
Ansprechpartner der erbosten Bürger waren die CSU-Stadträte Rainer Schott (pensionierter Polizei-Hauptkommissar), Kurt Schubert (Ratskeller-Wirt) und Erich Felgenhauer. Die Auswüchse in der Innenstadt „sind kein Würzburger Problem“, betonte Schubert: „Es liegt an der Partystimmung, die nicht aufhört, wenn die Leute die Lokale verlassen.“ Schubert und seine Frau sind deswegen selbst aus der Innenstadt weggezogen.
An den Beschwerden hat sich seit September 2009, als sich die SPD in einer ähnlichen Veranstaltung mit dem Thema beschäftigte, nicht viel geändert. Vor allem freitags und samstags kommt es auf der „Partymeile“, die in der Augustinerstraße beginnt und der Veitshöchheimer Straße endet, regelmäßig zu Auswüchsen, die die Anwohner nicht länger hinnehmen wollen. Bis in die frühen Morgenstunden wird dort nach ihren Angaben auf offener Straße getrunken, herumgegrölt und in Eingänge und an Wände gepinkelt.
Die Zahl der Sachbeschädigungen und Körperverletzungsdelikte hat – zumindest in der Wahrnehmung der Betroffenen – trotz ihrer Proteste vor drei Jahren sogar noch zugenommen. Besonders schlecht kommen dabei – wie schon 2010 – die untere Juliuspromenade und eine Diskothek in der Gerberstraße weg. Und natürlich Stadtverwaltung und Polizei, denen die Teilnehmer Untätigkeit vorwarfen. „Die Stadt muss dafür sorgen, dass Ordnung herrscht“, sagte ein älterer Mann aus der Karmelitenstraße.
Die Stadträte hatten Zahlen dabei: Demnach war der vor einigen Jahren um zwei Stellen verstärkte Kommunale Ordnungsdienst (KOD) im ersten Halbjahr 2013 an 18 Wochenenden teilweise bis 4 Uhr morgens in der Innenstadt unterwegs. Die Betroffenen haben davon offenbar wenig bis nichts mitbekommen. Sie fordern eine stärkere Präsenz auch der Polizei an den Brennpunkten. „Warum kann man nicht Fußstreifen mit Hunden oder die Bereitschaftspolizei einsetzen?“, lautete eine vielen Fragen.
Als Rainer Schott mit Zahlen belegen wollte, dass die Straftaten in Würzburg insgesamt zurückgegangen sind, zog er sich damit den Zorn vieler Anwesender zu. „Das liegt nur daran, dass viele es aufgegeben haben, die Polizei zu rufen“, schimpfte eine Frau. Hauptprobleme sind aus Sicht der Bürger das „Vorglühen“ der Kneipenbesucher und der Straßenverkauf von billigem Bier und Schnaps bis in die Morgenstunden.
Eine Verkürzung der Sperrzeiten für die Außengastronomie auf 22 Uhr wurde bei der Veranstaltung ebenso gefordert wie ein komplettes nächtliches Alkoholverbot in der Altstadt. Dafür gibt es jetzt eine Grundlage: Am 1. August tritt der neue Artikel 30 des Bayerischen Landesstraf- und Verordnungsgesetzes in Kraft, nach dem die Kommunen „auf bestimmten öffentlichen Flächen den Verzehr alkoholischer Getränke in der Zeit von 22 Uhr bis 6 Uhr verbieten“ können, jedoch nur befristet auf vier Jahre und wenn „tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass dort auf Grund übermäßigen Alkoholkonsums regelmäßig Ordnungswidrigkeiten erheblicher Bedeutung oder Straftaten begangen werden“. Der Sprecherrat der BIWA hat die Stadt in einem Schreiben aufgefordert, diese Regelung für die gesamte Innenstadt einzuführen.