
Patientenfahrtdienst. Dabei geht es klar darum, jemanden von A nach B zu bringen, der das kaum alleine schaffen würde. Weil er kaum laufen kann, im Rollstuhl sitzt, krank ist. Die Fahrten gehen zum Beispiel zu einer Arztpraxis, in die Klinik, zu einer Bestrahlung, zu einer Therapie. Oder auch zu einer Geburtstagsfeier, zu einem Familientreffen, zu einer Veranstaltung. Auch das ist möglich.
Aber der Fahrdienst ist weitaus mehr. Das merkt man, wenn man mal eine Tour mitfährt, zum Beispiel mit dem Team des BRK. Eine Gelegenheit zum Reden, eine Möglichkeit, Kontakt mit anderen zu haben und ein Stück Vertrautheit. Aber auch eine Gelegenheit, viel zu erfahren. Über Menschen, über das Leben mit einer Krankheit, über Kämpfe mit Bürokratie. Und über Lebensfreude, über Hilfsbereitschaft, über sich nicht hängen lassen. Man erfährt aber auch viel über den Wert von persönlichem Engagement, über die Bedeutung von Menschen, die ehrenamtlich arbeiten.
Viele Fahrten für Dialyse-Patienten
Larissa Mihaly-Schuld ist eine aus dem gut 20-köpfigen Team der Ehrenamtlichen. Sie kann sich vorstellen, mal im Bereich des BRK zu arbeiten, will eine Ausbildung zur Rettungssanitäterin machen. Sie hat ihren Bundesfreiwilligendienst beim BRK in Schweinfurt gemacht, ist wie so viele Bufdis hängengeblieben. Mithelfen, Kontakt zu den zukünftigen Kolleginnen und Kollegen aufzubauen, ist ihr wichtig. Im Morgengrauen fährt sie zusammen mit Fahrer Oliver Samotia, der auch noch in der Disposition, sozusagen der Auftragszentrale, mitarbeitet, in eine Gemeinde am Rand des Landkreises. Eine Patientin hat einen Termin in einer der drei Dialysezentren in Schweinfurt (St. Josef, Leopoldina, KfH-Nierenzentrum).

Die beiden holen die Frau mit dem Tragestuhl an ihrer Haustür im ersten Stock ab. Allein der leere Stuhl wiegt schon einiges, gut 20 Kilogramm. "Keine leichte Arbeit", sagt Oliver Samotia beim Treppensteigen. Richtig kompliziert wird's bei engen Treppenhäusern, schmalen Stiegen oder Wendeltreppen. Barrierefreie Wohnungen, Aufzüge: Das ist eher die Seltenheit bei den Menschen, die im Moment auf den Fahrdienst angewiesen sind. Als sie ihre Häuser gebaut haben, sich Wohnungen ausgesucht haben, dachte niemand an so etwas wie Barierrefreiheit. Für schwergewichtige Menschen wurde ein elektronischer Treppensteiger angeschafft. Ein High-Tech-Stuhl, der dank seiner Elektronik Treppen hinauf- und hinuntersteigen kann, der auf Knopfdruck bis zu 230 Kilogramm schwere Patienten von einer Stufe zur nächsten bringt.
In barrierefreien Wohnungen wohnen kaum Fahrgäste
Auf der Fahrt nach Schweinfurt wird geplaudert. Larissa Mihaly-Schuld kann gut zuhören, sie interessiert sich für ihr gegenüber. Das nimmt bestimmt auch was vom Stress und der Belastung für die Fahrgäste, die wie diese Frau mehrmals in der Woche zur Dialyse müssen. "Vier bis viereinhalb Stunden dauert die Blutwäsche", sagt Samotia. Man bekomme bei den Fahrten einen Einblick, mit welchen Einschnitten die Leute leben müssen, sagt er. "Und jemand anders beschwert sich über Kopfschmerzen."
Samotia streut ab und an eine witzige Bemerkung ein. Auch etwas, um den Leuten den Weg ein bisschen angenehmer zu machen. Er freut sich, über die Dankbarkeit, die ihm und den Kolleginnen und Kollegen entgegengebracht wird. Selbstgebackene Plätzli, eine Dankkarte: Solche kleine Gesten machen Freude.
Bufdis spielen eine wichtige Rolle
Bis der nächste Fahrgast abgeholt wird ist Zeit, sich ein bisschen zu unterhalten. Gut 100 Fahrten am Tag macht der BRK-Fahrdienst, 21 Fahrzeuge gehören zum Pool, in drei Schichten wird gearbeitet. Montag bis Samstag, Sonntag auf Anfrage. Die Touren führen in die Region Schweinfurt, die Haßberge, in die Rhön, in den Kissinger Raum. Oliver Samotia würde sich freuen, wenn sich mehr junge Leute für den Bundesfreiwilligendienst interessieren würden. Er und natürlich auch Ex-Bufdi Larissa Mihaly-Schuld halten das für einen guten Weg, zu wachsen, sich weiterzuentwickeln und auch sich beruflich zu orientieren.
Oliver Samotia erinnert sich noch an schwierige Zeiten, als Fahrten noch mit voller Corona-Schutzausrüstung gemacht werden müssten. Nicht nur er ist wohl froh, dass das nicht mehr nötig ist. Es gab aber auch etwas Positives durch den Lockdown: Kaum Verkehr. Das hat den Fahrern das Leben leichter gemacht. Probleme mit Staus, Verzögerungen gab es nicht: "Schön war das."

Der Trick mit dem Tasche-Festhalten
"Der Roland Akers ist ein Urgestein", sagt Markus Bauer, Sachgebietsleiter Fahrdienste. Akers, genannt Aki, ist seit 2006 dabei. Und zwar mit Leidenschaft. "Ich mache den Job gerne", sagt er auf dem Weg zu einem Fahrgast in der Stadt. Ziel ist das Gesundheitszentrum am Leopoldina. Das Gespräch im Auto dreht sich um ein Thema, das Akers öfters hört: Bürokratie und Krankenkassen. Manche Kasse sei wohl hilfsbereiter und schneller, wenn es um Hilfsmittel, wie zum Beispiel Badewannenlifte geht. "Bürokratie hoch drei " beklagt einer der Fahrgäste, erzählt über langes Warten in Telefonhotlines, die Schwierigkeit, überhaupt erst mal jemanden zu finden, dem man sein Problem schildern kann.

Roland Akers hat übrigens einen guten Trick, wie er seine Fahrgäste dazu bringt, beim Treppentransport nicht unwillkürlich zum Geländer zu greifen und so das Gleichgewicht aller zu gefährden. "Schön die Tasche festhalten", sagt er. Klappt. Auch er bekommt einige Schicksale mit, zum Beispiel wenn er alte, verwirrte Leute aus der Psychiatrie in Werneck nach einem kurzen Aufenthalt dort wieder zurück in ihr Heim bringt. Geduldig erklärt er immer wieder, wo hin die Reise geht, versichert, dass er den Weg kennt. Patientenfahrdienst ist eben mehr als nur Leute von A nach B zu bringen.