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Schweinfurt
Zum Motor der europäischen Aussöhnung geworden
Gedenken an die Anfänge der europäischen Aussöhnung: Ewald Oster, Helmut Irblich und Peter Krier vom Bund der Vertriebenen (von links).
Foto: Uwe Eichler | Gedenken an die Anfänge der europäischen Aussöhnung: Ewald Oster, Helmut Irblich und Peter Krier vom Bund der Vertriebenen (von links).
Uwe Eichler
 |  aktualisiert: 13.08.2020 02:10 Uhr

"Heimat ist ein Gefühl", stellte Peter Krier, Kreisvorsitzender des "Bund der Vertriebenen", auf dem Alten Friedhof fest: "Gefühle sind bekanntlich wie die Gedanken frei." Mit einer Kranzniederlegung wurden nun "70 Jahre Charta der deutschen Heimatvertriebenen" gedacht, unter dem Motto "Versöhnung statt Vergeltung". Am 5. August 1950 hatten sich Vertreter von zwölf Millionen Heimatvertriebenen im Stuttgart ihr "Grundgesetz" gegeben. Tags darauf war es auf einer Massenkundgebung auf dem Schlossplatz veröffentlicht und gebilligt worden.

Die Vertriebenen verzichten darin auf Rache und Vergeltung und verpflichten sich, zur Schaffung eines geeinten Europas und dessen Wiederaufbau beizutragen. Die Charta rief dazu auf, "Hand anzulegen, dass aus Schuld, Unglück, Armut und Elend für uns alle der Weg in eine bessere Zukunft gefunden wird". Gefordert wurde ein Menschenrecht auf Heimat. Das Schicksal der Heimatlosen galt damals in den Westzonen als sozialer und politischer Sprengstoff. Trotz Kritik an einigen zeittypischen Formulierungen gilt die Stuttgarter Charta heute als Meilenstein der Aussöhnung, der Integration in die junge deutsche Demokratie, aber auch als frühes Bekenntnis zum vereinten Europa. Manche Aussagen wirken angesichts des heutigen Flüchtlingselends sogar hochaktuell: "Heimatlose sind Fremdlinge auf dieser Erde", zitierte Ewald Oster als Vertreter der Russlanddeutschen aus dem Text: "Den Menschen mit Zwang von seiner Heimat trennen, bedeutet, ihn im Geiste töten."

Die deutschen Vertriebenen hätten sich in Tat und Sinn an die Charta gehalten, stellte Krier fest: "Sie haben nicht demonstriert und nicht randaliert, sie haben Beachtliches geleistet." Sie seien sogar ein Motor der Versöhnung und Freundschaft in Europa geworden. Vertreter der Aussiedler aus der ehemaligen Sowjetunion, der Schlesier, Banat- und Sudetendeutschen waren ebenso vertreten wie die Siebenbürger Sachsen. Ehrengast war Helmut Irblich: Der 90-Jährige aus dem schlesischen Jägerndorf (Krnov) war vor 70 Jahren in Stuttgart als Zeitzeuge dabei. Zuvor hatte er Zwangsarbeit in seiner alten Heimat überlebt. Sein Vater, Stadtrat Franz Irblich, gilt als Retter der Synagoge von Krnov, die zur Zeit des Pogroms von 1938 kurzerhand zur Markthalle erklärt worden war.

Umrahmt wurde das Gedenken mit Gedichten und musikalischen Klängen des Duos Blum aus Werneck.

 
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