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Schweinfurt
Zöllner kassierten gefährliche Tschechen-Böller, jetzt fiel in Schweinfurt das Urteil gegen drei junge Männer
"DumBum" bis "Super Cobra 17": Drei Kumpels haben sich mit Feuerwerkskörpern eingedeckt. Ein gefährlicher Deal – und strafbar auch.
In Tschechien haben drei junge Männer aus dem Raum Schweinfurt großzügig eingekauft – und in Deutschland verbotene Böller erworben. Eingebracht hat ihnen das ein Verfahren am Amtsgericht Schweinfurt.
Foto: Frank Hammerschmidt/dpa | In Tschechien haben drei junge Männer aus dem Raum Schweinfurt großzügig eingekauft – und in Deutschland verbotene Böller erworben. Eingebracht hat ihnen das ein Verfahren am Amtsgericht Schweinfurt.
Stefan Sauer
Stefan Sauer
 |  aktualisiert: 08.02.2024 19:52 Uhr

Zwei der jungen Männer sind 19 Jahre alt, in Ausbildung, kurz vor dem Abschluss; der dritte (18) ist Arbeiter im Schichtbetrieb bei einem der großen Schweinfurter Metallbetriebe. Brav und höflich sitzen sie am Schweinfurter Amtsgericht vor dem Jugendrichter. Der betritt gewohnt schwungvoll den Sitzungssaal 7, legt die Akte auf den Tisch und eröffnet "das Verfahren gegen die drei Sprengmeister des Jahres", wie er sagt.

Den drei Angeklagten aus dem Landkreis Schweinfurt wird vorgeworfen, gemeinschaftlich und verbotenerweise am 13. November letzten Jahres "explosionsgefährliche Stoffe" nach Deutschland eingeführt zu haben, ohne dazu berechtigt zu sein.

Der Zoll hat sie bei der Rückfahrt von Tschechien am Grenzübergang Schirnding kontrolliert und im Kofferraum allerlei Feuerwerk und Böller gefunden: eine Batterie "XMAS Dream" zum Beispiel, über 40 Sprengkörper mit dem schönen Namen "DumBum", zwei "Super Cobra 17" und einen Kracher namens "Kulova Puma".

Nach dem Paintball sieben Kilo Böller in Tschechien gekauft

"Wie kommt man auf die geniale Idee, dort 7,36 Kilogramm Sprengstoff zu kaufen und über die Grenze zu bringen?", fragt der Richter. Sie seien dort zum Paintball-Spielen im Nachbarland gewesen, anschließend hätten sie die Knaller gekauft, sagt einer der 19-Jährigen. Ein ganz normaler Markt sei das gewesen, mit Kasse, "wie bei und auch".

"Und was sind die feinen Unterschiede zwischen tschechischen Feuerwerkskörpern und deutschen?", fragt der Richter. Er gibt auch gleich die Antwort: "Wenn unserer Kanonenschlag der Kategorie 2 in der Hand explodiert, haben Sie ein Aua, bei der tschechischen Kategorie 2 ist die Hand wahrscheinlich weg. Die Dinger sind schlicht und einfach saugefährlich."

Dass das ausländische Böllersortiment, das sie sich im Nachbarland zugelegt haben, in Deutschland nicht zugelassen sei, hätten sie nicht gewusst, sagen die Angeklagten. Das lässt der Vorsitzende nicht gelten. Es gebe das Internet und Suchmaschinen, dort könne sich doch jeder schlau machen und zum Beispiel auch herausfinden, dass man sich in den USA in jedem zweiten Laden problemlos ein Sturmgewehr kaufen könne, hier sei der Besitz trotzdem verboten.

Gegen Geld für den Kreisjugendring wird das Verfahren eingestellt

"Das war der aufklärerische Teil", sagt nun der Jugendrichter. Die vom Zoll kassierten gut sieben Kilo "explosionsgefährliche Stoffe" würden bei der nächsten Sprengaktion der bayerischen Polizei vernichtet. Wie aber soll die Straftat der drei Angeklagten geahndet werden? Volljährig waren sie zur Tatzeit alle. "Heranwachsende", wie es heißt. Doch sollen sie deshalb nach Erwachsenenstrafrecht beurteilt werden?

Die Vertreterinnen des Jugendamtes plädieren für Jugendstrafrecht und in allen Fällen für eine Einstellung der Verfahren gegen Geldauflage. Die Taten selbst seien doch jugendtypisch und erzieherische Maßnahmen angesichts der geordneten Verhältnisse und Werdegänge der Angeklagten nicht angebracht. Zwei von ihnen sind Aktive der Freiwilligen Feuerwehr.

Mit dem Einverständnis des Staatsanwalts folgt der Vorsitzende Richter der Jugendgerichtshilfe und stellt das Verfahren ein – jeweils gegen eine Geldauflage von 200, 300 beziehungsweise 500 Euro. Das Geld kommt dem Kreisjugendring Schweinfurt zugute.

 
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  • Funkenstern
    Geld bezahlen ist doch Portokasse.
    Hier sollten noch Sozialstunden hinzukommen, damit in der Freizeit ausser der Feuerwehr noch was anderes passieren darf, was zum einen Zeit kostet und unangenehm sein sollte.
    Aber die Kuscheljustiz mit den Empfehlern oder Gutachtern sieht das ja zumeist anders.
    Na denn…
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