„Wir haben die Pflicht zur Zuversicht.“ Mit diesem Zitat des Trendforschers Matthias Horx startete Claudia Stamm, Landtagsabgeordnete von Bündnis 90/Die Grünen, ihre Festrede beim Neujahrsempfang von Geo-Net in Gerolzhofen (siehe Bericht oben). Diese „Pflicht zur Zuversicht“ sei das ideale Motto für das anstehende Jahr 2017, denn „Angst ist ein schlechter Berater“. Das gelte vor allem in der Flüchtlingspolitik, die in Europa einen politischen Rechtsruck auslöse, so die Landtagsabgeordnete.
„Rechtspopulismus ist das beherrschende Thema in den Schlagzeilen und fordert uns heraus“, sagte Claudia Stamm. Nahezu mantraartig formuliere die CSU eine „Überforderung“ und „wir schaffen es nicht“. Dass es doch geschafft werde, würden aber landauf, landab ungezählte Helferkreise unter Beweis stellen.
Leider ziehe sich jedoch der Staat zurück und wälze die Arbeit auf die Ehrenamtlichen ab, so Stamm. Und: „Wie kommt jemand auf die Idee, Afghanistan als sicheres Land zu bezeichnen, wenn das Auswärtige Amt eine Reisewarnung herausgibt?“, so die eher rhetorische Frage der Politikerin.
Die „sogenannte Flüchtlingskrise“ sei keineswegs der von Rechtspopulisten heraufbeschworene „Untergang des Abendlandes“. Vielmehr sei das Gegenteil eingetreten, nämlich eine „Welle von Engagement und bürgerschaftlicher Selbstermächtigung“. Gleichzeitig sei eine Obergrenze im Gespräch, und die Staatsregierung in München schüre Ängste, statt Zuversicht zu verbreiten.
Anstelle von Begrenzung und Ausgrenzung zu reden, wäre es angebracht, „die Fluchtursachen zu bekämpfen. Deutschland ist weltweit der drittgrößte Waffenexporteur, und diejenigen, die in anderen Ländern wegen Waffen aus deutscher Produktion unsägliches Leid erleiden, flüchten zu uns“, umriss Stamm ihre Ansicht. Das deutsche Gewehr G36 tauche in Lybien und in Jemen auf, oft genug in den Händen von Terroristen, vor denen die Menschen flüchten.
Die „Alternative für Deutschland“ (AfD) biete keine lösungsorientierte Politik und sei alles andere, nur keine Alternative. „Hier sind die Grünen eine echte Alternative, und wir lassen uns von denen unseren Begriff nicht kaputt machen“, sagte Stamm in ihrer mehrmals von Beifall unterbrochenen Rede. „Auch hier brauchen wir Mut und Zuversicht, und wir brauchen ein offenes und tolerantes Europa, mit Menschen mit Rückgrat.“
In Richtung des amerikanischen Präsidenten Donald Trump meinte sie, dass er „polternd den Verfall der EU beschwört und dafür Beifall von rechts bekommt“. So leicht sei Europa aber nicht zu spalten. „Die Rechten glauben, mit einer Handbewegung alles das wegzuwischen, was Demokraten in 60 Jahren auf den Trümmern des Zweiten Weltkrieges aufgebaut haben.“
Zwar sei die EU nicht perfekt und manchmal etwas zu bürokratisch, und man höre auch den Vorwurf des „Diktats der Lobbyisten“. Deshalb bräuchte es eine EU, die näher dran sei an den Bürgern.
Deutschlandweit würden sich 73 Prozent der Bevölkerung sicher fühlen, eine Minderheit wolle aber Ängste schüren. „Wir müssen unsere Reihen schließen, um gegen das menschenfeindliche Bild der Rechten zu kämpfen.“ Keine Abschottung, sondern Toleranz, Vielfalt, eine klare Haltung und ein festes Rückgrat seien gefordert, so Stamm. Eben jene „Verpflichtung zur Zuversicht“.