„Das Buch ankert nicht bei Bier und Bratwurst in Franken“, stellt Autor Achim Fischer klar. Fischer, der in den 1990er Jahren die Volkshochschule in Ochsenfurt geleitet hat, bedient mit seinem Erstlingswerk nicht den Markt der klassischen Heimatbücher. Zwar haben die vier in den 1990er Jahren angesiedelten Geschichten einen regionalen Bezug, beginnen oder spielen zur Gänze in Ochsenfurt, doch steht die Stadt nicht im Fokus des Ganzen.
Fischer schreibt schon seit vielen Jahren. Die nun veröffentlichten Geschichten und sogar noch ein paar mehr lagen lange Zeit fertig in der Schublade. Die Versuche, sie einem Verlag schmackhaft zu machen, fand Fischer ermüdend. Er verlor die Lust am Klinkenputzen. „Anfang dieses Jahres dachte ich dann aber: Die Geschichten sollten doch ans Licht der Welt“, sagt der 70-Jährige.
In der Ochsenfurter Buchhandlung am Turm erkundigte er sich, wie man als Autor selbst ein Buch herausbringen könne. Bei dieser Gelegenheit erfuhr er, dass gerade ein Verlag aus Berlin in die Ochsenfurter Altstadt gezogen war: der Verlag Kulturmaschinen. „Klingel doch einfach mal, die sind nett“, riet man ihm in der Buchhandlung.
Achim Fischer klingelte. Er fand heraus, dass Simone Barrientos und Leander Sukov nicht nur nett sind, sondern auch Interesse an seinem Werk zeigten. „Nach einer Stunde waren wir uns einig“, erzählt der Autor. Vor Kurzem ist nun „der Ochsenfurter Novellen erster Band“ erschienen. Achim Fischer hat in der Kemenate, einem zum Verlag gehörenden Veranstaltungsraum, schon daraus vorgelesen. „Weiche Hände“ und „Benefiz“ hatte er ausgewählt.
„Benefiz“ ist eine Geschichte, die in der Ochsenfurter Stadtbibliothek spielt. „Weiche Hände“ führt den Ich-Erzähler in die Normandie zu Präsident George Bush. Auch die titelgebende Figur der Gans schickt Fischer auf eine Reise: Mit dem Zug soll das Tier nach München gebracht werden, um dort bestimmungsgemäß seine Existenz auf Erden als Weihnachtsbraten zu beenden. Doch der Vogel wird in den falschen Zug gesetzt und landet in Hamburg.
Seine Sprache im Buch sei geformt, sagt Achim Fischer, mit einem kleinen Anspruch. Das ist sie in der Tat, und sie eignet sich gut zur Übermittlung des feinen Humors, der Fischers Erzählungen begleitet. Wie sich der Erzähler in den Fallstricken der Paartherapie verfängt, ist ein vergnügliches Leseerlebnis. Bedrückend hingegen wirkt die Schilderung einer Veranstaltung in der Volkshochschule, bei der der Erzähler in qualvolle Isolation gerät.
Warum Ochsenfurt? Warum hat Achim Fischer als Basis für seine Geschichten nicht Potsdam oder München gewählt, wo er aufgewachsen ist? Warum nicht Bochum oder Berlin, wo er Pädagogik, Politologie und Publizistik studierte? „Weil mir Ochsenfurt gefällt“, sagt Fischer schlicht. „Von Anfang an traf ich hier auf äußerst nette Menschen.“ Nach dem Ende seiner Berufstätigkeit blieb er in Ochsenfurt wohnen. Hier hat der gebürtige Posener und Wahlfranke viele Freunde, hier durchstreift er zu Fuß die Natur und findet sich sonntags zum Skatspielen im Kino Casablanca ein.
„Früher waren mir Kleinstädte sehr suspekt“, gesteht er. „Weil jeder alles von einem mitbekommt.“ Heute findet Fischer das positiv. „Da lernen die Leute einen kennen.“ Im kleinen Ochsenfurt erledigt er Dinge in wenigen Minuten, für die er in München oder Berlin glatt einen halben Tag aufwenden musste. Kein Wunder, dass Achim Fischer und der Verlag Kulturmaschinen zueinander gefunden haben. Auch Simone Barrientos und Leander Sukov waren des Großstadtlebens müde gewesen. Ochsenfurt, so scheint es fast, lässt die Kreativität erblühen.
„Die Gans“ von Achim Fischer ist beim Verlag Kulturmaschinen erschienen, hat die ISBN-Nr. 978-3-943977-57-8 und ist erhältlich in der Ochsenfurter Buchhandlung am Turm sowie allen anderen Buchhandlungen.