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WÜRZBURG
600 Tage, 600 Bilder aus Würzburg
600 Tage, 600 Bilder aus Würzburg       -  Tag 596: Wie in diesem Bild, kombiniert Boris Albert den klassischen Festungsblick oft mit weiteren Aspekten.
Foto: Boris Albert | Tag 596: Wie in diesem Bild, kombiniert Boris Albert den klassischen Festungsblick oft mit weiteren Aspekten.
Justus Neidlein
Justus Neidlein
 |  aktualisiert: 27.04.2023 02:44 Uhr

Auf einer seiner Foto-Touren durch die Würzburger Innenstadt hat Boris Albert einmal einen Geiger fotografiert. „Ich wusste, dass er öfter dort steht, also habe ich das Foto drucken lassen und ihm geschenkt“, sagt Albert. Ein Versuch sei das gewesen, sagt er. „Ich will die Bilder langsam auch in die normale Welt bringen.“ Dieser Schritt in die „normale Welt“ ist für Albert deshalb etwas Besonderes, weil er seine Bilder bisher vor allem in dem sozialen Netzwerk Instagram unter die Leute bringt.

Fotoserie


Über 4600 Menschen folgen ihm dort, wo er unter dem Namen „borisa82“ bekannt ist. Seit beinahe zwei Jahren arbeitet er auf der Bilderplattform an einem speziellen Projekt: #OneDayOnePicture – also ein Bild pro Tag. Und die meisten der Bilder entstehen in seiner Wahlheimat Würzburg.

Eigentlich sollte sein Projekt zunächst nur ein Jahr lang laufen. Vor wenigen Tagen hat er nun schon sein sechshundertstes Bild in Serie veröffentlicht. Ob es ein Ende gibt? „Mal schauen“, sagt der 34-Jährige und schließt nicht aus, auch noch die 1000 Bilder voll zu machen. Eine Auswahl der ersten 600 Bilder wird im Dezember im Würzburger Rathaus ausgestellt.

An Novembertagen ist es schwieriger ein Motiv zu finden

Boris Albert steht am Vierröhrenbrunnen. Es ist ein kühler Novembertag, an dem sich die ohnehin tief stehende Sonne scheinbar nur mühsam über die Alte Mainbrücke in die Domstraße drückt. „Heute geht es eigentlich fast“, sagt er. „An grauen Novembertagen ist es wirklich am schwierigsten, ein Motiv zu finden.“ Das sei dann fast schon Arbeit. Denn meistens flögen ihm seine Motive einfach zu. Eine Taube landet auf dem steinernen Brunnenbecken. Lachen. „Na bitte, da haben wir doch schon was.“

Albert sucht die Abwechslung auf seinen Bildern. „Gerne das wilde Leben“, wie er sagt. Zwar sei die Festung immer ein schöner Anblick aber er sucht auch die Momentaufnahmen aus dem ganz alltäglichen Stadtleben: Bauarbeiter, die in der Nacht die Straßenbahnschienen erneuern, Feierwütige, die im Morgengrauen nach Hause taumeln oder eben eine Taube am Vierröhrenbrunnen. „Zur Not setze ich mich einfach eine Weile an den Mainkai, da passiert immer etwas.“

Es fing ganz unromantisch an

Angefangen habe das Projekt „ganz unromantisch“, wie Boris Albert mit einem Lachen zugibt. „Ich fotografiere schon lange sehr gerne und habe mir damals eine neue Kamera gekauft“, erzählt er. „Da habe ich mir dann gesagt: Wenn ich jetzt schon so viel Geld ausgebe, dann soll die Ausrüstung auch genutzt werden.“ Das #OneDayOnePicture-Projekt diente als Motivation, sich jeden Tag etwas Zeit zum Fotografieren zu nehmen. Mittlerweile ist die tägliche Kreativität für den Fachinformatiker ein guter Gegenpol zur Arbeit.

„Natürlich gibt es Tage, da schaffe ich es einfach nicht, ein neues Bild zu machen – wenn ich krank bin oder wenn viel los ist.“ Da müsse er dann auch mal ein etwas älteres Bild veröffentlichen. Aber nur ausnahmsweise. „Das ist ja auch ein Tagebuch“, sagt Albert.

Das Projekt hat seinen Blick auf die Stadt und seine Umwelt verändert. „Es kommt schon vor, dass ich auf dem Heimweg mit dem Fahrrad noch mal umdrehe, wenn ich an einem guten Motiv vorbeigefahren bin“, sagt er. Seine „Community“, seine Instagram-Gefolgschaft, dankt es ihm mit teilweise weit über 600 bis 700 virtuellen Herzchen und vielen Kommentaren unter seinen Bildern. „Das motiviert natürlich.“ Boris Albert reagiert auf fast jeden Kommentar, mittlerweile auf Englisch und Deutsch. Er kann ganz gut einschätzen, welche Bilder ankommen und welche nicht.

Auch ein finanzielles Experiment

Die Ausstellung im Rathaus wird nun aber ein Experiment. Noch nie habe er so eine Ausstellung vorbereitet. „Gerade bin ich dabei, zuhause alle Bilder zu rahmen.“ Auch finanziell sei das ein Experiment. Aber der Schritt heraus aus der eigenen alltäglichen Blase sei ihm wichtig. „Das ist es ja auch, wofür Bilder da sind: Um gedruckt und an die Wand gehängt zu werden.“ Auf Instagram seien die Bilder wegen der schieren Masse reines Konsumgut, sagt Albert. Im Rathaus werden die Bilder zeigen, ob mehr in ihnen steckt.

Der Geiger jedenfalls hat sich damals sehr gefreut und hat das Foto gelobt. Das hat Boris Albert bestärkt: Der erste Test ist also geglückt.

Boris Alberts Bilder werden im Dezember im Würzburger Rathaus ausgestellt. Weitere Informationen unter: www.ready4emotion.de

 
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