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Sanderau
60 Jahre war das Haus in der Virchowstraße 10 eine Ruine
Die Fassade in der Virchowstraße 10 erinnert an die Zerstörung des Hauses am 16. März 1945. 60 Jahre lang war es eine Ruine und nur auf der unteren Ebene bewohnbar. 
Foto: Wolfgang O. Hugo | Die Fassade in der Virchowstraße 10 erinnert an die Zerstörung des Hauses am 16. März 1945. 60 Jahre lang war es eine Ruine und nur auf der unteren Ebene bewohnbar. 
Wolfgang Hugo
 |  aktualisiert: 15.03.2025 02:35 Uhr

57 Jahre lang lebte und arbeitete Wilhelm H. Ruchti in Würzburgs letzter Ruine, in der Virchowstraße 10. Nach Ruchtis Tod am 16. März 2005 wurde das Wohn- und Geschäftshaus wieder vollständig aufgebaut und erhielt eine Fassade, die daran erinnern soll, wie das Anwesen sechs Jahrzehnte lang ausgesehen hat: Eine nur teilweise und notdürftig wieder aufgebaute Ruine.

Am 16. März 1945 wurde das Haus in der Virchowstraße 10 von einer Sprengbombe getroffen und brannte, wie die Nachbarhäuser, bis auf die Grundmauern aus. 1949 machte der Besitzer Wilhelm H. Ruchti das Haus auf einer, der unteren Ebene, wieder bewohnbar und richtete darin ein Anzeigenkontor ein. 57 Jahre stand er an der Spitze der Firma, bis zu seinem Tod am 16. März 2005. Das Haus aus dem Jahre 1896 war am 24. Juni 1993 in die Liste der denkmalgeschützten Bauwerke aufgenommen worden.

Dieses Archivbild aus den 1990er Jahren zeigt noch die Kriegsruine.
Foto: Hans Heer | Dieses Archivbild aus den 1990er Jahren zeigt noch die Kriegsruine.

Nach Ruchtis Tod wurde aus dem Nachlass die Wilhelm H. Ruchti-Stiftung zur Förderung der Julius-Maximilians-Universität gegründet. Der Stifter wollte damit seine besondere Verbindung zur Uni Würzburg zeigen und fakultätsübergreifende Forschung fördern. Der Grundstein für das aktuelle Haus wurde 2006 gelegt. Das Haus gehört der Stiftung, die Universität ist Nutznießer. Dies bestätigt auf Nachfrage André Illmer, Geschäftsführer des Anzeigenkontors, von Ruchti testamentarisch eingesetzt. Nach dem Wiederaufbau hat die Firma 2007 die Geschäftsräume am angestammten Ort wieder bezogen.

Nichts war mehr zu retten

Wie war das am 16. März 1945? Der Besitzer des Hauses war im Krieg, an der Front. Seine Schwester hatte den Auftrag, sich bei Luftalarm in dem im heutigen Röntgen-Gymnasium untergebrachten Lazarett um verletzte Soldaten zu kümmern. Die übrigen Hausbewohner begaben sich mit Papieren und Wertsachen in den Luftschutzkeller unter dem Haus. Dort erlebten sie auch den Angriff des 16. März 1945. Vor Staub konnten sie kaum atmen. Nach dem Angriff öffnete der Luftschutzwart des Nachbarhauses den Mauerdurchbruch zwischen den Kellern und rief: "Macht, dass ihr rauskommt, euer Haus steht in Flammen." Die Hausbewohner der Virchowstraße 10 verließen die Keller durch die Virchowstraße 8 und retteten sich über den heutigen Sanderrasen (damals Exerzierplatz) und den Ringpark ans Ufer des Mains.

In dem Buch "Als vom Himmel Feuer fiel" von Dieter W. Rockenmaier (Echter-Verlag Würzburg, 1995, S. 114) berichtet eine Zeitzeugin: "Aus dem Haus Virchowstraße 8 sah ich Menschen laufen. Einer rief: Wohin? Auf den Sanderrasen – nein zum Main, hinunter zum Wasser!". Die Zeitzeugin, die ebenfalls zum Main flieht, kehrt später noch einmal zurück, weil sie ihren "Notfallkoffer" im Keller gelassen hat. Doch umsonst: "Wieder an unserem Haus in der Virchowstraße angekommen, sah ich, dass nichts mehr zu retten war. Trümmer lagen im Treppenhaus, aus den Fensterhöhlen schlugen die Flammen." Eine gehbehinderte Nachbarin, die nicht vor die Türschwelle wollte, war in der Virchowstraße 6 von den Trümmern erschlagen worden und dann verbrannt.

Heute erinnert noch die Fassade des Wohn- und Geschäftshauses in der Virchowstraße 10 an die Zerstörung des Hauses am 16. März 1945.

 
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