Mehrere hundert Menschen meditieren auf dem Marktplatz für Frieden in der Welt. Auf dem Boden liegen weiße, gelbe und lila Blütenköpfe. Kerzen umgeben eine von orangen Blumen umrankte Buddha-Figur. „Dass das ein Buddha ist, ist aber Zufall“, schmunzelt Mirko Betz: „Ich hatte keine Jesusfigur.“
Für Menschen jeden Glaubens
Eine religiöse Botschaft für den „Meditationsflashmob“, den Betz zusammen mit dem Stadtmarketing „Würzburg macht Spaß“ (WüMS) am Samstag auf dem Unteren Markt organisierte, sollte davon nicht ausgehen. Denn die Aktion richtete sich an Menschen jeden Glaubens.
Schon vor dem offiziellen Beginn um 14 Uhr saßen etliche Menschen auf dem Marktplatz, bereit, in den nächsten Minuten oder sogar Stunden zu meditieren. Im Laufe der dreistündigen Veranstaltungen beteiligten sich schätzungsweise um die 300 Friedensbewegte.
Gäste von außerhalb
„Mein Sohn aus München hat mir Bescheid gesagt, dass das heute hier stattfindet“, sagt Doris Schmitt. Die Idee begeisterte sie. So machte sich die 66-Jährige am Samstagmorgen von Bad Bocklet im Landkreis Bad Kissingen, wo sie lebt, auf den einstündigen Weg nach Würzburg.
„Frieden ist für mich ein ganz großes Thema“, so die Katholikin: „Ich bete jeden Tag um Frieden.“ Dass es augenblicklich derart unfriedlich auf der Welt zugeht, findet sie bedrückend: „Ich mag schon gar keine Nachrichten mehr hören.“
Gleichzeitig ist Schmitt überzeugt, dass jeder Mensch im Kleinen anfangen müsse, um ein friedliches Miteinander im Großen zu ermöglichen. „Frieden beginnt in der Familie“, betont die zweifache Mutter, die seit fünf Jahren Yoga praktiziert.
Vor allem jüngere Menschen sind dabei
Vor allem jüngere Menschen scharten sich im Kreis um die Blumeninsel im Zentrum des Platzes. Die einen hatten Meditationskissen mitgebracht. Andere saßen auf Decken oder Isomatten. Eine mit Schuhen beschwerte „Peace“-Fahne verwies am Rand auf das Thema des stillen Events. Auf dem T-Shirt einer Teilnehmerin stand die Aufforderung zu lesen: „Don?t hate – Meditate“.
Was Unfriede bedeutet, weiß Teilnehmerin Karla-Maria Gierdt aus eigener Erfahrung. „Ich floh vor 27 Jahren aus Rumänien.“ Damit hatte sie als Kind kurz nach dem Tod von Nicolae Ceausescu ein Land verlassen, dessen Diktatur als die brutalste im Ostblock galt.
Meditation ist für Gierdt seit 20 Jahren eine gute Möglichkeit, zu innerem Frieden zu finden. Momentan meditiert sie alleine, denn sie lebt noch nicht lange in Würzburg: „Doch ich würde hier gerne eine Gruppe finden.“
Suche nach innerem Frieden
Mirko Betz glaubt, dass jeder Mensch zu innerem Frieden kommen muss, damit es in der Welt friedlicher zugeht. Diese Meinung teilt Marcel Bouteraa. Der 35-Jährige, der seit sieben Jahren meditiert und seit einem Jahr Yoga praktiziert, will sich im Übrigen nicht von der Macht der Kriegsberichterstattung einschüchtern lassen.
Es gebe zwar viele und brutale Konflikte auf der Welt. Doch es existiert auch Frieden: „Der Unfriede macht einfach nur viel mehr Krach.“
Viele lehnen freundlich ab
Ordnerinnen am Rand der allmählich wachsenden Meditationsgruppe versuchten dezent, Passanten zu animieren, sich mit dazuzugesellen. Die meisten lehnten freundlich ab.
„Ob das einen Wert hat, was den Weltfrieden anbelangt?“, zweifelte Fred Maier, ein Tagestourist aus dem Aschaffenburger Landkreis. Die Weltlage sei so komplex: „Auf diese Weise kommt man nicht an die Leute ran, die ständig Krieg und Gewalt produzieren.“
Natürlich wäre es gut, würden alle Menschen bei sich selbst anfangen und sich bemühen, friedlicher zu werden, so der ehemalige Kommunalpolitiker.
Doch das Gegenteil geschehe gerade. Fred Maier erschrecken die Meldungen, dass immer mehr Polizisten und Rettungskräfte von aggressiven Zeitgenossen angegriffen werden. Besonders schlimm findet er die „Scheidungskriege“, die nach seiner Beobachtung immer brutaler werden – zum Leidwesen der Kinder, die dadurch schon früh Verletzungen davontragen.
„Ich weiß nicht, ob das etwas bringt“
„Ich weiß nicht, ob das etwas bringt“, äußerte auch ein 83-jähriger Würzburger, der sich in die Stadt aufgemacht hatte, um Kuchen zu besorgen. Als Zehnjähriger hatte der Senior den Angriff auf Würzburg erlebt. Er weiß daher ganz genau, was Krieg ist. Und was es heißt, in einer Diktatur zu leben.
Frieden ist deshalb auch für ihn ein wichtiges Thema. Doch genügt es, sich gemeinsam auf den Marktplatz zu setzen und zu meditieren? Nein, das könne er sich nicht vorstellen: „Mit solchen Sachen erreicht man gar nichts.“
Für jene Menschen, die das Weltgeschehen bestimmten, sei das, was lokal begrenzt in einer Stadt wie Würzburg passiert, vollkommen uninteressant.
„Es gibt Leute, die das alles für einen Schmarren halten“, weiß Initiator Mikro Betz. Doch was ist die Alternative? Seit 6000 Jahren bemühten sich die Menschen, mit Waffengewalt für Frieden zu sorgen. Was bisher außer Leid überhaupt nichts gebracht habe.