Sie flogen tatsächlich: Auch am Abend des 16. März, dem Tag, an dem die Würzburger der Zerstörung ihrer Stadt gedenken, donnerten amerikanische Kampfjets über Würzburg. Nach Berichten vieler Bürger waren die Flieger gegen 20.45 Uhr zu hören. In der Stadt Würzburg, im Dom und um den Dom herum, fanden sich gerade um diese Zeit die ersten Bürger zur Gedenkfeier ein.
Für "extrem geschmacklos" hält Würzburgs Stadtheimatpfleger Hans Steidle den Überflug der Stadt Würzburg durch Kampfjets am erinnerungsträchtigen 16. März.
Er erinnert daran, dass die Stadt durch die Bombenangriffe am 16. März 1945 zu 82 Prozent zerstört wurde. In der Innenstadt habe die Zerstörung sogar 99 Prozent betragen. "Wenn solche Flüge am 71. Gedenktag zur Zerstörung Würzburgs stattfinden, dann löst das gerade bei den Älteren sehr schlimme Erinnerungen aus", sagt Steidle.
Ungute Gefühle auch bei Jüngeren
Aber auch jüngeren Menschen, die die Zerstörung Würzburgs gar nicht selbst miterlebt hätten, bereite das Geräusch von Kampfflugzeugen über der Stadt "ungute Gefühle" . Schließlich sei der Angriff im "kollektiven Gedächtnis der Stadt" gespeichert. Er finde es übrigens gut, dass "ungute Gefühle" ausgelöst würden, so bleibe die Erinnerung an diesen Tag lebendig; das müsse sein, sagte Steidle.
Steidle hofft, dass die Stadt Würzburg sich mit dem Luftfahrtbundesamt der Bundeswehr, das die Flüge koordiniert, in Verbindung setzt. "Vielleicht kann man erreichen, dass an künftigen Gedenktagen so etwas nicht mehr passiert".
Betroffenheit auf Facebook spürbar
Zahlreiche Bürger zeigten sich auf Facebook betroffen. "Ich finde es heute sehr unpassend. Finde das Glockenläuten schon immer unheimlich bewegend, ganz eigene Stimmung. An diesem Tag müssen echt keine Kampfjets über Würzburg sein", schrieb etwa eine Userin. Auch die Polizei Würzburg wurde wegen der Kampfjets von einigen Bürgern angerufen.
Doch auch wenn sie scheinbar tief fliegen: Die Kampfjets, die derzeit über Unterfranken donnern, sind offiziell keine Tiefflieger.
Sechs Kampfflugzeuge des Typs F-16
Es handelt sich bei den Flugbewegungen um einen Einsatz von insgesamt sechs Kampfflugzeugen der amerikanischen Streitkräfte des Typs F-16, die Übungsflüge im Flugraum für Abfangübungen bei Nacht (Lania 3) über der Region Würzburg in Höhen zwischen 760 bis 3050 Meter über dem Boden durchführen. Von militärischem Tiefflugbetrieb indes spricht man erst bei Flügen unterhalb einer Höhe von 600 Metern. Dieser werde im Flugbeschränkungsgebiet über der Region Würzburg nicht durchgeführt.
„Solche Flüge sind von Montag bis Freitag in der Zeit von 7 Uhr bis 17 Uhr zulässig. Die dabei einzuhaltende Mindestflughöhe für Kampfflugzeuge beträgt 300 Meter über Grund und darf in wenigen, unverzichtbaren und vorher festgelegten Ausnahmen auf 150 Meter unterschritten werden“, sagt Kulla.
Beschwerden der Bevölkerung
Dennoch. Der Unterschied zwischen einer Tiefflughöhe von 600 Metern und den erfolgten 760 Metern scheint akustisch nicht ins Gewicht zu fallen: Das zeigen die Beschwerden, die bei der Polizei in Unterfranken in den vergangenen vier Wochen immer wieder eingegangen sind. Vor allem an diesem Dienstagabend habe es zwischen 20 und 21.30 Uhr etliche Anrufe gegeben. Doch die Polizei sei hier der falsche Adressat.
„Wir werden vorab nicht über solche Flüge informiert.“ Ansprechpartner ist vielmehr das Luftfahrtamt der Bundeswehr. Dort hat man ein Bürgertelefon eingerichtet, das montags bis donnerstags von 8 bis 17 Uhr und freitags von 8 bis 13 Uhr unter der kostenfreien Rufnummer Tel. (0800) 8 62 07 30 erreichbar ist.
Warum, so fragen sich viele Bürger in der Region, müssen diese Übungen überhaupt über bewohntem Gebiet stattfinden? Pressesprecherin Agathe Kulla verweist darauf, dass alle in Deutschland stationierten Streitkräfte einen angemessenen Anteil zur Verteidigungsvorsorge und Krisenbewältigung einbringen müssten und Übungen unerlässlich seien. „Nur eine ständige Aus- und Weiterbildung der Luftfahrzeugbesatzungen ermöglicht es, einsatzbereite Kräfte zur Verfügung stellen zu können. Dabei stellt gerade auch die Nachtflugfähigkeit einen wesentlichen Beitrag zum Erfolg militärischer Einsätze dar.“
Wie lange die Übungsflüge in der Region noch andauern werden, könne man nicht sagen. „Das richtet sich nach dem Ausbildungsbedarf und wird durch Faktoren wie die aktuellen Wetterverhältnisse und die technische Verfügbarkeit der Luftfahrzeuge bestimmt. Dass der Flugraum über Würzburg ausgerechnet in der Zeit des Gedenkens am 16. März für Kampfjetflüge reserviert ist, empfinden viele Menschen in der Region trotzdem als geschmacklos.
Respektlosigkeit?
„Das geht gar nicht, das ist für alle, die den Bombenangriff in Würzburg 1945 miterleben mussten, ganz schrecklich“, meint etwa Ralf Kramer aus Würzburg. Ein Kommentator auf mainpost.de sieht das genauso: „Eine Nacht vor dem 16. März, besser kann man es nicht treffen für Leute, die es miterlebt haben“, schreibt er sarkastisch.
Ein anderer Nutzer kann da keinen Zusammenhang erkennen. „Wäre es besser genau 23 Tage nach dem 16. März statt einen Tag vorher?“ Auch Verkehrsflugzeuge würden am 16. März über Würzburg fliegen, meint User „solala“. Genauso könnten Lastwagen als einrollende Panzer gedeutet werden.
Haben wir keine anderen Probleme in diesem Land? Eigentlich dürften das ganze Jahr keine Militärjets über Deutschland üben oder, wir sind ja auch durchgehen 44/45 bombardiert worden oder?!?!!?!
Es ist einfach nur unfaßbar mit was sich dieses Lokalblatt mittlerweile beschäftigt. Ich komme aus dem Kopfschütteln nicht mehr raus.
16.03. passieren soll. Im übrigen vermisse ich wie in sovielen Dingen Fingerspitzengefühl der Amerikaner.
Was ist mit unserer eigenen Generation die das gleiche erlebt hat? Haben sie nicht das Recht gerade an solch einem Tag Schutz zu erhalten?
Das macht mich einfach nur noch fassungslos!
Klappt es neustens etwa doch?
Es gab ja in Syrien gewisse Schwierigkeiten
Muss das unbedingt heute sein???