Die 70er Jahre des vorigen Jahrhunderts waren eine Zeit des Aufbruchs – eine Zeit, in der sich nicht nur Olympia-Attentat und RAF-Morde in die Köpfe der Menschen meißelten, sondern eine Zeit, in der auch vor allem junge Menschen nach friedlichen Lösungen fürs gesellschaftliche Miteinander suchten.
Diejenigen, die im christlichen Leben einen persönlichen Auftrag sahen, halfen, wo es nur ging, um Menschen vor dem gesellschaftlichen und finanziellen Abgrund zu bewahren – auch in Würzburg. Hier gründete sich die ökumenische Teestubengemeinde. Aus ihr ging der Ehrenamtliche Sozialdienst e.V.. hervor. Damit eng verbunden war das „Haus mit der Sonne“ am Friedrich-Ebert-Ring.
Jeder war willkommen
Immer wieder neu sammelten sich dort Schüler und Studenten um den evangelischen Pfarrer Werner Schindelin, der alle willkommen hieß. In den ersten fünf bis zehn Jahren hätten die Aktivitäten darin bestanden, drogenabhängige Jugendliche zu unterstützen, die aus der Sucht ausbrechen wollten, so Schindelin heute.
„Des Weiteren wurden unter Einbeziehung der Jugendämter und Sozialdienste Freizeitaktivitäten wie zum Beispiel Zeltlager für Jugendliche, die auf der Straße lebten, organisiert“, so Schindelin weiter. Die Finanzierung von Fahrzeugen und Zelten geschah über Spenden. So entwickelte sich im letzten Drittel der 70er Jahre der „Ehrenamtliche Sozialdienst“, der als gemeinnütziger Verein schließlich 1980 gegründet wurde. „Um den Aktivitäten der christlichen Teestube in Würzburg einen organisatorischen Status zu verleihen“, so der Pfarrer. Er war damals 40 Jahre alt. Nach wie vor leitet er den Ehrenamtlichen Sozialdienst e.V., der aus der Teestube hervorging.
Ein klappriger Kleinbus als Spende
Die Arbeit des Vereins war manchmal abenteuerlich, wie Schindelin erzählt. Geld wurde zum Beispiel für Unterhalt und Benzin für einen damals schon etwas klapprigen VW-Bus benötigt, den die Gruppe als Geschenk von einem Ehepaar erhalten hatte. Die Mitglieder fuhren mit dem Kleinbus in die Zellerau oder nach Kitzingen, wo sie sich um benachteiligte Familien kümmerten. Spenden hatten es den Helfern ermöglicht, Lebensmittelkarten zu besorgen, welche die Familien einlösen konnten.
Auch zum Zelten und zum Kirchentag fuhr der Trupp im VW-Bus, „aus dem dauernd die Schiebetür 'rausgefallen ist“, sagt Schindelin heute schmunzelnd: „Man musste sich ganz schön festhalten“.
Als Treff diente ein Häuschen am Friedrich-Ebert-Ring. Der Fachwerkbau war eine der letzten Nachkriegsbaracken Würzburgs. Er war unter der Ägide des langjährigen CVJM-Vorsitzenden Hermann Kupsch mit Unterstützung der US-Armee in der kriegszerstörten Stadt aufgestellt worden. Der Christliche Verein junger Männer (CVJM) nutzte ihn für seine ständig wachsende Jugendarbeit. Später zog die Evangelische Jugend ein. Von 1972 – damals wurde der Giebel mit der Sonne bemalt – bis 1992 traf sich in dem Gebäude die ökumenische Teestubengemeinde.
Der Ehrenamtliche Sozialdienst machte weiter
Auch, als später das Haus mit der Sonne abgerissen wurde, arbeitete der Ehrenamtliche Sozialdienst e.V. weiter: Das Team half bei der Frühförderung von Kindern, in der Behindertenwerkstatt, in besonderen Notlagen von Familien. Außerdem unterstützt der Verein das „Underground“, wo Streetworker wohnungslose junge Leute beraten.
Daneben setzt er sich dafür ein, dass die Bahnhofsmission einen Tag- und Nachtdienst anbieten kann. Gefährdete Beraterstellen beim Würzburger Arbeitslosentreff (WAT) in Verantwortung der Brauchbar gGmbH half der Sozialdienst zu erhalten. In Einzelfällen unterstützt er auch bei Stromabschaltungen die Betroffenen vorübergehend mit Darlehen.
Heute ist der Schwerpunkt seiner Arbeit die „Pädagogische individuelle Soziale Assistenz“ (PSA) für benachteiligte Kinder und Jugendliche, die – abgestempelt von ihrem Umfeld – vermeintlich in keine Ausbildung zu vermitteln sind. 60 von ihnen hat der Ehrenamtliche Sozialdienst in den vergangenen zehn Jahren mit Hilfe von geeigneten Pädagogen individuell so weit gefördert, dass sie inzwischen in Berufen wie Altenpfleger, Arzthelferin, Fachverkäufer oder Monteur arbeiten und finanziell für sich selbst sorgen. Eine der vermeintlich „nicht vermittelbaren“ jungen Frauen ist inzwischen Stipendiatin und auf dem Weg zum Medizinstudium.
Hilfe, wenn sonst keiner mehr hilft
Nach 40 Jahren übt Schindelin auch Kritik am Freistaat: „Wenn es stimmt, dass jeder zehnte Jugendliche in Bayern, der in Hartz IV aufwächst, nicht vermittelbar in einen Beruf ist“, wie er erfahren hat, dann dürfe sich die Politik nicht drücken. Das Sozialministerium habe aber Unterstützungen für die sozialpädagogische Arbeit in der freien Jugendarbeit seit dem 31. 12. 2010 eingestellt, so der Pfarrer: „In vielen Fällen hat sich der Verein zu einem Nothelfer entwickelt, der dort, wo keine staatlichen oder anderen Hilfen greifen, einspringt.“
der Vernachlässigung derartiger der Unterstützung wirklich würdiger Initiativen brüstet sich unser noch Finanzminister und zukünftiger Ministerpräsident mit der schwarzen Null im Staatshaushalt.
Wirklich leicht, wenn man das C und das S im Parteinamen völlig ignoriert.