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München
1000 Euro im Jahr: Bezirke stellen Bayerns Geldleistung für Pflegebedürftige infrage
Das Landespflegegeld soll Wertschätzung für Pflegefälle und Pflegende ausdrücken. Bayerns Bezirke würden das staatliche Geld lieber in kommunale Pflegeeinrichtungen investieren.
Aufgrund steigender Kosten fürchten die Bezirke um die Finanzierung vieler Pflegeeinrichtungen in Bayern. Sie wollen deshalb das Landespflegegeld in kommunale Pflegeeinrichtungen umleiten.
Foto: Marijan Murat, dpa | Aufgrund steigender Kosten fürchten die Bezirke um die Finanzierung vieler Pflegeeinrichtungen in Bayern. Sie wollen deshalb das Landespflegegeld in kommunale Pflegeeinrichtungen umleiten.
Henry Stern       -  Obermeier/ Henry Stern
Henry Stern
 |  aktualisiert: 21.10.2024 02:33 Uhr

Bayerns Bezirke stellen das bayerische Landespflegegeld von jährlich 1000 Euro für Pflegebedürftige infrage: Es sei zu überlegen, ob diese staatlichen Mittel nicht besser direkt in kommunale Pflegeeinrichtungen investiert werden sollen, heißt es in einem auch vom unterfränkischen  Bezirkstagspräsident Stefan Funk (CSU) unterschriebenen Brief, den der Bayerische Bezirketag kürzlich an Ministerpräsident Markus Söder (CSU) geschickt hat.

Hintergrund sind steigende Kosten bei stagnierenden Einnahmen der Bezirke, die für viele soziale Aufgaben vor allem in den Bereichen Behinderte und Pflege zuständig sind. Zudem verschärfe der "gerade im sozialen Bereich immer virulenter werdende Mangel an Fach- und Arbeitskräften die Situation zusätzlich", heißt es in dem Brief, der dieser Redaktion vorliegt. Sowohl der Freistaat Bayern als auch der Bund müssten deshalb schnellstmöglich Gegenmaßnahmen ergreifen, "um dieser äußerst prekären Entwicklung, die das Potenzial hat, das Land und die Gesellschaft nachhaltig zu spalten, aktiv entgegenzuwirken".

Das Landespflegegeld war das erste soziale Prestigeprojekt von Ministerpräsident Söder

Das Landespflegegeld kostet den Freistaat aktuell mehr als 450 Millionen Euro im Jahr und war im Frühjahr 2018 eines der ersten sozialen Prestigeprojekte von Markus Söder als Ministerpräsident. Mit dem Landespflegegeld sollen pflegebedürftige Menschen unbürokratisch eine finanzielle Unterstützung bekommen, "um sich selbst etwas Gutes zu tun" oder pflegenden Angehörigen eine finanzielle Anerkennung zukommen zu lassen.

Eine Umleitung in kommunale Pflegeeinrichtungen oder "Gemeindeschwester-Strukturen" könnte Pflegebedürftige jedoch "ganz konkret im Alltag" unterstützen, argumentieren die Bezirke. Denn damit könnte "eine Verschlechterung ihrer Pflegesituation" mit "erheblichen Folgekosten" zumindest abgemindert werden.

Freistaat soll auch bauliche und personelle Mindestanforderungen in der Pflege senken

Zudem sollte der Freistaat aus Sicht der Bezirke unter anderem bauliche und personelle Mindestanforderungen für Pflegeeinrichtungen senken, um die Schließung von Einrichtungen zu verhindern. Auch in Behinderteneinrichtungen könnten vorgegebene Personalschlüssel oft nicht mehr erfüllt werden, warnen die Bezirke. Wenn deshalb Gruppen geschlossen werden müssten, drohten "immer mehr junge Menschen mit Behinderung unversorgt" zu bleiben.

Alexander Schraml, langjähriger Vorstand der Kommunalunternehmen im Landkreis Würzburg und Vorstandssprecher der Kommunalen Altenhilfe Bayern, unterstützt den Vorstoß der Bezirke. Zwar sei es schwierig, langjährige Sozialleistungen abzubauen. Die Pflege in Bayern brauche aber mehr staatliche Förderung von Neuinvestitionen und von bestehenden Einrichtungen, findet er: "Diese kommen dann aber auch allen Pflegebedürftigen und ihren Angehörigen zugute."

 
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  • Peter Fischer
    Was wirklich helfen könnte, die Pflegesituation zu verbessern, wäre die Abschaffung des Mindestlohns für im Privathaushalt Angestelle, sodass wieder Arbeitnehmer aus dem Ausland zu tragbaren Kosten eingestellt werden können. Mein "Schwiegergroßvater" wurde noch von 2 Frauen aus Polen, die sich abwechselten, zuhause betreut, sodass er nicht in ein Heim musste. Das würde auch den Platzmangel in den Heimen lindern. Zypern beispielsweise macht das so (wenn man ein ärztliches Attest hat oder über 75 ist).
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  • Erich Spiegel
    Um Staatseinnahmen zu generieren müssen internationale Konzerne endlich einen gerechten finanziellen Beitrag leisten. Dann wäre auch Geld für soziale Wohltaten da. Aktuell können sie ihren Firmensitz in Niedrigsteuer Paradiese auslagern und sich trickreich arm rechnen.
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  • Helga Scherendorn
    Die 1000 Euro sind aber für die Pflegenden zu Hause, da nutzt es in einer fragwürdigen Einrichtung nichts! Sind wir schon so weit, dass die lumpigen 1000 Euro im Jahr für eine Person ab Pflegegrad 2 zu viel sind? Da gibt es ganz andere Baustellen, die Geld verbrennen!!!
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  • Andreas Scherer
    Das eine hat mit dem anderen wenig zu tun.
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  • Erich Spiegel
    Das Landespflegegeld muss leider abgeschafft werden, denn die Kassen sind leer. Ich sage das, obwohl wir selbst für einen Verwandten auch Pflegegeld bekommen. Gelddrucken auf Teufel komm raus geht schief wie die Erfahrung der Weimarer Repubik lehrt. Meiner Meinung müssen auch andere Soziallleistungen auf den Prüfstand wie Bürgergeld. Laut Arbeitsagentur sitzen 4 Mio. Gesunde und arbeitsfähige zu Hause rum und drehen Däumchen. Da müsste der Staat aktiv werden und sich nicht an der Nase herum führen lassen. Man kann das System zu leicht austricksen. Es fehlt auch der Anreiz zum Arbeiten, weil die Differenz zwischen Bürgergeld und Jobs im Niedriglohnbereich zu gering ist. Arbeit im Niedriglohnbereich lohnt sich für viele nicht.
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  • Dietmar Eberth
    "... wie Bürgergeld. Laut Arbeitsagentur sitzen 4 Mio. Gesunde und arbeitsfähige zu Hause rum und drehen Däumchen."

    Können sie bitte ihre Quelle nennen.
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  • Dietmar Eberth
    Finger weg von den 1000 Euro Pflegegeld für die pflegenden Angehörigen
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