Weihnachten 2017 wird ein junger Mann nicht so schnell vergessen, denn da war für ihn schon zwei Tage vor dem Fest „Bescherung“ – gegen Mitternacht an einem Pfeiler der Friedensbrücke. Da stand er leicht nach vorn gebeugt und hatte gerade keine Hand frei, als eine Polizeistreife den Ausweis des Wildpinklers sehen wollte. Beim Jugendrichter ging man jetzt noch mal ins Detail, denn was am Pfeiler folgte, war heftig.
Statt klein beizugeben, ließ der Mann, der nie zuvor Ärger mit der Polizei hatte, „die Sau raus“ und spulte ein Programm ab, das auch für Uniformierte mit einschlägiger Erfahrung heftig war. Er beleidigte die Polizisten, versuchte zu flüchten, wurde von ihnen eingeholt, mit Mühe zu Boden gebracht – und drohte den Beamten: Er habe sich ihr Gesicht gemerkt und das werde ihnen noch leid tun. Er habe einen Anwalt, der sie fertig machte. Sein Rechtsanwalt in der Verhandlung am Jugendgericht stellte sogleich sogleich klar, dass damit wohl ein Kollege gemeint war und nicht er.
Eine zweite Streife musste anrücken
Auch als der junge Mann am Boden lag, holte er zu einem Schlag aus, doch der Beamte konnte gerade noch ausweichen. Wie in der Verhandlung weiter geschildert wurde, musste eine zweite Streife zur Unterstützung anrücken, der renitente Wildpinkler zum Fahrzeug getragen werden, in dem er seine Beleidigungen während der Fahrt fortsetzte.
Auf der Polizeiwache legte der Angeklagte dann den Schalter um und war, wie ein Beamter berichtete, „plötzlich lammfromm“. Der 20-Jährige war nach dem Alkohol-Test auch mit einer Blutentnahme einverstanden und habe zugegeben, dass er an dem Abend nicht nur getrunken, sondern auch ein bisschen gekifft habe. Weil er so einsichtig war, musste er die Nacht nicht in der Zelle verbringen.
Angeklagter entschuldigt sich
Vor Gericht jetzt entschuldigte sich der junge Mann bei drei Polizeibeamten mit Handschlag. Warum er in der Nacht so ausgerastet ist, konnte sich der junge Maschinenbauer nicht erklären: Es müsse am Durcheinander-Trinken gelegen haben. Und das Kiffen, so vermutete der Anwalt, habe ihm dann den Rest gegeben, so dass er „ein bisschen neben sich stand“.
Der Vertreter der Jugendgerichtshilfe meinte, eine Verwarnung statt Strafe sei ausreichend. Wie der Angeklagte am Brückenpfeiler reagiert hat, das sei, auch wenn er damals schon 20 Jahre und acht Monate alt war, noch eine klassische Jugendverfehlung gewesen. Er wohnte seinerzeit noch bei den Eltern. Möglicherweise habe er der Clique imponieren wollen, mit der er den Abend verbracht hatte und die ihm in Sichtweite zuschaute.
Richter sah keine Jugendverfehlung
Der Jugendrichter sah das etwas anders und verurteilte den Angeklagten wegen Beleidigung und Angriff auf Vollstreckungsbeamte zu 4550 Euro (130 Tagessätze zu 35 Euro ) Geldstrafe. Eine Jugendverfehlung wollte der Richter nicht gelten lassen: Ein fast 21-Jähriger sei nicht deswegen strafrechtlich noch als Jugendlicher zu behandeln, weil er bei den Eltern lebt dort versorgt werde.
Eine Bewährungsstrafe von fünf Monaten, die der Staatsanwalt beantragt hatte, erschien dem Jugendrichter allerdings zu viel – angesichts der bisher weißen Weste des Angeklagten. Für das blanke Wildpinkeln, eine Ordnungswidrigkeit, wäre nur ein Bußgeld von 35 Euro fällig gewesen.
Den Hinweis eines Polizeibeamten, dass der Angeklagte, das Pinkeln nicht eingestellt hatte, obwohl er seinen Ausweis vorzeigen sollte, wollte der Verteidiger so nicht stehen lassen. Einfach mittendrin aufhören, das gehe nicht, wen man so unter Druck stehe wie sein Mandant in jener Nacht.