160 bis 200 Beleidigungen, Belästigungen oder Sachbeschädigungen registriert die Würzburger Versorgungs- und Verkehrs GmbH (WVV) jährlich in ihren Bussen und Straßenbahnen. Laut WVV ist diese Zahl seit Jahren konstant – und die Sicherheit der Fahrgäste ist gegeben. Die Interessengemeinschaft Würzburger Straßenbahn (IWS) hatte dagegen nach dem Überfall auf einen Nachtbusfahrer Anfang der Woche erklärt, dass sich viele Fahrgäste in Bahnen und Bussen nicht mehr sicher fühlten.
Auf Nachfrage sagt WVV-Sprecher Manuel Schön dazu: „Wir teilen diese Einschätzung nicht.“ Die WVV-Tochter Würzburger Straßenbahn GmbH (WSB) stelle keinen Anstieg der Gewalt im ÖPNV fest. So sei die Zahl an aufgenommenen Fällen von Vandalismus, Übergriffen und Beleidigungen in den vergangenen fünf Jahren nicht gestiegen. „Vierteljährlich gibt es zwischen 30 und 40 Vorfälle“, berichtet Schön. Da in diesem Zeitraum rund 8,5 Millionen Fahrgäste den städtischen ÖPNV nutzen, sei dies eine „verschwindend geringe Zahl, wobei jedes Vorkommnis eines zu viel ist“.
IWS-Vorsitzender Thomas W. Wenzel schließt dagegen, wie berichtet, aus Schilderungen und Informationen von Fahrgästen und auch Fahrern, dass es mehr verbale und körperliche Gewalt im ÖPNV gebe. Ein Grund für die unterschiedliche Betrachtung könnte sein, dass der WSB nicht alles bekannt wird, was in Bussen und Bahnen passiert. Ob Kunden vermehrt Vorfälle melden, kann die WVV nicht beurteilen, da solche Beschwerden statistisch nicht gesondert erfasst werden.
Dass im Miteinander die Hemmschwelle zu aggressivem Verhalten sinkt, bemerkt allerdings auch die WVV. Wie Sprecher Manuel Schön bestätigt, würden sich auch Mitarbeiter über „ungebührliches Verhalten“ von Fahrgästen beschweren und bemerken, dass diese heute schneller zu einem rüden Ton beziehungsweise zu Ausdrücken neigen.
„Vielfache Ursache ist Alkohol“, berichtet Schön. Auch die Hemmschwelle, andere zu beleidigen, sei deutlich geringer geworden.
„Es gibt mehr aggressives Verhalten und kaum jemanden, der bremst“, sagt WVV-Geschäftsführer Thomas Schäfer. Dies sei eine allgemeine gesellschaftliche Entwicklung, die auf der Straße, in der Schule und eben auch im Nahverkehr zu beobachten sei. Er wünsche sich manchmal mehr Zivilcourage. „Wir sind ein Massentransportmittel“, gibt Schäfer zu bedenken. Obwohl die Zahl an gemeldeten Vorkommnissen nach wie vor gering sei, sei man sich der Veränderungen bewusst.
„Einfache Lösungen gibt es aber nicht“, sagt Schäfer und erläutert das Problem am Beispiel Alkohol: Dessen Konsum in Bussen und Bahnen zu verbieten, klingt zunächst nach einer guten Idee. Doch: Wer soll das kontrollieren? Wie entscheidet man ob jemand seine Flasche Wodka nur zu einer Party transportiert oder im Bus trinken will? Und was macht man mit angetrunkenen 14-Jährigen, die mit dem Bus auf dem Weg nach Hause sind?
Dem Vorwurf der Straßenbahnfreunde (IWS), dass die WVV das Problem nicht ernst nehme, entgegnet die Nahverkehrsgesellschaft: Die WSB arbeitet seit Jahren in einer aktiven Sicherheitspartnerschaft mit der Polizei zusammen. Polizei- und eigene Servicekräfte sind gemeinsam bei Fahrausweiskontrollen in Bussen und Straßenbahnen unterwegs und tragen damit zu einer sichtbaren Verbesserung des Sicherheitsempfinden bei. Auch die Beleuchtung von Haltestellen werde nach und nach verbessert.
Dazu betreiben WSB und die Omnibus Betriebsgesellschaft (NVG) ein Security-Management. Dabei werden zum Beispiel Vorgehensweisen erarbeitet, wie mit Übergriffen und auch Bedrohungen und Beleidigungen gegen Mitarbeiter und Fahrgäste umzugehen ist. Dazu gehört die Schulung von Mitarbeitern für die Betreuung von Kollegen, die traumatischen Ereignissen ausgesetzt sind.