Wer von Berufs wegen Menschen in Notfallsituationen hilft, dem wird Anerkennung und Solidarität entgegengebracht – möchte man meinen. Tatsächlich aber nehmen die tätlichen Angriffe und Straftaten gegen Rettungskräfte, Feuerwehr und Polizisten zu, was auch in den Medien für Schlagzeilen sorgt. „Autofahrer attackiert Lebensretter“ hieß es etwa im November in Berlin: Ein Mann hatte aus Wut über seinen durch ein Rettungsfahrzeug zugeparkten Wagen ebendieses demoliert und die Sanitäter angriffen, die gerade einen einjährigen Jungen wiederbeleben wollten.
„Wenn man keinen Parkplatz findet, blockiert man mit dem Rettungswagen schon mal die halbe Straße“, sagt Jens-Uwe Greiner, Sachgebietsleiter Einsatzdienste beim Bayerischen Roten Kreuz (BRK) Würzburg, das zusammen mit den Johannitern und den Maltesern die Stadt und den Landkreis mit Rettungskräften versorgt. Bei Notfalleinsätzen kann es um Leben und Tod gehen, so dass oft keine Zeit für die Suche nach einem geeigneten Parkplatz bleibt. „Die Akzeptanz für das, was wir tun, ist in vielen Fällen nicht mehr da“, so Greiner. „Für ein Müllauto, das die Straße blockiert, gibt es manchmal mehr Verständnis als für den Rettungsdienst.“
Die Attacken beginnen im Alltäglichen
Als eine der Ursachen für ein solches Verhalten vermutet Greiner den steigenden Druck auf den Einzelnen („wenn ich nicht gleich weiterfahren kann, bekomme ich Probleme, weil ich zu spät zur Arbeit komme“). Als Außenstehender erfasse man außerdem nicht sofort, was Rettungskräfte gerade tun. „Bei Einsätzen der Feuerwehr sieht man, dass etwas passiert“, sagt Greiner. „Wir dagegen verschwinden im Haus und sind erstmal weg.“
Michael Reitzenstein, Kreisbrandrat des Landkreises Würzburg, bestätigt diese These: Bei den Einsätzen, zu denen die Freiwillige Feuerwehr ausrücke, sei das Schadensereignis stets sichtbar – und die Erleichterung über ihr Eintreffen entsprechend groß. „Im Landkreis Würzburg sind Aggressionen gegen die Freiwillige Feuerwehr kein Thema; mir sind keine derartigen Vorfälle bekannt.“ Er vermutet, dass die Attacken, von denen ebenfalls immer wieder berichtet wird, eher in Großstädten vorkämen, oder bei der Berufsfeuerwehr, die zum Teil andere Einsatzfelder als die Freiwillige Feuerwehr hat.
Bei der Polizei Unterfranken ist Aggressivität gegenüber Polizeibeamten durchaus ein Thema. Die Zahl der verletzten Polizisten hat sich laut Pressestelle von 2015 auf 2016 erhöht; für 2017 liegen noch keine Zahlen vor. „Die meisten Fälle von Gewalt gegen Polizisten ereignen sich im täglichen Dienst, etwa bei einer Festnahme, einer Identitätsfeststellung oder während des Einschreitens bei Auseinandersetzungen“, so Polizeihauptmeister Philipp Hümmer.
Angreifer stehen oft unter Alkohol- oder Drogeneinfluss
Die Attacken beginnen im Alltäglichen, berichtet BRK-Sachgebietsleiter Greiner. Aussagen wie „Wo bleibt Ihr denn?“ sorgten bei den Rettungsdienstmitarbeitern für Druck und seien die Vorstufe zu Beleidigungen wie „Ihr Idioten“. Dass man den Vogel gezeigt bekomme oder angespuckt werde, passiere ebenfalls immer wieder. Zu tätlichen Angriffen wie Fausthieben oder Tritten käme es gelegentlich; zu gravierenderen Verletzungen – etwa, wenn eine Rettungskraft mit dem Messer bedroht wird – seltener. Selbst Extremfälle, bei denen große Schwerter oder gar eine Schusswaffe im Spiel waren, sind Greiner bekannt.
Auch auf Polizisten in Unterfranken gab es in den vergangenen Jahren immer wieder schwerwiegende Angriffe. So zum Beispiel, als ein Mann eine Streife, die wegen Ruhestörung zu ihm gerufen worden war, mit einem Kurzschwert angriff – oder als ein Mann bei einer Verkehrskontrolle wieder anfuhr und zwei Polizisten, die sich in sein Auto gebeugt hatten, meterweit mitschleifte und schwer verletzte. Bei den meisten Tatverdächtigen in Zusammenhang mit Gewalt gegen Polizeibeamte handelt es sich laut Pressestelle der Polizei Unterfranken um männliche Erwachsene über 21 Jahre. „Bei einem Großteil der Angriffe stand der Beschuldigte unter Alkoholeinfluss“, so Polizeioberkommissarin Kathrin Thamm. 2016 wurden 642 Fälle von Gewalt gegen Polizeibeamte gezählt, „statistisch gesehen ereignen sich im Bereich des Polizeipräsidiums Unterfranken also täglich durchschnittlich 1,8 solcher Fälle“, so Thamm.
Eine Umfrage ergab, dass auch mindestens die Hälfte der Patienten, die Rettungskräfte tätlich angreifen, unter Alkohol- oder Drogeneinfluss stand. Genaue Zahlen zu den Attacken auf Rettungskräfte liegen allerdings nicht vor, da die meisten Angriffe nicht angezeigt werden.
Fachjargon mit Kollegen vermeiden
Aggressivität habe es schon immer gegeben, die Vorfälle seien früher aber seltener gewesen, sagt Greiner. Inzwischen hat der Gesetzgeber reagiert: Angriffe auf Rettungskräfte, Feuerwehr und Polizei können seit 2017 mit härteren Strafen geahndet werden. Ein tätlicher Angriff nach Paragraf 114 StGB wird nun schon bei einfachen „Diensthandlungen“ wie einer Streifenfahrt mit einer Freiheitsstrafe zwischen drei Monaten und fünf Jahren bestraft. Bisher drohte Angreifern dies nur bei „Vollstreckungshandlungen“ wie einer Festnahme. Rettungskräfte und Feuerwehrleute werden durch die neue Gesetzgebung Polizisten gleichgestellt.
„Die Unterfränkische Polizei nimmt regelmäßig an Einsatztrainings teil, bei denen auch auf Gewalt gegen Polizeibeamte vorbereitet wird“, so Thamm. Bereits in der Ausbildung werde man außerdem auf Einsätze mit aggressiven oder betrunkenen Personen vorbereitet.
Beim BRK versucht man unter anderem durch Deeskalationstrainings für die Mitarbeiter für gefährliche Situationen gerüstet zu sein. Auch die Gesprächsführung mit Patienten und Angehörigen spielt eine Rolle: So soll zum Beispiel eine einfache Sprache verwendet und nicht mit den Kollegen im Fachjargon an der betroffenen Person vorbei geredet werden, heißt es in einem Leitfaden der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) zum Thema.
Im interkulturellen Kontext sollte man zudem auf vermeintlich alltägliche Handlungen achten, die missverstanden werden könnten – wie etwa Handzeichen, die in verschiedenen Ländern Unterschiedliches bedeuten. Seit etwa zwei Jahren gibt es beim BRK außerdem Schulungen, in denen Strategien vermittelt werden, wie man sich bei „lebensgefährdenden Einsatzlagen“ verhält. Dazu zählt ein Terrorangriff ebenso wie ein Gefahrgut-Unfall.
Freude, anderen aktiv zu helfen
Defensiv bleiben, lautet die Devise für Rettungsdienstmitarbeiter. Bei einer Disko-Schlägerei etwa könne es schon zu Problemen mit Einzelnen führen, wenn man jemanden von der „gegnerischen Seite“ behandle. „Oft laden wir den Patienten ein, fahren 200 Meter weiter und behandeln dann“, so Greiner. Falls sich jemand wehrt, mitzukommen, zwingen ihn die Rettungskräfte nicht dazu, es sei denn, er gefährdet dadurch sich oder andere. „Wir sind keine Vollzugsbeamten“, stellt Greiner klar. „Wir helfen Verletzen und Kranken.“
Falls der Rettungsdienst vom Patienten oder Angehörigen selbst gerufen wird, kommt es selten zu Aggressionen, berichtet Greiner. Unverständnis für die Situation käme aber auch in solchen Fällen vor – etwa, wenn ein Kind einen Fieberkrampf hat, und die Eltern möchten, dass es sofort ins Krankenhaus gebracht wird.
Man müsse Aggression im Berufsalltag sehr ernst nehmen, das Thema sei aber nicht alltagsbestimmend, so Greiners Fazit. „Es nimmt nicht die Freude an einem Job, bei dem man aktiv anderen helfen kann.“
Jens-Uwe Greiner,
Sachgebietsleiter, BRK Würzburg
Und das ist der, dass eine Einsatzfahrt von einem Rettungsdienst nur dann bezahlt und finanziert wird, wenn der Rettungsdienst auch mit einer zur versorgenden Person zurück kommt.
Und in unserer hysterisch angestachelten Zeit wird ja jeder, der einen normalen Rausch ausschläft sofort an Polizei und Rettungsdienst verpetzt. Die machen dann, um sich nicht der unterlassenen Hilfeleistung schuldig zu machen und auf Nummer sicher zu gehen, einen riesen Aufstand.
Der in seinem Schlaf gestörte möchte selbigen aber lieber fortsetzten, bzw. ist nach dem Wecken wieder soweit fit, dass er nach Hause gehen kann, Und da kommt dann der Moment, wo es aggressiv werden kann.
Der Rettungsdienst möchte nicht mit leeren Händen abrücken, weil ihm ja die Kohle durch die Lappen geht und greift etwas fester zu, um das vermeintiche Opfer in den Krankenwagen zu zerren und schon Krachts...