
Unübersichtliche Kreuzungen, links abbiegen, die Spur halten – das bereite vielen älteren Autofahrerinnen und Autofahrern Probleme, sagt Ralf Steinbacher. Der Regionalvorsitzende des Landesverbandes bayerischer Fahrlehrer für die Region Würzburg und Main-Spessart führt im Auftrag des ADAC regelmäßig Fahr-Fitness-Checks bei Senioren durch. Seine Erfahrung: Wer an diesen Checks teilnimmt, ist meist fit. Unsichere Fahrer würden sich nicht trauen, sagt Steinbacher.
Bislang sind solche Check-Ups freiwillig. Geht es nach der EU, dann sollen über 70-Jährige alle fünf Jahre ihre Fahrtauglichkeit nachweisen. Auch die Verkehrswacht stuft diese Personengruppe im Straßenverkehr als "besonders gefährdet" ein. Doch was denken ältere Menschen über den Führerschein-TÜV? Das sagen zwei Würzburger Seniorinnen.
Gertrud Roehl, 85 Jahre: Gerade hat sie ihren Führerschein abgeben - freiwillig

"Ich habe schon immer gewusst, dass ich meinen Führerschein abgebe, in diesem April war ich bereit", sagt Gertrud Roehl. Sie fühlt sich körperlich und geistig noch fit, will aber kein Risiko mehr eingehen: "Ich habe grauen Star und je älter man wird, umso schlechter wird das Augenlicht. Das kann ich anderen nicht mehr zumuten." Wenn das Sehvermögen nachlasse, bemerke man als ältere Fahrerinnen und oder älterer Fahrer nicht mehr, ob ein Auto von der Seite kommt. Auch das Reaktionsverhalten lasse nach, sagt die 85-Jährige.
Ohne Auto durch den Alltag - damit hat sich Roehl, die 45 Jahre lang täglich Auto gefahren ist, arrangiert. "Supermärkte, Ärzte, alles ist um mich herum, da kann ich hinlaufen." Sie habe zuvor auf dem Hexenbruch in Höchberg gewohnt. Weil es dort keinen Lebensmittelladen mehr gibt, sei sie in die Innenstadt gezogen, um länger selbstständig zu sein – auch ohne Führerschein.
Kein Auto mehr zu haben, das bringe auch Vorteile: "Ich habe trotz Anwohnerparkausweise eine halbe Stunde nach einem Parkplatz in der Stadt gesucht. Das war eine Katastrophe. Dann rückwärts einparken, da muss die Parklücke stimmen. Ich habe zweimal Spiegel beschädigt, die musste ich dann bezahlen." Für sie sei das ein Signal gewesen, dass es schwieriger wird.
Sie kenne Ältere, die auf das Auto angewiesen sind und die Führerscheinabgabe so lange wie möglich hinauszögern. Dass darunter manche sind, die gesundheitlich kein Auto mehr fahren sollten, dafür hat Roehl kein Verständnis. "Da bleibt nur, die Fahrtauglichkeit über einen Gesundheitscheck zu kontrollieren. Die Mobilität alter Leute sollte aber aufrechterhalten werden."
Gabriele Schraut-Götz, 90 Jahre: Sie behält den Führerschein für ihre Selbstständigkeit

Auf ihren Führerschein könne sie nicht verzichten, sagt Gabriele Schraut-Götz: "Er ist für mich Teil der Unabhängigkeit und Selbstständigkeit, die ich im hohen Alter noch habe. Ich brauche ihn. Ich wohne so, dass ich zu Fuß meine täglichen Besorgungen nicht ohne Auto erledigen kann." Um zur Bushaltestelle zu gelangen, müsse sie einen Berg hochlaufen. Mit Einkaufstaschen sei das zu anstrengend. Ihr Fahrverhalten habe sie an ihre Fähigkeiten angepasst: "Ich fahre keine weiten Strecken mehr." Auch auf Fahrten im Dunkeln verzichte sie.
Ob sie Angst hat, den richtigen Zeitpunkt zur Führerscheinabgabe zu verpassen? "Ich weiß mit Sicherheit, wann ich nicht mehr in der Lage sein werde, selbstständig Auto zu fahren", sagt die 90-Jährige. "Und zwar dann, wenn meine kognitiven Fähigkeiten nachlassen." Warnsignale seien für sie, wenn sie andere Verkehrsteilnehmende nicht mehr wahrnehmen würde oder Probleme mit den Augen bekäme.
Ohne Führerschein ginge für sie "ein ganz gewaltiges Stück Lebensqualität verloren". Aber, sagt die Seniorin: "Wenn ich den Führerschein abgeben muss, dann ist das so."
Wie schnell ein Unfall passieren kann, habe sie bei einem 91-jährigen Freund gesehen. "Er kannte die Strecke sehr gut, 20 Kilometer vor seinem Ziel war eine Baustelle und da ist er mit einem anderen Auto zusammen gerauscht." Der Freund sei bewusstlos ins Krankenhaus gebracht worden – "und ist nicht mehr aufgewacht". Nur zwei Tage vorher habe sie ihn noch gefragt, ob er die Strecke zu seinem Ferienhaus wirklich wieder an einem Stück fahren wolle, berichtet die Würzburgerin.
Einen Führerschein-TÜV, wie ihn die EU-Kommission vorschlägt, findet die 90-Jährige sinnvoll. "Ältere finden die Pläne oft diskriminierend, aber es ist wichtig, sachlich und nüchtern die Angelegenheit zu betrachten. Die Statistik sagt ja, dass prozentual mehr Unfälle von Senioren verursacht werden."
Fahrlehrer Ralf Steinbacher: Fahrroutine ist wichtiger als ein verpflichtender Test
Auch Fahrlehrer Ralf Steinbacher verweist auf Zahlen des Statistischen Bundesamtes: "Fahrer ab 75 Jahren tragen bei drei von vier Unfällen, an denen sie beteiligt sind, die Hauptschuld." Aber, sagt Steinbacher: Gerade im ländlichen Raum sei Mobilität "ein sehr hohes Gut".
Er sieht einen Führerschein-TÜV vor allem aus einem Grund kritisch: Bei einer standardisierten Testfahrt müssten alle Straßen-Typen abgefahren werden. "Wir würden nicht nur in der Stadt fahren, sondern auch auf der Autobahn und der Landstraße. Selbst dann, wenn jemand dort gar nicht mehr fährt." Viele Senioren veränderten ihr Fahrverhalten von sich aus und würden Ecken, die sie verunsicherten, meiden, so Steinbacher. Besser als verpflichtende Test sei der Erhalt der Fahrroutine, durch Training ließen sich Unsicherheiten reduzieren.
Wenn Menschen merken, dass sie nicht mehr so fit sind, wie früher, schränken sie sich meist selbst ein. Sie meiden dann z.B. den Berliner Ring lieber wie die Pest.
Doch dass jemand, der nur weil er alt ist, nicht mehr Auto fahren kann, wage ich zu bezweifeln!
Denn manchen Menschen hätte man schon im Alter von 18 Jahren keinen Führerschein aushändigen dürfen. Doch dann gibt es auch die Leute, die in ihrem Leben Millionen Kilometer abgerissen haben, und so sicher fahren, wie es vielleicht selbst der Fahrlehrer nicht hinbekommt. Denen soll man jetzt nur aufgrund des Kriteriums "Alter" den Führerschein wegnehmen? Mein Vater hat, bis kurz vor seinem Tod mit 84 Jahren, noch ein Boot rückwärts, auf den Millimeter genau, in eine verwinkelte Einfahrt rückwärts reinbugsiert. Und ich rede da wirklich von Millimetern!
Das ist Erfahrung, und Training des Gehirns. Das antrainierte Abläufe.
Deshalb mal ein paar Klarstellungen vom "Fachmann":
Es ist doch gar nicht beabsichtigt, daß Senioren eine Führerscheinprüfung machen sollen und bei Nichtbestehen die Fahrerlaubnis verlieren.
Sondern ein erster Schritt wäre, daß (z.B. ab 70, dann alle 5 Jahre) eine ärztliche Untersuchung vorgeschrieben wäre, die man der Behörde gegenüber nachweist. Kurzer Seh- und Hörtest, Reaktionstest und allgemeiner Gesundheitszustand reicht.
Es müßte nicht einmal das Ergebnis an die Behörde weitergeleitet werden! Also völlig angstfrei das ganze.
Sondern allein die Tatsache, daß man zum Test muß, stößt die Betroffenen mit der Nase darauf, daß sie über ihre Eignung nachdenken und ggf. freiwillig aufhören zu fahren.
Falls dann ständig (Klein-)Unfälle etc. vorfallen, kann man immer noch einen CheckUp anordnen, diesmal beim Amtsarzt
Naja sie hat ihr Leben gelebt und hoffentlicht genossen. Nach ihr also die Sintflut.
"Von 94-jährigem Autofahrer übersehen: Radfahrerin nach Zusammenprall bei Zeil schwer verletzt"
https://www.mainpost.de/regional/hassberge/von-94-jaehrigem-autofahrer-uebersehen-radfahrerin-nach-sturz-bei-zeil-schwer-verletzt-art-11152459
Noch Fragen?
PS: ist es nicht auch Altersdiskriminierung wenn man Jugendlichen den Schein erst ab 18 zugesteht? Die körperliche und geistige Eignung muss doch absolut im Vordergrund stehen. Bei Busfahrern und Piloten ist das doch auch völlig logisch.
Wenn überhaupt, dann müsste die Fahrtauglichkeit in allen Altersklassen alle fünf Jahre nachgewiesen werden und das wäre eine richtige Gelddruckmaschine, denn dies gibt es nicht über die Krankenkasse.
Rasen ist viel gefährlicher und gefährdet andere Verkehrsteilnehmer viel mehr als schleichende Rentner.
Wie viele fahren denn ganz ohne Fahrerlaubnis und wie oft müssen die dabei erwischt werden, dass dies unterbunden werden kann?
So etwas bekommt die EU sicher einheitlich hin, wenn es aber um andere Themen geht die den Ländern Geld kosten oder gegen ihre Interessen sind (Flüchtlingsverteilung, Länderfinanzausgleich, etc.) kommt gar nix bei rum.
Wir sind hier von Regeln und Gesetzen überzogen die oft gar nicht kontrolliert werden können und die Mitte der Gesellschaft wird zur Kasse gebeten, das ist nicht mehr schön.
Zitat: "Fahrer ab 75 Jahren tragen bei drei von vier Unfällen, an denen sie beteiligt sind, die Hauptschuld."
Hauptschuld besagt, dass es noch eine Mitschuld geben muss, der Senior also nicht allein den Unfall verursacht hat sonst hätte man "wurde verursacht" geschrieben. Vielleicht sollte man den Bevölkerungsanteil dieser Altersklasse in Relation zu den tatsächlich von ihnen verursachten Unfällen setzen. Es wird doch stets gejammert, dass es zu viele Rentner gäbe!
Mein Sohn hat keine Erlaubnis zum Führerschein erhalten, nicht mal den für landwirtschaftliche Fahrzeuge. Dabei hat er damals sogar noch halbwegs gut gesehen.
Bei der mangelnden Erfahrung stimme ich Ihnen zu. Wenn ich so manche jüngere durch die Gegend fahren sehe, bin ich vom Vorhandensein der kognitiven Fähigkeiten nicht so sehr überzeugt.
Alle Angaben nach Statistisches Bundesamt: „Verkehrsunfälle. Unfälle von 18- bis 24-Jährigen im Straßenverkehr 2020, 2021“.
Wie steht es da um die Abgabe des Führerscheins?
Jeden Tag im Berufsverkehr, bei Schnee und Eis, auch Nachts. 20.000 km im Jahr.
Oder ein mal die Woche vormittags zum Arzt oder zum Aldi und Sonntags ins Grüne - aber auch nur wenn`s nicht glatt ist. Vielleicht nur3.000 km im Jahr?
Was ist mit denen die zwar einen Führerschein haben aber so gut wie nie Auto fahren? Die nicht einmal eines besitzen - wo soll da die Fahrpraxis herkommen? Heutzutage soll man wann immer möglich sein Auto stehen lassen oder sogar Carsharing machen - wo soll die Fahrpraxis herkommen? Die Alten haben sie da sie täglich Auto fahren, mit dem Auto quasi alt wurden. Denen will man nun an den "Lappen" während man sich bei vielen jungen und jüngeren Fahrern fragt, ob sie die Prüfung nur bestanden haben damit der Fahrlehrer sie endlich los ist!