zurück
WÜRZBURG
Acht neue Missbrauchsvorwürfe innerhalb eines Jahres
Christine Jeske
 |  aktualisiert: 27.04.2023 03:36 Uhr

Vor zwei Wochen wurde bekannt, dass Professor Klaus Laubenthal nicht mehr der externe Missbrauchsbeauftragte der Diözese Würzburg sein möchte. Auf den Tag genau sieben Jahre – bis zum 18. März, nahm er diese Aufgabe wahr. „Diesen Jahrestag habe ich zum Anlass genommen, meine Aufgabe abzugeben“, informierte Laubenthal.

Am Montag übermittelte der Inhaber des Lehrstuhls für Kriminologie und Strafrecht an der Uni Würzburg seine letzte Jahresbilanz an Bischof Hofmann und Generalvikar Thomas Keßler. Im Zeitraum vom 11. März 2016 bis 18. März 2017 wurden acht Vorwürfe wegen sexualbezogener Missbrauchshandlungen und Grenzüberschreitungen unterhalb der Schwelle der Strafbarkeit übermittelt, teilte die Pressestelle des Bistums mit. Sie richten sich gegen zwei Priester, zwei männliche und eine weibliche Ordensangehörige sowie einen kirchlichen Mitarbeiter.

Allein drei der acht Vorwürfe beziehen sich den Angaben zufolge auf einen Priester des Bistums Würzburg. Auf Nachfrage sagt Professor Laubenthal, dass es sich um Ex-Priester W. handelt. Er wurde bereits 2015 auf Veranlassung des Papstes aus dem Klerikerstand entlassen.

Eine Falschbeschuldigung

Unter den neuen Vorwürfen befindet sich eine Falschbeschuldigung. Laut Professor Laubenthal handelt es sich nicht um den „Fall Alexandra W.“, der an Ostern 2016 durch eine Veröffentlichung im Magazin „Der Spiegel“ der Öffentlichkeit bekannt geworden war. Diese Anschuldigung der sexuellen Nötigung gegen einen Priester sei einige Jahre früher eingegangen und würde deshalb in seiner Sieben-Jahres-Bilanz auftauchen – unter den relevanten Vorwürfen.

Insgesamt hat Professor Laubenthal in den vergangenen sieben Jahren 107 Vorwürfe entgegengenommen – und bei seinen jeweiligen Plausibilitätsprüfungen drei Falschbeschuldigungen festgestellt.

Zum Vergleich: Sein Vorgänger hat von 2002 bis 2010 insgesamt 20 Missbrauchsvorwürfe bearbeitet (Aussage von Bistumssprecher Bernhard Schweßinger im März 2016).

Die Zahl der Menschen, die sich nach Bekanntwerden der vielen Missbrauchsvorwürfe am Berliner Canisius-Kolleg im Jahr 2010 an den Würzburger Missbrauchsbeauftragten gewandt haben, ist also enorm gestiegen. Mit dazu beigetragen haben dürfte die deutschlandweite Diskussion über den Umgang der katholischen Kirche mit Missbrauchsvorwürfen und der Kritik an der Aufarbeitung. In der Folge wurden ab 2010 externe Ansprechpartner ernannt – wie Professor Laubenthal.

107 Vorwürfe in sieben Jahren bearbeitet

Insgesamt stellten von den 107 Personen, die ihm ihre Vorwürfe vorgetragen haben, nur 27 einen Antrag auf eine finanzielle Leistung „in Anerkennung des Leids“. Ein Grund sei, so Laubenthal, dass dazu ein mehrseitiger Antrag ausgefüllt werden muss. Das sei eine große Hürde. Viele seien damit überfordert.

Das Bistum Würzburg zahlte bislang 17 Antragstellern 82 000 Euro, die den Angaben zufolge „nicht aus Kirchensteuermitteln entnommen wurden“. Allein 19 000 Euro waren es für die Betroffenen von Ex-Pfarrer W., so Laubenthal.

Ansprechpartnerin Dr. Claudia Gehring

Aktuell gibt es im Bistum nur eine Ansprechpartnerin für Opfer sexuellen Missbrauchs: die Frauenärztin Dr. Claudia Gehring.

Kontakt: Dr. Claudia Gehring, persönlich/vertraulich, Ochsenfurter Str. 12

97246 Eibelstadt Info im Internet: www.hilfe.bistum-wuerzburg.de

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Würzburg
Christine Jeske
Bistum Würzburg
Jahresbilanz
Katholische Kirche
Missbrauchsvorwürfe
Thomas Keßler
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top
  • J. F.
    Regress??? Es wäre interessant zu wissen, ob z.B. Herr W., ehemals katholischer Priester, vom Bistum Würzburg für die Schadenszahlungen in Regress genommen wird. Die Kürzung seiner Bezüge um 20% erscheint mir als ein recht mildes Instrument - der Fortfall aller Geld- und Sachbezüge und ein Regress erscheint mir persönlich angemessener.
    Die kryptische Angabe, dass die 82 000 Euro, „nicht aus Kirchensteuermitteln entnommen wurden“ ist in meiner Augen typisch "katholisch". Wie wäre es denn mit Roß und Reiter? Edle Spender? Gesamtheit der (auch nicht katholischen) Steuerzahler? Portokasse des Bischofs???
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten