Schwester Monika Edinger hat viel zu tun. Sie hat sogar eine eigene Sekretärin, die ihre Termine koordiniert. Kein Wunder, schließlich leitet die zierliche Frau in der schwarzen Ordenstracht mit der „Kongregation der Schwestern des Erlösers“ ein richtiges Unternehmen. Dazu gehören die Theresienklinik in Würzburg und das Krankenhaus Sankt Josef in Schweinfurt, vier Kindertageseinrichtungen, zwei Alten- und Pflegeheime, eine Familienbegegnungsstätte und zwei Armenspeisungen. „Das ist eine große Aufgabe, gerade in Zeiten, in denen vieles im Umbruch ist“, sagt Schwester Monika Edinger. Seit drei Jahren ist sie Generaloberin der Erlöserschwestern. An diesem Samstag feiert die katholische Ordensgemeinschaft ihr 150-jähriges Bestehen.
Die Schwestern werden immer weniger
Anfang des 20. Jahrhunderts lebten knapp 1000 Schwestern im Mutterhaus, dem großen Gebäudekomplex in der Würzburger Stadtmitte. Heute wohnen dort noch 74 Schwestern und es werden immer weniger. „Es macht mir einfach Spaß für unsere Schwestern und für unsere Mitarbeiter da zu sein“, sagt sie und lacht verschmitzt. In den verschiedenen Einrichtungen der Erlöserschwestern arbeiten über 1000 weltliche Mitarbeiter. Die Ordensgemeinschaft in die Zukunft zu führen, sieht die 49-Jährige als ihre größte Aufgabe.
Wie alle Ordensfrauen trägt auch Schwester Monika einen schwarzen Schleier. Vorne spitzen ihre grauen Haare hervor. Gegründet wurde die Ordensgemeinschaft von Elisabeth Eppinger 1849 im kleinen französischen Dorf Bad Niederbronn im Elsass. „Unsere Gründerin war selbst häufig krank und kam aus ärmlichen Verhältnissen. Kraft fand sie im Blick auf das Kreuz“, erklärt die Ordensfrau, die selbst eine Kette mit einem großes silbernen Kreuz um den Hals trägt. „Unser Orden hat sich von Anfang an der Armen- und Krankenpflege verschrieben.“
Es gibt auch Schwestern in USA und Afrika
Weil das Mutterhaus im Elsass weit entfernt war, gründete der damalige Würzburger Bischof Georg Anton von Stahl einen eigenen Zweig der „Kongregation der Töchter des Allerheiligsten Erlösers“. Das war vor 150 Jahren, am 15. Juni 1866. Nun wuchs die Zahl der Schwestern von Jahr zu Jahr. 1938 waren es nahezu 3000 Schwestern, die in 443 Niederlassungen ihre karitativen Dienste leisteten. Heute gibt es weltweit noch 257 Schwestern, 18 arbeiten in Pennsylvania (USA) und 46 in Tansania (Ostafrika).
Mit 22 Jahren ist Schwester Monika, die aus Schefflenz im Neckar-Odenwald-Kreis stammt, in die Ordensgemeinschaft eingetreten. „Eigentlich wollte ich mal fünf Kinder haben“, sagt sie und lacht. Doch sie hat sich für ein Leben für Gott entschieden – und es auch nie bereut. 1999 legte die studierte Pädagogin ihre ewige Profess ab.
Beim Jubiläumsfest am Samstag in Würzburg dürfen die Bürger einen Blick hinter die Klostermauern werfen. Das Gelände mit Haupteingang in der Ebracher Gasse 6 umfasste 1894 den Ebracher Hof und den Seebachshof in der Domerschulstraße mitsamt der gotischen Allendorf-Kapelle. Später wurden in dem Garten der beiden Anwesen die Großküche, die auch heute noch alle Würzburger Einrichtungen mit Essen beliefert, der Speisesaal und die Klosterkirche gebaut.
Gebet und Tätigkeit bestimmen des Rhythmus des Tages
Die Schwestern verbringen viel Zeit in ihrem Gotteshaus, denn die Gebetszeiten ziehen sich wie ein roter Faden durch den Tag. „Der Rhythmus von Gebet und Tätigkeit prägt unseren Tag“, sagt Schwester. Mit dem Morgengebet starten sie um 6.30 Uhr in den Tag. Die Gottesdienste hält der emeritierte Würzburger Bischof Paul Werner Scheele mit dem Spiritual Prälat Kurt Witzel. Als Dank für die geistliche Unterstützung wird der 88-jährige Bischof von zwei Schwestern mitversorgt.
Seit Oktober 2014 wird der Gebäudetrakt in der Bibrastraße auch als Erstaufnahmeeinrichtung für 100 Flüchtlinge genutzt: „Das ist eine ganz neue Aufgabe für uns, die wir gerne weiterführen möchten.“ Vier Schwestern und viele Ehrenamtliche helfen dort bei der Ausgabe von Frühstück und Mittagessen.
Mit dem Nachtgebet endet der Tag
Zwar werden die Schwestern immer älter und immer weniger, aber alle bringen sich irgendwie in die Gemeinschaft ein. „Unsere Älteste, Schwester Liutraut, ist 101 Jahre alt und gestaltet sogar noch Kerzen.“ Auch die Mitte des Tages wird durch eine Gebetszeit unterbrochen. Bevor mit der Vesper, dem liturgischen Abendgebet, die Arbeit und mit dem Komplet der Tag abgeschlossen werden.
Die Schwestern des Erlösers sind keine kontemplative Ordensgemeinschaft, sondern eine apostolische. Das heißt, die Schwestern arbeiten in verschiedenen Aufgaben, rein theoretisch könnten sie sogar ins Theater oder Kino gehen. Das sie dies kaum tun, liege daran, dass sie nicht über Taschengeld verfügen. „Früher spielen die Schwestern sogar selbst Theater zur Unterhaltung“, erinnert sich Schwester Herigard Schneider, die Stellvertreterin der Generaloberin.
Schwester Monika will den Orden öffnen
Natürlich gibt es auch leer stehende Räume in dem großen Klosterkomplex. „Wir erstellen im Moment ein neues Konzept für unser Mutterhaus“, verrät die Ordenschefin. In Zukunft werden die Schwestern für ihren Bedarf nicht mehr das gesamte Gebäude brauchen. Schwester Monika will den Orden ein Stück weit für alle Gläubigen öffnen. „Wir wollen mehr Kloster in der Stadt sein“, sagt sie. Als mögliche Neuerung könnte sie sich sogar ein Zusammenleben in geistlicher Gemeinschaft mit Menschen, die nicht zur Ordensgemeinschaft gehören, vorstellen.
Erlöserschwestern
Ordensgründung: Am 15. Juni 1866 gründete der Würzburger Bischof Georg Anton von Stahl einen eigenen Zweig der Kongregation der Töchter des Allerheiligsten Erlösers.
Ordensschwestern: In Deutschland gibt es noch 16 688 Ordensfrauen in 1399 klösterlichen Niederlassungen (Stand 2015). 84 Prozent sind über 65 Jahre alt.
Ordensjubiläum: Die Feier startet an diesem Samstag um 10 Uhr mit einem Pontifikalgottesdienst im Dom. Ab 13.30 Uhr ist der Klosterkomplex in der Ebracher Gasse für die Öffentlichkeit geöffnet. clk