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REGION GEROLZHOFEN
Zuckerrüben: Rekordernte mit Schlammschlacht-Finale
Rekordernte mit Schlammschlacht-Finale       -  _
Alois Wohlfahrt
 und  Gerhard Meißner
 |  aktualisiert: 14.01.2018 02:43 Uhr

Kaum war eine Zuckerrübenernte von so vielen Unwägbarkeiten begleitet wie diesmal. Schaffen es die Rode- und Verladegemeinschaften, die Rekordernte zeitgerecht einzubringen? Hält an der Zuckerfabrik in Ochsenfurt (Lkr. Würzburg) der nach einem Großbrand nur provisorisch reparierte Rübenhof der riesigen Rübenmenge stand? Spielt das Wetter mit? Noch rund zwei Wochen dauert es, bevor die Dampffahne über der Ochsenfurter Zuckerfabrik erlischt. Die Wassermassen der vergangenen Wochen und damit die widrigen Verlade-Bedingungen zum Finale zehren derzeit noch einmal an den Nerven.

Anbaufläche ausgedehnt

Bei 93 Tonnen Rüben pro Hektar lag der durchschnittliche Rübenertrag im fränkischen Anbaugebiet, in den fruchtbaren Lagen des Ochsenfurter Gaus stellenweise sogar bei weit über 100 Tonnen. Im Vergleich zum Vorjahr entspricht das einem Plus von fast 30 Prozent. Hinzu kam, dass die Rübenanbaufläche in Franken im Anbaujahr 2017 vor dem Hintergrund der bevorstehenden Marktliberalisierung um 13 Prozent auf knapp 25 000 Hektar ausgedehnt wurde.

Rekordergebnisse beim Ertrag, aber: bei so viel Licht gibt es auch Schattenseiten. Und dafür haben die rund 270 Liter Regen gesorgt, die seit September gefallen sind. Die Regenmenge hat der Landwirt Alexander Krauser aus dem Königsberger Stadtteil Holzhausen gemessen. Die Folge sind tiefe Böden. Und damit ist Krauser so gut wie jeden Tag konfrontiert. Er ist stellvertretender Vorsitzender der Landwirtschaftlichen Maschinengemeinschaft (LMZ) Zeil Ost, die für den Transport der Rüben in die Zuckerfabriken sorgt. Organisiert wird die Abfuhr vom Maschinen- und Betriebshilfsring Haßgau und dem Maschinenring Gerolzhofen.

Rübenmaus versinkt fast jeden Tag

Krauser: „Dass die Rübenmaus so oft versunken ist, das hatten wir noch nie“, berichtet der Landwirt. Beinahe jeden Tag sei dies der Fall „und das erschwert natürlich die Rübenabfuhr“, und sorgt auch für Wartezeiten für die Lastwagen, die den eigentlichen Transport übernehmen. Denn: einfach ein Seil nehmen, an der Maus befestigen und mit genügend PS daran ziehen – das geht nicht. Zum einen müssen die Zugmaschinen selbst erst einmal festen „Boden“ unter den Reifen haben. Zum anderen muss beim Ziehen darauf geachtet werden, dass die Rübenmaus dabei nicht Schaden nimmt, dass etwa Teile verzogen werden.

Routinierte Roder-, Maus- und Lastwagenfahrer

Mitunter sind die Flächen an den Rübenmieten ein einziger Morast, berichtet auch Maschinen- und Betriebshilfsring Haßgau-Geschäftsführer Tino Scheithauer. „Ich will nicht jammern“, sagt Scheithauer, denn wie die Landwirte, seien viele froh, dass der Winter Niederschlag liefere, dass das Grundwasser aufgefüllt werde. „Klar ist es ein extremes Jahr, aber wir haben auch routinierte Leute draußen“ und meint damit die Roder-, Maus- und Lastwagenfahrer. Und auch viele Bauern selbst hatten dazu beigetragen, dass die Abfuhr noch einigermaßen über die Bühne ging: Sie hatten nicht bis direkt an den Rübenhaufen geackert oder gegrubbert. So war dort der Boden nicht so stark durchweicht, wenn die Rübenmaus zur Miete hinfuhr um die Lastwagen zu beladen. Denn rund 15 Meter Platz braucht die Maus, bis sie richtig steht, um mit dem Verladen zu beginnen.

Und auch das Vlies, das normalerweise die Rüben vor Kälteschäden schützen soll, hat gute Dienste geleistet, so Michael Mikus vom Maschinenring Gerolzhofen: Die Abdeckung hat zumindest dafür gesorgt, dass die Miete nicht ganz so durchnässt wurde.

Seit dem 9. September sind die Fahrzeuge und die Verladeanlagen im Einsatz, um den Hunger der Fabrik zu stillen. Dort war man mit Ungewissheit in die Rübenkampagne gestartet. Am 17. Juni 2017 hatte ein Großbrand auf dem Rübenhof die Förderanlagen zerstört und das Waschhaus in Mitleidenschaft gezogen. In Rekordzeit waren die Anlagen provisorisch instandgesetzt worden. Bis wenige Stunden vor Kampagnenstart wurde noch mit Hochdruck daran gearbeitet.

Bis 24. Januar

Das Ergebnis lässt Ernst Merz von der Rübenabteilung der Fabrik noch immer staunen. Kaum eine Kampagne in den Vorjahren sei so störungsfrei gelaufen wie diese. Und das, obwohl die Spuren des Brandes nicht zu übersehen sind. Auch die weitere Verarbeitung war optimiert worden. Eine Tagesmenge von rund 16 000 Tonnen Rüben gibt der Verband fränkischer Zuckerrübenbauer an, das sind rund 1000 Tonnen mehr als in den Vorjahren.

Befürchtungen, die Kampagne könnte sich bis in den Februar hinziehen, sind damit vom Tisch. Um den 24. Januar herum wird voraussichtlich die letzte Rübe verarbeitet, sagt Merz – vorausgesetzt, alles läuft weiter so reibungslos wie bisher.

Ende nächster Woche dürften dann auch die letzten Rüben aus dem Haßgau verladen sein, dann setzt die Maus über den Main und in Richtung Gerolzhofen. Die letzten Gemeinden, aus denen dann Rüben abgefahren werden, dürften die Ortschaften im Bereich Sulzheim, Alitzheim und Mönchstockheim sein.

Im Kreis der europäischen Anbauregionen könnte Franken in diesem Jahr damit auf einen Spitzenplatz aufsteigen, so Ernst Merz weiter. Während nämlich beispielsweise in Belgien mehr Rüben pro Hektar geerntet wurden, dafür aber Zuckergehalt zurückging, liegt der in Franken trotz der hohen Menge bei 18,3 Prozent, also im langjährigen Durchschnitt. „Es gibt nicht viele Regionen in Europa, die mehr Zucker pro Hektar produzieren“, meint Merz, „für die fränkischen Anbauer ist das ein ganz tolles Ergebnis.“

Und ein solch – in zweierlei Hinsicht – bemerkenswertes Ergebnis ist auch auf den Feldern im Landkreis Haßberge herangewachsen. Bei rund 85 Tonnen liegt der durchschnittliche Ertrag, berichtet der Kollege von Ernst Merz in der Rübenabteilung, Simon Vogel. Das bedeutet einen höheren Ertrag von rund 20 bis 30 Prozent im Vergleich zu Vorjahren. Bemerkenswert aber auch: mit 18,2 Prozent ist der Zuckergehalt „erstaunlich hoch“, so Vogel, denn in der Vergangenheit bedeuteten hohe Erträge eher geringeren Zuckergehalt.

Ähnlich die Situation im Bereich Gerolzhofen: 88 Tonnen Ertrag pro Hektar und 17,9 Prozent Zuckergehalt.

Gründe fürs Rekordergebnis

Die Gründe: Das waren, wie berichtet, zum einen die idealen Wachstumsbedingungen – obwohl es angesichts der eher trockenen Monate April und Mai gar nicht nach einem Rekordjahr ausgesehen hatte. Für den Wachstumsschub hatten dann die intensiven Niederschläge ab Juli gesorgt. Weitere Gründe für die Rekordernte: es gab weniger Blattkrankheiten, wie etwa Mehltau, sowie die Tatsache, dass viele Landwirte „Nematoden-tolerantes“ Saatgut verwendeten. Nematoden, Fadenwürmer, kamen so nicht zum Zuge, berichtete bereits vor einiger Zeit Ernst Merz. Bestimmte Sorten von Fadenwürmern befallen die Rüben und saugen den Pflanzensaft.

Diese Faktoren zusammen haben auf den Feldern eine Rekordernte heranwachsen lassen. Die Frage bleibt, wie sich dieses Ergebnis letztlich auf den Konten der Anbauer auszahlt. Am 1. Oktober 2017 lief die europäische Zuckermarktordnung aus. Statt auf ein reguliertes Quoten- und Preissystem sind die fränkischen Zuckerrübenbauern deshalb künftig auf den Vermarktungserfolg der Südzucker AG angewiesen.

Der Rübenpreis richtet sich streng nach den tatsächlichen Verkaufserlösen, und die stehen gegenwärtig unter dem Druck sinkender Preise auf dem Weltmarkt.

Gekostet hat diese längste Kampagne den Landwirten aber eines auf alle Fälle, so Landwirt Alexander Krauser: „Uns wurden Wochen einer ruhigeren Zeit gestohlen“. Krauser weiter: „Und wir sind ja noch nicht am Ende“.

Im Gegensatz zu den derzeitigen Bedingungen war das Verladen mit der Rübenmaus im Oktober noch geradezu ideal. Das Bild entstand zwischen Haßfurt und Zeil, auf der Höhe von Augsfeld.
Foto: René Ruprecht | Im Gegensatz zu den derzeitigen Bedingungen war das Verladen mit der Rübenmaus im Oktober noch geradezu ideal. Das Bild entstand zwischen Haßfurt und Zeil, auf der Höhe von Augsfeld.
Ein Bild, mit dem die Organisatoren der Rübenabfuhr in diesen Tagen oft konfrontiert sind: Die Verlademaus versinkt im Feld – im Bild auf einem Acker bei Lülsfeld.
Foto: Michael Glos | Ein Bild, mit dem die Organisatoren der Rübenabfuhr in diesen Tagen oft konfrontiert sind: Die Verlademaus versinkt im Feld – im Bild auf einem Acker bei Lülsfeld.
 
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