Carsten Kirschner ist wieder glücklich. Seit 13 Jahren verweigert der 42-Jährige Weihnachten komplett und nun ist all der Rummel vorbei. Die im Westen erscheinende WAZ hat – an Weihnachten ! – über den Boykott des Esseners berichtet, der Adventskalender, Nussteller oder rote Kerzen aus seinen vier Wänden fern hält. Vor 13 Jahren hat er seinen letzten Glühwein getrunken, was ihn zum absoluten Exoten macht. Glühwein ist nämlich „in“, ist das Dezember-Kultgetränk, was natürlich mit Weihnachten und im besonderen mit den Märkten allüberall zu tun hat. Würde es das süße Gesöff nicht geben, wär's um diesen Weihnachtsmarkt sehr schnell geschehen.
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In Schweinfurt ging es schon im November los. Kaum war der Markt eröffnet, strömten erste Hundertschaften an einem Werktagabend zur guten Stube. Nur das „Oh Du fröhliche“ aus Lautsprechern gab Hinweise aufs Fest in ein paar Wochen. Jeden Tag wiederholte sich das Spektakel. Dicht gedrängt standen ganz viele Menschen an den mehreren Glühwein-Zapfstellen beieinander, immer bis weit nach 20 Uhr, das vierte Gläslein musste ja noch geleert werden.
Letztes Jahr hat Deutschland 50 Millionen Liter Glühwein ausgeschenkt, großteils auf Weihnachtsmärkten, Wahnsinn. Und Schweinfurt wird an der hundertprozentig neuen Rekordmenge 2013 maßgeblich beteiligt sein. Am manchen Abenden war die Zahl der Glühweintrinker jedenfalls beängstigend groß. Schwer erklärbar das alles, zumal es der verführerische Duft allein nicht sein kann, der so viele dazu bringt, 26 Abende am gleichen Ort das gleiche Getränk mit hohem Zuckergehalt zu sich zu nehmen. Wahre Kalorienbomben sind das. Fröhlich machenden Alkohol, sieben bis zehn Prozent sollen es sein, gibt's auch in anderen Getränken.
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Und die wärmende Wirkung an einem kalten Wintertag, die man dem Glühwein nachsagt? Vielleicht ist es das, aber: Es war nie richtig kalt und außerdem ist die Wärme eingebildet, der Trank führt uns hinters Licht. Der Körper gibt nach dem Glühweingenuss mehr Wärme ab, man friert nach einem kurzen Wohlgefühl also mehr als vorher. Bleibt nur eines: Das sich begegnen, das sich treffen und vor allem, das wieder miteinander reden, das so viele verlernt haben. Comic-Sprache, SMS-Wortfetzen, 140 Zeichen, einen korrekten Satz rauszukriegen fällt vielen immer schwerer. Der Mensch ist für die virtuelle Kommunikation eher nicht erschaffen worden, er will quatschen, der Glühwein macht's möglich. Vielleicht stimmt das alles auch nicht, aber irgendwie wollten wir das Phänomen halt erklären.
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Harter Themawechsel vor dem Wunsch an alle Leser auf ein gutes, gesundes 2014. Wilhelmstraße. Dort zeigt sich, dass nicht jeder Verkehrsplaner einen Plan hat. Es gibt dort zwei für Menschen mit Handicap reservierte Stellplätze, die es aber dem Behinderten schwer machen, aus dem Auto zu steigen: Der Parkscheinautomat wurde genau dort auf dem Gehsteig installiert. Lässt sich leicht lösen und wäre die erste gute Tat 2014: Automaten versetzen oder die Behindertenparkplätze verlegen. Der behinderte Informant würde sich freuen.