Ausgerechnet in diesem Jahr, in dem die Gemeinde die Auszeichnung als Fairtrade-Town erhalten hat, stand der Rottendorfer Weltladen auf der Kippe. Die Schwierigkeiten waren durch eine Änderung im Umsatzsteuerrecht entstanden: Damit war klar, dass der Weltladen das Dach der katholischen Kirchengemeinde verlassen musste. Dass die Ehrenamtlichen arbeiten, der Staat Steuern kassiert und so der Erlös für die Produzenten in den ärmeren Ländern sinkt, war keine Alternative. Als Ausweg blieb die Gründung eines eigenständigen Vereins: Seit Jahresbeginn betreibt der Weltladen Rottendorf e.V. den Geschäftsraum in der Ortsmitte.
Der Weg dorthin war jedoch schwieriger als gedacht. "Es war happig, wir sind total erleichtert, dass wir es geschafft haben", erzählt der Vorsitzende Volker Hauck. Von dem etwa 20-köpfigen Verkaufsteam hatten viele kein Interesse an einem Verein mit seiner festen Struktur, mit Mitgliederversammlungen, Geschäfts- und Kassenberichten. Bei der Gründungsversammlung im Oktober 2020 kamen schließlich zwölf Gründungsmitglieder zusammen. Es fand sich ein Vierer-Vorstand, weniger lässt das Vereinsrecht nicht zu: Hauck, der zuvor schon Verkaufsdienste übernommen hatte, fand mit Josef Pohly, der der Fair-Trade-Steuerungsgruppe der Gemeinde angehört, rasch einen Mitstreiter. Auch Franz Schmitt als Kassier und Andrea Brohm als Schriftführerin übernehmen Verantwortung.
Eingetragen ins Vereinsregister
Bei der Eintragung ins Vereinsregister am Amtsgericht zeigte sich, dass noch kurz vor Jahresende die Mustersatzung abgeändert werden musste. Da größere Treffen coronabedingt untersagt waren, wurde die Satzung online verschickt und per Unterschrift bestätigt. So gelang es, die Mindestzahl von sieben zusammenzubekommen. Der Aufwand hat sich gelohnt: Noch am 29. Dezember hat das Finanzamt die Gemeinnützigkeit bestätigt. Der Verein kann damit nun auch Spendenquittungen ausstellen und Vereine sind bis zu einem Umsatz von 50 000 Euro von der Steuer befreit. Der komplette Erlös des Weltladens geht damit weiterhin an Kleinbauern und Handwerker, um die Ursachen von Hunger, Armut und Unterentwicklung in der Welt abzubauen. "Die Weltläden sind ein Dorn im Auge des kapitalistischen Systems", fasst Josef Pohly den Grundgedanken des fairen Handels in Worte.
Den Verkauf fair gehandelter Waren hatte der Familienkreise der KAB vor 30 Jahren nach dem Gottesdienst begonnen. Später ging es mit festen Öffnungszeiten im Marienheim weiter. Mit dem Bau des Pfarrzentrums am Kirchplatz konnte der "Eine-Welt-Laden" 2007 den zentral in der Ortsmitte gelegenen Verkaufsraum beziehen. Mit der Lösung aus dem Schoß der Kirche hat nun ein neues Kapitel begonnen: Ein großes Plakat an der Wand lädt nun schon von weitem in den Laden ein. Die Werbung wurde mit Hilfe professioneller Unterstützung aus dem Ort auf Vordermann gebracht. Ein neues Flugblatt und eine stets aktuelle Netz-Seite informieren über die Arbeit.
Inzwischen 54 Mitstreiter
Mit Aktionen wie dem Verschenken fair gehandelter Rosen eines örtlichen Blumenladens am Frauen- und am Muttertag, Berichten im Mitteilungsblatt oder einem Stand auf dem Bauernmarkt wirbt der Verein aktiv um Mitglieder. Allein bei der Aktion Tapetenwechsel auf dem Bauernmarkt ist es gelungen, acht neue zu gewinnen. Der Verein ist inzwischen auf 54 Mitstreiter angewachsen. Trotz Corona. Oder wegen Corona? "Gerade die Länder, die wir unterstützen, leiden besonders unter der Krise", erzählt Hauck. Das sei natürlich bekannt und viele wollten helfen.
Der Laden musste zwar auch im März und April 2020 für insgesamt sechs Wochen schließen. Da er nur Lebensmittel verkauft, konnte er aber den vergangenen Herbst und Winter geöffnet bleiben und war damit eine verlässliche Stütze für die Partner des Ladens. Es gibt eine ganze Reihe von Ideen, um das Angebot noch attraktiver zu gestalten: von der Kaffee- und Teeverkostung, über Bildungsangebote bis zu saisonalen Angeboten. Fairer Handel hat vieles zu bieten, von der fair gepackten Schultüte über Grillzutaten bis zum Advents-Schmankerl.