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Schweinfurt
ZF: Menschenkette für Erhalt der Arbeitsplätze
Sind am ZF-Standort Schweinfurt 1000 Stellen in Gefahr, wenn die Sparpläne des Vorstands wirken? Die Beschäftigten wollen Klarheit und stehen zusammen – aber mit Abstand.
ZF-Beschäftigte bilden eine Menschenkette zwischen den Werken Süd und Nord - mit Maske und weißen Abstandshaltern. Sie fordern Klarheit über angekündigte Stellenabbaupläne.
Foto: Anand Anders | ZF-Beschäftigte bilden eine Menschenkette zwischen den Werken Süd und Nord - mit Maske und weißen Abstandshaltern. Sie fordern Klarheit über angekündigte Stellenabbaupläne.
Stefan Sauer
Stefan Sauer
 |  aktualisiert: 08.02.2024 12:32 Uhr

Es ist eine imposante Demonstration des Zusammenhalts und gemeinsamer Stärke von rund 1400 ZF-Mitarbeitern, die am Donnerstagmorgen eigentlich gerade arbeiten sollten: Sie verlassen aber das Werk Nord in der Ernst-Sachs-Straße und das im Süden an der Röntgenstraße und stellen sich unter strahlender Sommersonne ab 9 Uhr zu einer Menschenkette zusammen. Sie führt zum Teil über die Hahnenhügelbrücke und reicht am Ende, als sie geschlossen ist, von einem Werk zum anderen und ist knapp drei Kilometer lang.

Die Hand am Abstandsband

Natürlich reichen sich in Corona-Zeiten die ZF-Metaller dabei nicht die Hände, sondern sind mit weißen, eineinhalb Meter langen Bändern verbunden. Die IG Metall, die zu dieser Aktion aufgerufen hat, achtet penibel auf Einhaltung der Corona-Regeln. Dazu gehört der Sicherheitsabstand, gerade bei einer Menschenkette mit weit über 1000 Leuten im Freien, dazu gehört auch der Mund-Nasen-Schutz (MSN). Mit dabei sind auch DGB-Regionsgeschäftsführer Frank Firsching sowie der Linke-Bundestagsabgeordnete und frühere Schweinfurter IG-Metall-Chef Klaus Ernst. 

Was ist der Anlass für die spektakuläre Aktion? Es ist die Ankündigung von ZF-Chef Wolf-Henning Scheider im Mai, bis 2025 weltweit 15 000 Stellen abzubauen, davon 7500 in Deutschland, "um das Jahr 2020 zu bewältigen". Er nannte die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie als Grund. Den Beschäftigten werde "eine unsichere Zukunft beschrieben", ohne "konkrete Vorschläge und/oder Maßnahmen zu benennen", kritisiert die IG Metall in ihrem Aktionsaufruf.

Es gibt weitere Job-Risiken

Klar sei, dass die Auftragslage schon seit Herbst vergangenen Jahres zurückgegangen sei. Mit den verschiedenen „Lock-Downs“ sei der für ZF existenzielle Markt für Pkw und Lkw "zumindest zeitweise zum Erliegen gekommen". Um die Jobs zu halten, gebe es gute Kurzarbeiterregelungen, so die IG Metall. Was aber bedeutet die Ankündigung des Konzernchefs, 7500 Stellen abzubauen und Projekte zu streichen, für den Standort Schweinfurt, nach dem Unternehmenssitz Friedrichshafen der zweitgrößte in Deutschland?

Genau das ist bisher völlig ungeklärt, sagt Betriebsratschef Oliver Moll dieser Redaktion. "Wir wissen nicht, wo was und wieviel eingespart werden soll." Einem Stellenabbau steht eigentlich der erst im Dezember 2019 für Schweinfurt vereinbarte Beschäftigungssicherungsvertrag bis 2025 entgegen. Seit acht Wochen lebten die Mitarbeiter mit diesem Widerspruch. Für diesen Vertrag habe der Betriebsrat der teilweisen Verlagerung der Dämpferfertigung aus Schweinfurt zugestimmt und die Ansiedlung der Elektromobilität im Werk Süd erreicht. 

Aus zwei mach eine Division?

Wenn jetzt geplant sei, aus den beiden Divisionen Powertrain (Antriebsstrang) und Elektromobilität künftig eine zu machen, wird das Auswirkungen auf die Belegschaft haben, ist Moll sich sicher. Welche, in welchem Maß und wo - bei Organisation und Verwaltung oder auch in der Produktion - sei ungewiss. Die IG Metall weist auf die bevorstehende Integration des erst dazu gekauften Nutzfahrzeugzulieferers Wabco hin, deren Auswirkungen schwer einzuschätzen seien. Und: Eine grundsätzliche Veränderung der Konzernstruktur, die neben der Zusammenlegung von Powertrain und Elektromobilität diskutiert werde "und zu der wir überhaupt noch keine konkreten Vorstellungen kennen", könne massive Auswirkungen auf die Zahl und die Qualität der Arbeitsplätze haben.

Auch die Beschäftigten bei ZF Aftermarket (Wartung, Ersatzteile, Dienstleistungen) sind laut IG Metall von diesen möglichen Entwicklungen "ganz massiv betroffen". Zu befürchten sei eine weitere Leistungsverdichtung nach der Kurzarbeitsphase. Schon jetzt würden, wie überall im Konzern, Arbeitsplätze nicht wiederbesetzt.

Was wäre der "worst case"?

Was könnten Stellensstreichungspläne des Konzerns für den Standort Schweinfurt unterm Strich bedeuten? Im "worst case" könnten von den 7500 Stellen in Deutschland zehn Prozent in Schweinfurt wegfallen, sagt Betriebsratschef Moll. Der Zusammenlegung der beiden Divisionen und Wabco-Integration könnten Einsparungen folgen, "das kann im Verlauf von fünf Jahren schnell vierstellig werden", so Moll. Aber: "Mir fehlt die Fantasie, wo so viele Stellen entbehrlich wären." 

Um dazu von der Konzernspitze Klarheit zu verlangen, bildeten die ZF-Beschäftigten die Menschenkette von einem Werk zum anderen – corona-konform, mit Abstandsbändern und Make.

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  • M. K.
    Es ist doch schon komisch, bei der Motorrad-Demo, hat man nicht viel gehört wegen Abstand und Mundschutz! Und jetzt wo es ja doch um ein brisantes Thema geht, ein Aufschrei wegen vorgegebenen Vorschriften. Ich glaube doch, dass die meisten Menschen bei dieser 'Demo`` vorschriftsmäßig gehandelt haben! Ein paar Abweichler gibt es immer, aber noch mal zum Mitschreiben, bei der Ansammlung am Volksfestplatz , das wurden viele Vorschriften mißachtet!
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  • G. K.
    Wo sind denn hier die Kritiker zwecks Abstand und Maskenpflicht? Der überwiegende Teil hat zwar eine Maske auf, aber beim genaueren hinsehen sind auch einige ohne und stehen eng beinander.
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    Die Maskenpflicht galt noch nie an der frischen Luft. Abstandsgebote jedoch schon.
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  • S. G.
    Bitte erst informieren, dann schreiben. Abstandsgebot wurde auf den Bildern doch eingehalten.
    Ihr offensichtlicher Bezug auf die Kritik bei den Feierlichkeiten der Würzburger Fussballer sollte dann schon sachgerecht sein. Hier wurden der fehlende Abstand kritisiert.....
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  • J. B.
    Gut das es Corona gibt, denn jetzt kann man Corona für alles verantwortlich machen ohne dafür verantwortlich zu sein/gemacht zu werden. Fehlplanungen, Misswirtschaft, Gewinnoptimierung, Dieselskandal, Stellenabbau . . . . . wir waren es nicht - wir waschen unsere Hände in Unschuld - denn es war ja Corona.
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  • X. X.
    Die FFF...Fridays for Future Aktivisten machen unsere Arbeitsplätze in der Automobilindustrie auch in Schweinfurt kaputt.
    Wenn die Eltern dann Arbeitslos sind wird ihnen das Schulschwänzen am Freitag schon vergehen. 😂
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  • P. K.
    Lasst uns weiter unsere Lebensgrundlagen zerstören, Hauptsache die jetzige Generation behält ihren Arbeitsplatz!
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  • P. H.
    vob geht nach dem Muster"Ja nichts verändern" Auch wir haben vor mehr als 35 Jahren gegen die POSTREFORM durch Minister Bötsch und Konsorten gekämpft. Da gings auch um mehr als 100000 Arbeitsplätze die vernichtet wurden. Wir haben erkennen müssen dass ohne diesen Schnitt die Digitalisierung nicht so schnell vonstatten gegangen wäre. Schluss mit dem Gejammer: Energiewende ist dringend für die zukünftigen Genarationen wichtig. Keiner braucht den Heizer auf der E-Lok!
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    Auf eigenen Wunsch entfernt.
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    Die Digitalisierung wäre schneller vorangegangangen, wenn sie die zerschlagenen öffentlichen Betriebe der Daseinsvorsorge organisiert hätten. Der Rückzug des Staates aus der Verantwortung für die (digitale) Infrastruktur hat das Desaster mit Funklöchern, digitalen Brachlandschaften und einer schlechten Anbindung vieler kleinerer Orte doch erst verursacht.
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    Umweltschutzpolitik der letzten Monate: CO2-Steuer, also ansteigende Heiz-und Wohnraumkosten, saftige Spriterhöhung für alle, Arbeitsplatzvernichtung. Wir sind zwar Exportnation, aber mit solch einer Politik können wir keine Nachahmer finden. Abschreckung viel eher. In ein paar Jahren werden die FFF-Demonstranten verschwunden sein, aber deren Hinterlassenschaften werden vieles zersört haben. FFF zersört, schützt nicht.
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  • U. L.
    Bei allem Mitgefühl für die um Arbeitsplätze fürchtenden Mitarbeiter von ZF-Sachs müssen sich die Betroffenen fragen lassen, ob sie eine geeignete Führung haben. Bei der ersten FFF-Demo in Schweinfurt hat die IGM Trillerpfeifen an die Schüler verteilt und dabei verkannt, dass sie gegen die eigenen Interessen handelt. Corona hin, Covid her: Das Problem ist doch die von allen Seiten nach Kräften demontierte Automobilindustrie. Daran hat die IGM durch die Unterstützung von FFF mitgewirkt. Bei aller Sympathie für die einzelnen Menschen wirkt die Demo an dieser Stelle schon etwas widersprüchlich.
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    Leider wahr..
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  • A. H.
    Leider? leider ja, aber den Herren Zukunftsverweigerern werden damit endlich such mal die Masken von Gesicht gerissen.
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    Auf eigenen Wunsch entfernt.
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