Am 27. März wurde Günther Gröschel 90 Jahre alt. Er darf auf ein bewegtes Leben zurückblicken. Die Jugend in Oberschlesien war alles andere als leicht, den Frohsinn und verschmitzten Humor hat der Jubilar dennoch nie verloren.
Gröschel wuchs in einem Kinderheim der Hedwigsschwestern bei Oppeln auf. Dann kam der Krieg: "Was heute in der Ukraine passiert, war früher Alltag", erzählt der rüstige Rentner. Die Vertreibung 1948 brachte den endgültigen Verlust der Heimat. Der Weg führte nach Westdeutschland mit rasch wechselnden Stationen. Eine Zeitlang war der elternlose Jugendliche in einem Berliner Kloster untergebracht. Durch Verwandte bekam der junge Arbeiter, der damals eigentlich in Bochum lebte, Kontakt nach Sennfeld.
Am letzten Urlaubstag lernte er dort Elfriede Holzheid kennen, die spätere Frau, die leider vor einigen Jahren gestorben ist. Kontakt war anfangs nur schriftlich möglich, als schöne Brieffreundschaft, bevor das junge Paar sich am Kirchweihsonntag "in echt" treffen konnte. Am 22. November 1957 wurde in der evangelischen Kirche Sennfeld gemischt-konfessionell geheiratet.
Eine Zeitlang lebten die Gröschels wieder in Bochum, dann führte das Heimweh der Frau die Familie wieder zurück an den Main. Hier fand der Vater von zwei Söhnen und einer Tochter eine Lebensstellung beim "Kufi". Sportkegeln wurde das große Hobby, viele Jahre lang war Günther Gröschel Vorsitzender beim Kegelverein "Glück auf". Der Garten und das ausdauernde Spazierengehen waren weitere Betätigungsfelder, vor Corona standen Tagesfahrten auf dem Programm.
"Er läuft wie ein Weltmeister", sagt Tochter Karin, der Vater sei nicht zuletzt ein ausdauernder Schläfer. Ein paar Mal war Gröschel auch in Polen, hat auf den Spuren der Vergangenheit einen netten Taxifahrer kennengelernt und die Gegend um den alten Heimatort Neisse ("das schlesische Rom") erkundet. Mittlerweile darf er eine etwas ruhigere Kugel schieben. "Jederzeit wird geholfen", lobt der Jubilar. So habe er den besten Schwiegersohn, den es gebe. Wie man trotz 90 Jahren fit bleibt, auch dafür hat der Sennfelder einen Tipp, der natürlich nicht ganz bierernst gemeint ist: "Dreimal täglich drei Minuten lang kalt waschen".