zurück
WÜRZBURG
Aiwanger wettert gegen Freihandelsabkommen
Von unserer Mitarbeiterin Noemi Heule
 |  aktualisiert: 05.11.2015 20:42 Uhr

Als Landesvorsitzenden der Freien Wähler bezeichnet sich Hubert Aiwanger gerne auch als Sprecher der kleinen Leute. Nun hat er sich jedoch einem großen Thema verschrieben. Der 43-Jährige war am Freitag auf dem oberen Marktplatz zu Gast, um vor einer Handvoll Zuhörern gegen das transatlantische Freihandelsabkommen TTIP anzureden. Sein Vorwurf: Hinter verschlossenen Türen ausgehandelt, würde das Abkommen die demokratischen Rechte der Bürger beschränken und weitreichende Veränderungen für die Kommunen nach sich tragen.

„Wir wollen, dass das Land von gewählten Politikern regiert wird und nicht vom bloßen Geld“, sagt Aiwanger in kehligem niederbayerischen Akzent. Einige Zuschauer klatschen in die kalten Hände, bevor er auf die Gefahr für Umwelt- und Verbraucherschutz durch Fracking, genmanipulierte Lebensmittel und hormonbehandeltes Fleisch zu sprechen kommt. „Wollen wir Umweltschutz nur noch auf dem Niveau der Amerikaner betreiben?“, fragt der geübte Redner rhetorisch in die Runde von knapp 30 Zuhörern.

Als Vertreter der Kommunen sieht Aiwanger vor allem deren Autonomie in Gefahr: Das TTIP verlange, dass kommunale Dienstleistungen – wie Abwasser- und Müllentsorgung sowie Gesundheits- und Trinkwasserversorgung – privatisiert würden, so Aiwanger. „Damit gibt die Gemeinde lebenswichtige Dienstleistungen in die Hand privater Investoren“. Diese würden jedoch nur „Rosinenpickerei“ betreiben, statt dem Wohle der Gemeinheit zu dienen.

Die Einschränkung des freien Handels sei nicht im Sinne der Freien Wähler, betont Aiwanger. Ein neues Abkommen sei dafür aber unnötig. Aiwanger befürchtet zudem willkürliche Handelsbarrieren, die Abwertung der deutschen Berufsbildung und einen Preissturz landwirtschaftlicher Produkte. „Wir müssen vor dieser Problematik warnen“, sagte er am Schluss seines Vortrages. Diese werde von lokalen Politikern nicht ernst genommen, da sie sich in diesen internationalen Verhandlungen ohnehin nicht mitspracheberechtigt wähnten. Landtag und Bund müssten aber dazu gebracht werden, den völkerrechtlichen Vertrag abzulehnen. „Wir müssen Fehlentwicklungen im großen verhindern, um die Welt im kleinen zu bessern“, sagt er.

Zwei Tage vor Aiwangers Auftritt in Würzburg veranstaltete auch die städtische Europe-Direct-Stelle zusammen mit den Jungen Europäern Bayern e.V. eine Informationsveranstaltung zum Thema TTIP. Gegner und Befürworter des Abkommens hielten sich im Ratsaal im Rathaus in der Waage. Die Veranstalter zeigten sich erfreut, dass sich vor allem viele junge Menschen für das komplexe Thema interessierten. Wegen des regen Interesses an der Thematik soll die Veranstaltung im kommenden Jahr wiederholt werden.

TTIP: Freihandelsabkommen in der Kritik

Die Vertragsbedingungen des Transatlantischen Freihandelsabkommens – offiziell Transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft – werden seit Juli 2013 zwischen der Europäischen Union und der US-Regierung verhandelt. Die Verhandlungen finden unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt und auch die Vertragsbedingungen sind streng geheim. Durch „Leaks“ wurden jedoch mehrere unautorisierte Positionspapiere im Internet veröffentlicht. Aufgrund derer befürchten Kritiker, dass der völkerrechtliche Vertrag heute gültige Gesundheits-, Umwelt- und Sozialstandards herabsetzt. Nebst der fehlenden Transparenz während der Verhandlungen wird die Einführung sogenannter Schiedsgerichte kritisiert. Diese sollen unabhängig von gerichtlicher Beurteilung über Schadenersatzansprüche von Unternehmen gegenüber zukünftigen Mitgliedsstaaten entscheiden können.

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Freie Wähler
Handelsabkommen
Transatlantisches Freihandelsabkommen
US-Regierung
Verhandlungen
Vertragsbedingungen
Völkerrechtliche Verträge
Würzburger Marktplatz
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top