zurück
BAD NEUSTADT/SCHWEINFURT
Zoff hinter den Kulissen und vor Gericht
Neuer Chef: McDonald's Bad Neustadt wurde an den Franchisenehmer Stephen Paul de Santo aus Schweinfurt verkauft, der damit insgesamt sieben Restaurants, darunter fünf in Schweinfurt und Werneck, leitet.
Foto: Sonja Demmler | Neuer Chef: McDonald's Bad Neustadt wurde an den Franchisenehmer Stephen Paul de Santo aus Schweinfurt verkauft, der damit insgesamt sieben Restaurants, darunter fünf in Schweinfurt und Werneck, leitet.
Von unserem Redaktionsmitglied Ines Renninger
 |  aktualisiert: 15.12.2020 12:52 Uhr

Der Big Mac heißt noch immer Big Mac. Der Cheeseburger Cheeseburger. Für McDonald's-Kunden hat sich nicht viel geändert am Standort Bad Neustadt. Hinter den Kulissen allerdings rumorte es heftig die letzten eineinhalb Jahre. Das Ergebnis: Statt Körber ist jetzt de Santo Chef.

Der ehemalige Franchisenehmer Matthias Körber – er baute die Schnellrestaurants in Bad Neustadt und Bad Kissingen auf – verkaufte diese im Sommer 2010 an Franchisenehmer Stephen Paul de Santo aus Schweinfurt, der damit insgesamt sieben Restaurants, darunter fünf in Schweinfurt und Werneck, leitet. Zuvor jedoch hatte sich Subunternehmer Körber mehrere – auch gerichtliche – Auseinandersetzungen mit dem McDonald's-Konzern geliefert. „Das ist wie bei einer Beziehung“, sagt der 48-jährige im Rückblick. „Am Anfang ist man verliebt, am Ende kommt die große Schlammschlacht.“

Die Liebe kam bei ihm relativ früh: Im Alter von 18 Jahren wollte sich der Münchner ein Motorrad kaufen und jobbte dafür bei McDonald's. „Studieren ohne Geld zu verdienen ist Zeitverschwendung“, Körber blieb beim Konzern. Sieben Jahre lang arbeitete er in der ersten McDonald's-Filiale in Italien. Dort habe er den Plan gefasst, Franchisenehmer zu werden. McDonald's bot ihm Bad Neustadt als Standort an.

„Man bekomme ein Angebot von McDonald's“, sagt Körber, „vielleicht auch ein zweites“, dann müsse man spätestens zuschlagen. So zog der Münchner 1993, beruflich und privat, nach Rhön-Grabfeld. 2001 expandierte er und eröffnete in Bad Kissingen ein weiteres Schnellrestaurant.

Als Subunternehmer sollte man auch vor Ort leben, so der Wunsch des McDonald's-Konzerns. Ab 2006 dachte Körber aber an einen Umzug: weg aus der Klein- und hin zur Großstadt. „Es ist nicht meine Welt, hier zu leben“, sagt er fast entschuldigend. Auch wenn er die Rhön und die Natur liebe, fehlten ihm Freizeitmöglichkeiten wie Kabarett und Oper, auch ein ICE-Bahnhof vor Ort und ein Flughafen. Weiter expandieren habe er auch nicht können: Mit Filialen in Bad Brückenau oder Bad Königshofen, sagt er, hätte er nur Bad Neustadt und Bad Kissingen um Kunden beschnitten.

Weil er bei großstadtnahen McDonald's-Filialen intern nicht zum Zug kam, entschied Körber zum Jahreswechsel 2008/2009 seine McDonald's-Restaurants ganz zu verkaufen. „Doch genauso schwierig wie reinzukommen ist es, bei McDonald's wieder rauszukommen“, so Körbers These. Als Käufer infrage kämen nur geprüfte Franchise-Nehmer, bei der Auswahl rede der Konzern mit – „und dann wollte ich natürlich noch den Preis bekommen, den ich mir vorstellte“.

Körber spricht von einer gewissen „Missstimmung“, die sich nach und nach zwischen McDonald's und ihm breit machte. „Man hat mir Steine in den Weg gelegt und versucht, Druck auf mich auszuüben.“ Seine Vorwürfe beziehen sich auf die Besuche von McDonald's-Kontrolleuren in seinem Restaurant. Die hätten gezielt nach Fehlern gesucht. Mal habe ihnen das Piercing eines Mitarbeiters nicht gefallen, mal monierten sie, dass der Kühlschrank nach mehrmaligem Öffnen nur noch Minus 17 statt der vorgeschriebenen Minus 18 Grad hatte.

„Am Anfang habe ich noch gedacht: Die sind halt schlecht drauf“, sagt Körber. Doch entsprechende Vorfälle hätten sich gehäuft. „Ich hab doch nicht von heute auf morgen verlernt, ein Restaurant zu führen.“ Gegenüber dem Magazin Spiegel sprach er im Dezember 2010 gar von Schikane und purer Manipulation.

Das Verhältnis von McDonald's Deutschland und seinen Franchisnehmern beruhe auf respektvollem Umgang und einer kooperativen und vertrauensvollen Partnerschaft, erklärte McDonald's-Unternehmenssprecher Matthias Mehlen schriftlich. „Dies schließt auch unsere Qualitätskontrollen mit ein, durch die wir unseren Gästen zu jeder Zeit optimale Qualität und besten Service garantieren wollen.“

Körber sah das wohl anders: Er griff letztlich zur Videokamera, um den Besuch der Kontrolleure zu dokumentieren. Die Antwort des Konzerns: eine einstweilige Verfügung und eine Klage beim Landgericht München. In erster Instanz verlor McDonald's: Die Videokamera sei durch die „schutzwürdigen Belange“ des Franchisenehmers gerechtfertigt, argumentierte das Gericht damals. McDonald's focht das Urteil an. Vorm Oberlandesgericht hätten die Parteien einen Vergleich geschlossen, berichtet Körber: Nicht per Video, sondern per Fotokamera sei die Dokumentation erlaubt. Legt McDonald's seinen Bericht vor, habe er eine Stunde Zeit für eine Gegendarstellung.

„Ein Mal haben wir das auch durchgezogen“, sagt Körber. Dann seien die Verkaufsgespräche in Gang gekommen. Er glaubt, dass ihm sein Schritt in die Öffentlichkeit geholfen hat. „Große Konzerne sind sehr auf ihren Markenwert bedacht.“ Im Sommer 2010 sei er mit Franchisenehmer de Santo einig geworden. „Völlig fair sei die Übergabe verlaufen“, ist es ihm wichtig zu betonen. Danach sei er sogar mit den Beteiligten von McDonald's essen gegangen. „Am Ende ging es eben doch nur ums Geld.“

Der McDonald's-Sprecher hält sich recht kurz bezüglich des konkreten Falls: „In Bad Neustadt hat es eine einvernehmliche Veräußerung der Restaurants an einen anderen Franchise-Nehmer gegeben“, schreibt er.

Nach über zehn Millionen verkauften Burgern – auf diese Zahl kommt Körber bei seiner Hochrechnung – will sich der 48-Jährige nun im Bereich traditionelle Gastronomie beziehungsweise Hotellerie in einer Großstadt selbstständig machen. Dass er das könne, habe er mit der Brasserie, die er in der Marktbärbelpassage betrieb, bewiesen, sagt er. Über kurz oder lang plane er die Zelte in Bad Neustadt abzubrechen.

Stephen Paul de Santo

Der 49-jährige amerikanische Staatsbürger lebt in Schweinfurt. Im Sommer 2010 hat er Matthias Körber die McDonald's-Restaurants in Bad Neustadt und Bad Kissingen abgekauft. Außerdem betreibt er fünf weitere Restaurants in Schweinfurt und Werneck. De Santo ist Sohn eines amerikanischen Diplomats und einer deutschen Mutter. Sein Studium, BWL und Politologie, absolvierte er in den USA. 1988 übernahm er – eigenen Angaben zufolge als damals jüngster Franchisenehmer – sein erstes Restaurant in Schweinfurt. De Santo hat vier Kinder.

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top