
Symbolgeschichtlich betrachtet ist es ein Mandelbäumchen, das die Fassade des Wohnhauses im "Judenhof" schmückt: im Gedenken an die Schwebheimer Synagoge, die einmal mit ihrer Gemeinde an dieser Stelle beheimatet war. Die Menora, der siebenarmige Leuchter, hat eine komplexe Symbolik. Ursprünglich soll sie vom jüdischen Lebensbaum inspiriert worden sein: Mandelbäumchen blühen im "Heiligen Land" gleich nach den Wintermonaten, und stehen für die Zerbrechlichkeit des Lebens, aber auch für Schutz und Gedeihen, im Vertrauen auf höhere Mächte.

Im Jahr 2014 hat Jörg Kaspari und die jetzige Bewohnerin das frühere Gotteshaus renoviert, das mehr als 250 Jahre alt, aber schon Anfang des 20. Jahrhunderts "verweltlicht" worden ist. Als die Nazis an die Macht gelangt sind, gab es nur noch eine Handvoll jüdische Schwebheimer. Die "Meyer-Mädchen" sind im Ort bis heute ein Begriff, die Töchter von Meyer Oppenheimer, die am Kirchplatz 24 eine koschere Metzgerei betrieben haben.
Gebäude wurde aus dem Winterschlaf geweckt
Die ursprünglichen "Judenhäuser" in der Gasse waren klein, der Schutz durch die Freiherren von Bibra ein zweischneidiges Schwert, der mit blanker Münze bezahlt werden musste. Unter dem Dachgiebel der einstigen Synagoge lächelt dem Besucher versöhnlich das goldene Porträt eines Buddha entgegen – die jetzige Nutzerin war lange in der Reisebranche tätig und arbeitet als Pferdeosteopathin. Ihr Haus ist nicht das einzige Gebäude im historischen Ortskern, das in den vergangenen Jahren aus dem Winterschlaf geweckt worden ist.

Karin Model ist eine gute Freundin. Auch deren Wohnhaus, Kirchplatz 11, wurde jetzt von ehemaligen Lebensgefährten Jörg Kaspari renoviert: "Ich hab mein Leben lang nichts anderes gemacht", sagt der frühere Baurestaurator.
200 000 Euro flossen in die Sanierung
"Es sind schon zwei Orte, die für Schwebheim prägend sind", findet Model. Die ehemalige SPD-Gemeinderätin hat vor einem halben Jahr das Anwesen übernommen, das Ende des 19. Jahrhunderts gebaut worden ist – und hat etwa 200 Quadratmeter Wohnfläche an der Hauptstraße mit 64 Quadratmetern am Kirchplatz eingetauscht. Immerhin 200 000 Euro sind in die Sanierung geflossen.

Bereut hat es die frühere zweite Bürgermeisterin nicht. Schon den kleinen Hof, mit neuen Türflügeln, findet sie "schnuckelig". Der Torbogen stammt aus Königsberg, der Knauf ist noch original "1890". An der Wand erinnert ein Bild an den Vorbewohner Rudolf Gramsch. Riesengroß ist das neue Domizil nicht, an dem auch ein lokales Bauunternehmen Interesse hatte.
Haus wurde fit gemacht für das 21. Jahrhundert
Auf zwei Etagen heißt es schon mal Kopf einziehen, spätestens auf der Holztreppe. "Das Sofa haben wir mit dem Kran reingehoben", schmunzelt Karin Model. Die Familie, die hier früher mal als Nebenerwerbslandwirte gewohnt hat, war kinderreich. Die Verhältnisse scheinen beengt gewesen zu sein.

Dennoch hat das Häuschen neben der Nostalgie-Straßenlaterne Flair, gerade weil es als Relikt der "guten alten Zeit" fit gemacht worden ist fürs 21. Jahrhundert. Die Sandsteinmauern seien praktisch, sagt Model: im Sommer wird gekühlt, im Winter Wärme gespeichert. Beheizt wird das Wohnzimmer durch einen modernen Holzofen, bei Bedarf können Heizplatten zugeschalten werden. Für den Strom soll demnächst noch eine Photovoltaik-Anlage sorgen. Die beiden Katzen fühlen sich in ihrem neuen Zuhause sichtlich wohl.

Restaurierung ist im Ort gut angekommen
"Zeitenverbindung 1890 – 2020" hat der Schwebheimer Glaskünstler Günther J. Johrend seine Kreation genannt, die Glastür Richtung Straße. Die rotgoldenen und weißen Butzenscheiben in der Mitte stammen noch aus dem Kaiserreich. Schon damals wollte der Kunstgeschmack gelebte Tradition mit Aufbruchsstimmung verbinden, plus einem Hauch Jugendstil. Johrend hat die Scheiben noch um schlichte grün-weiße Glaselemente ergänzt.

Auch sonst ist für Kunst am Bau gesorgt: Unter dem Dach hängen zwei zeitgenössische Werke des Schweinfurter Malers Heinz Altschäffel. An den Nebengebäuden wird noch gearbeitet, in der hohen Scheune etwa, wo ein alter Küchenherd aus dem Schloss steht, ein Fabrikat der Wertheimer Firma Kress, oder ein Kühlschrank aus den 50er Jahren. Im Dorf sei die Restaurierung gut angekommen, sagt Karin Model. "Schwebheim hat jetzt einen Diamanten", zitiert die stolze Hausbesitzerin einen Fachmann.