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WÜRZBURG
Abwasserkosten müssen geklärt werden
Ernst Jerg
Ernst Jerg
 |  aktualisiert: 17.10.2017 11:41 Uhr

Die Würzburger Kläranlage wird weiter saniert. Derzeit entstehen auf dem Gelände an der Mainaustraße zwei riesige Faultürme, ein neues Verwaltungs- und Sozialgebäude, eine Lagerhalle und ein Biogas-Kraftwerk für runde 20 Millionen Euro. Und wer bezahlt das? Etwa die Gebührenzahler, wie jüngst der Rottendorfer Bürgermeister Roland Schmitt bei einer Bürgerversammlung erklärte.

„Nein“, sagt der Würzburger Stadtsprecher Christian Weiß. „Die Gebührenzahler müssen das derzeit noch nicht über ihre Gebührenbescheide tragen.“ Die Investition für die Kläranlage wird erst einfließen, wenn die Baumaßnahmen fertig und abgerechnet sind. In Würzburg sollen die Gebühren dennoch in absehbarer Zeit nicht steigen.

Der stellvertretende Leiter der Würzburger Entwässerungsbetriebe Jörg Roth konkretisiert diese Angaben. Die Investitionen für die Kläranlagen-Technik werden über 15 Jahre hinweg abgeschrieben, der Baukörper gar über 40 Jahre. Und von den Kosten trifft zehn Landkreisgemeinden über den langen Zeitraum hinweg ein bestimmter Anteil, etwa 25 Prozent. Die Belastung aus der Investition für die Kläranlage für den einzelnen Gemeindebürger über die Gebühren ist also wegen der langen Abschreibung eher gering.

Warum Landkreisgemeinden überhaupt in die Problematik eingebunden sind, erklärt sich aus einer neuen Zweckvereinbarung, die am 4. Mai 2014 nach langer Vorbereitungszeit neu unterzeichnet worden ist.

Zehn Gemeinden leiten ihre Abwässer in die Würzburger Kläranlage seit 1965 ein. Sie haben den Abwasserzweckverband Großraum Würzburg gegründet. Für die Orte gilt die neue Vereinbarung: Rimpar, Kürnach, Estenfeld, Höchberg, Randersacker, Gerbrunn, Theilheim, Rottendorf, Eibelstadt, und Reichenberg rechnen nach der Abwassermenge und vor allem nach dem Verschmutzungsgrad des Wassers mit Würzburg ab. Vorher war der Abrechnungsschlüssel das verbrauchte Frischwasser.

Doch ganz so einfach, wie das die Zweckvereinbarung vorsieht, ist das nicht, wird in einem Gespräch mit dem Geschäftsführer des Abwasserzweckverbandes Großraum Würzburg, Walter Höfling, deutlich. Denn die Stadt rechnet zwar nach dem neuen System ab, aber nicht der Zweckverband mit den Gemeinden als Solidargemeinschaft. Dort ist der bisher beste Schlüssel dafür immer noch das verbrauchte Frischwasser.

Das Problem: Nicht in jeder der teilnehmenden Kommunen gibt es eine eigene Messstation. Denn die sind teuer. Etwa 400 000 Euro kostet so eine Einrichtung. Daher schloss man sich zusammen. So ist eine Übergabestation für Abwasser und Schmutzfracht in Estenfeld, Kürnach hängt aber hinten dran. Also wie abrechnen, welcher Verschmutzungsgrad aus Kürnach und welcher von Estenfeld kommt?

Nächstes Beispiel ist die Randersackerer Gruppe: Darin sind vereint mit nur einer Übergabestation eben Randersacker, Eibelstadt, Theilheim, Gerbrunn und Rottendorf.

Die erste Abrechnung nach neuem System für 2014 kam nun von der Stadt. Der Zweckverband muss die Kosten von 2,78 Millionen Euro umlegen. Im Verhältnis zu 2013, das noch nach der alten Regelung abgerechnet wurde, ist das eine Steigerung um 53 Prozent, resultierend aus dem neuen Abrechnungsmodus. Eines ist klar: mit der neuen Zweckvereinbarung wird der Aufwand der Stadt als Kläranlagenbetreiberin stärker auf die Gemeinden umgelegt. Und die sind zur Kostendeckung über die Gebühren verpflichtet.

Die Gemeinde Zell ist ebenfalls in Würzburg seit dem Jahr 1998 angeschlossen. Sie ist allerdings nicht Mitglied im Abwasserzweckverband, sondern hat vom Würzburger Kuchen einen Anteil in Höhe von 1,25 Prozent abgetreten bekommen. Und in Höhe dieses Prozentsatzes kommen auch die Kläranlagen-Investitionen auf die Gemeinde zu, als Investitionszuschuss. In Zell wird laut dem geschäftsführenden Beamten Christian Öder gerade über eine Anpassung der Verträge verhandelt. Es geht dabei auch um die Umstellung im Vertragswerk auf Schmutzwassergrad und Abwassermenge.

Öder sieht das gelassen. „Wir wollten das Vertragswerk anpassen, wenn eine Umstellung auf die Schmutzfracht des Wassers und auf die Menge kommt. Das macht künftig jeweils die Hälfte aus.“ Öder sieht da keine so ganz großen Probleme für Zell. „Wir haben eine Kanal–Kontrolle gemacht und festgestellt, dass die in einem ganz guten Zustand sind.“ Eine Messstation für die Abwässer wird demnächst an der Pumpstation gebaut.

Investition für mehr Umweltfreundlichkeit

Die 22 Meter hohen Faultürme sparen mit ihrer neuen Technik pro Jahr 1,43 Millionen Euro ein. Das geht einher mit wesentlich weniger Lasterfahrten durch Würzburg, denn die neuen Türme fassen mehr Klärschlamm, der nicht mehr täglich entsorgt werden muss. Und durch neue Techniken bleibt weniger Schlamm übrig. Von den 26 000 Tonnen Klärschlamm pro Jahr bisher, müssen künftig 21 500 Tonnen entsorgt werden. Was bisher durch die Faulung als Gas in der Würzburger Luft verpuffte, treibt künftig ein Biogas-Kraftwerk an und erzeugt Wärme und Strom. 5370 Tonnen CO2 werden so im Würzburger Luftraum eingespart, hatte Jörg Roth, stellvertretender Chef der Entwässerungsbetriebe bei einem Termin auf der Baustelle vorgerechnet.

Neues Würzburger Wahrzeichen: Die Faultürme an der Kläranlage sollen bis 2017 fertig gebaut sein.
Foto: Entwässerungsbetrieb | Neues Würzburger Wahrzeichen: Die Faultürme an der Kläranlage sollen bis 2017 fertig gebaut sein.
Mega-Baustelle: Die Kläranlage in der Mainaustraße in Würzburg wird für etwa 20 Millionen Euro auf neueste Umwelt-Technik umgerüstet. Hier leiten auch elf Landkreisgemeinden ihre Abwässer ein.
Foto: Theresa Müller | Mega-Baustelle: Die Kläranlage in der Mainaustraße in Würzburg wird für etwa 20 Millionen Euro auf neueste Umwelt-Technik umgerüstet. Hier leiten auch elf Landkreisgemeinden ihre Abwässer ein.
 
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