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BÜTTHARD
20 Jahre „Gallier 97“: Sehen und gesehen werden
34 Trikes, 20 Motorräder und drei Motorräder mit Beiwagen: Zur Jubiläumsausfahrt der „Gallier 97“ kamen am Wochenende in Bütthard an die 100 Teilnehmer zusammen. Im Bild: Marten Ebelt aus Frankfurt und sein Beifahrer, der zehnjährige Marvin aus Bütthard.
Foto: Catharina Hettiger | 34 Trikes, 20 Motorräder und drei Motorräder mit Beiwagen: Zur Jubiläumsausfahrt der „Gallier 97“ kamen am Wochenende in Bütthard an die 100 Teilnehmer zusammen.
Catharina Hettiger
 |  aktualisiert: 07.04.2020 11:19 Uhr

73 Jahre alt war die älteste Teilnehmerin, die sich am Wochenende in Bütthard als Beifahrerin auf ein Trike schwang, vier Jahre alt war der jüngste. Ursprünglich hatte Marco Klingert von den „Galliern 97“ anlässlich des 20-jährigen Bestehens seines Biker- und Triker-Clubs eine Ausfahrt für krebskranke Kinder und ihre Familien geplant und sich mit dem Angebot an die Elterninitiative der Station Regenbogen an der Würzburger Universitäts-Kinderklinik gewandt. Mit bis zu 30 Anmeldungen hatte Klinikmitarbeiter Sebastian Zimmer aus dem Bereich „Nachsorge“ gerechnet: „Durch die Pfingstferien konnten aber nur vier Kinder mit ihren Eltern teilnehmen“, so der Sozialpädagoge. Über die freien Plätze bei der Ausfahrt freuten sich 15 Kinder aus Bütthard.

Wenn sich an die Hundert Menschen mit 34 Trikes, 20 Motorrädern sowie drei Motorrädern mit Beiwagen gemeinsam in Bewegung setzen und eine Strecke von etwa 50 Kilometer in Kolonne fahren wollen, erfordert dies einiges an Vorarbeit. Dreh- und Angelpunkt war für Organisator Klingert eine Polizeibegleitung, die, falls nötig, den Verkehr blocken und die Straße sperren sollte. „Voraussetzung dafür, dass wir mitfahren, war der soziale Hintergrund der Ausfahrt“, sagt Polizeioberkommissar Werner Seifert, „wir begleiten keinen Kegelclub.“

Fotoserie

Mit drei Kollegen sowie Ehrenamtlichen, darunter auch Sanitätskradfahrern – vom ADAC, den Johannitern, dem Roten Kreuz und dem Arbeiter-Samariter-Bund – ist er die Strecke im Vorfeld auf eventuelle Gefahrenstellen hin abgefahren. „Unser Ziel ist, dass alle Teilnehmer wieder gesund zurückkommen“, so der Leiter der Kradstaffel Unterfranken. Nicht alle seien hauptberufliche Motorradfahrer, was eine gute Selbsteinschätzung erfordere: „Wer einen langsameren Fahrstil bevorzugt, ordnet sich in der Kolonne bitte vorne ein, die schnelleren hinten“, fordert Seifert die Teilnehmer auf. Und: „Achtet auf Eure Rückspiegel und unsere Anweisungen!“ Die Fahrer nicken und rollen mit ihren Gefährten zu einem großen Parkplatz am Ortsausgang.

Bei der Ausfahrt Freunde aus der Krankenhauszeit treffen

Dort bietet sich ein beeindruckendes Bild: Es blitzt und blinkt, die meisten der knallbunten Fahrzeuge scheinen extra für die Ausfahrt poliert und aufgehübscht worden zu sein. So auch das Trike von Peter Haring aus Heckfeld, das dieser seit 25 Jahren besitzt. Am Trike-Fahren liebt Haring vor allem eines: sehen und gesehen zu werden. „Es ist einfach schön, durch die Dörfer zu fahren; die Leute winken mir zu und ich winke zurück“, sagt Haring und lacht.

Marten Ebelt aus Frankfurt ist im Internet auf die Jubiläums-Fahrt der Gallier gestoßen und nimmt den zehnjährigen Marvin aus Bütthard mit, der mit ungerührtem Pokerface auf dem Rücksitz seines Trikes sitzt. „Ich bin schon mal bei meinem Patenonkel mitgefahren“, erklärt er. Die Einteilung, welcher Fahrer welches Kind oder welche Familie mitnimmt, hat Marco Klingert im Vorfeld getroffen. „Als Hauptorganisator bin ich verantwortlich – falls etwas passieren sollte, hängt mein Kopf immer in der Schlinge“, sagt er.

Der Ochsenfurter Thomas Wimmer nimmt Sohn Julian auf der eigenen Maschine mit. Eine spezielle Lehne soll die Fahrt für den Siebenjährigen, der vor fünf Jahren mit einer Krebserkrankung auf der Station Regenbogen war, sicherer machen. „Die Ausfahrt ist für uns besonders, weil wir Freunde von damals treffen“, sagt Wimmer. Mit anderen Familien und dem Krankenhaus-Personal habe man in schwierigen Zeiten engen Kontakt gehabt, der geblieben sei. Gemeinsame Aktivitäten gebe es immer wieder, eine Ausfahrt noch nie. „Cool, dass wir gleich in Kolonne und mit Polizeibegleitung fahren“, sagt Wimmer und legt seinen Arm um Julian.

Gülle- und Bratwurstgeruch

Und dann geht es endlich los: Begleitet von einem Hup-Konzert rollt die Kolonne auf die Straße. Die Fahrt führt von Bütthard über Simmringen, Euerhausen, und Herchsheim nach Giebelstadt; über Albertshofen, Geroldshausen-Moos, Kirchheim, Kleinrinderfeld, Gerchsheim, Poppenhausen und Wittighausen wieder zurück an den Ausgangsort. Unterwegs beginnt man zu verstehen, was Teilnehmer Haring mit „sehen und gesehen werden“ gemeint haben könnte: Wo sich die Fahrzeuge durch die Landschaft schlängeln, sind sie der Hingucker schlechthin.

Auf den Feldern halten Landwirte bei der Arbeit inne, in den Dörfern stehen Mütter mit begeistert winkenden Kindern am Straßenrand, Spaziergänger auf Feldwegen zücken ihre Handys, um die Kolonne zu filmen. Entgegenkommende Motorradfahrer grüßen lässig mit Handzeichen; immer wieder zischt eines der Begleitfahrzeuge der Polizei vorbei. Während der einstündigen Fahrt wehen den Teilnehmern verschiedenste Gerüche um die Nase: von Treibstoff- über Gülle- bis hin zu Bratwurstgeruch.

Disziplinierte Fahrer

Für einige der Kinder ist die Fülle der Eindrücke zu viel: Zwei Fahrer müssen halten, weil ihren kleinen Mitfahrern schlecht geworden ist; ein weiteres Fahrzeug hat eine Panne und bleibt liegen. Der Begeisterung der meisten tut dies keinen Abbruch – zurück in Bütthard, fällt das allgemeine Fazit rundum positiv aus. „Ihr seid super gefahren, sehr diszipliniert“, lobt Polizeioberkommissar Seifert die Teilnehmer.

“ Veranstalter Klingert, der die Ausfahrt mit seinem Motorrad angeführt hat, ist die Erleichterung anzusehen: „Sobald Kinder im Spiel sind, ist es unberechenbarer als sonst.“ Durch die „hervorragende Polizeiarbeit“ sei die Fahrt sehr gut gelaufen, so Klingert, der zusammen mit Helfern aus dem Ort bereits am Donnerstagabend mit dem Aufbau für die Feier seiner „Gallier“ begonnen hatte. Den Erlös des Festwochenendes schätzt Klingert auf etwa 1000 Euro, die als Spende an die Station Regenbogen gehen sollen.

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Während auf dem Gelände des Vereins zur Heimatpflege die bis aus Flensburg, Belgien und der Schweiz angereisten Gäste zum gemütlichen Teil der Jubiläumsfeier übergehen, bringt der neunjährige Luis aus Bad Kissingen, dessen Schwester 2008 auf der Station Regenbogen behandelt wurde, seinen Höhepunkt des Tages auf den Punkt: „Es war schön, dass man bei Rot über die Ampel fahren durfte.“

Club „Gallier 97“

Der Biker- und Triker-Club „Gallier 97“ hat sein 20-jähriges Bestehen mit einer Ausfahrt zugunsten der Station Regenbogen gefeiert. Aktuell besteht der Verein aus etwa 20 Mitgliedern – vor allem aus Süddeutschland.
Wolfgang Wende vom Trikerstammtisch Unterfranken (Vierter von rechts) überreicht einen Spendenscheck über 333, 33 Euro an Sebastian Zimmer von der Universitäts-Kinderklinik.
Foto: Catharina Hettiger | Wolfgang Wende vom Trikerstammtisch Unterfranken (Vierter von rechts) überreicht einen Spendenscheck über 333, 33 Euro an Sebastian Zimmer von der Universitäts-Kinderklinik.

 
 
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  • P. H.
    Gute Absicht, aber welcher Verein, der wesentlich mehr auf die Beine bringt: Mitgliederzahl, längeres Bestehen, sowie langjährige caritative Erfolge erhält so einen Bericht!
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