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SULZHEIM
Zabelstein: Relikte einer mächtigen Festung
Ruine Zabelstein: Burgenforscher Joachim Zeune hat in seinen archäologischen Untersuchungen die verschiedenen Bauphasen der fürstbischöflichen Veste im Steigerwald nachweisen können.
So sah die stolze Burg Zabelstein mutmaßlich um die Zeit der Hussiteneinfälle um 1410/30 aus. Rechts ist die Vorburg mit den (fiktiven) Wirtschaftsgebäuden zu erkennen, über eine Brücke gelangte man von dort in die Hauptburg. Die mächtige Schildmauer mit ihren beiden Rundtürmen und dem kleinen Torhaus (am Eingangsbereich zur Hauptburg) sind heute noch recht gut erhalten. Der Zugang hoch zum Zabelstein-Plateau verläuft heutzutage zwischen der vorgelagerten kleineren Mauer und der Hauptburg. Der Aussichtsturm steht heute dort, wo früher der linke hintere Rundturm stand.
Foto: Büro Dr. Zeune | So sah die stolze Burg Zabelstein mutmaßlich um die Zeit der Hussiteneinfälle um 1410/30 aus. Rechts ist die Vorburg mit den (fiktiven) Wirtschaftsgebäuden zu erkennen, über eine Brücke gelangte man von dort in die ...
Klaus Vogt
 |  aktualisiert: 19.10.2021 15:01 Uhr

Das Interesse war groß: Deutschlands renommiertester Burgenforscher Dr. Joachim Zeune sprach im überfüllten Sulzheimer Gipsinformationszentrum bei einer gemeinsamen Veranstaltung der Historischen Vereine Gerolzhofen und Landkreis Haßberge über die inzwischen abgeschlossene Sanierung der Ruine Zabelstein. Es wurde ein spannender Abend mit vielen neuen Erkenntnissen.

Die Festung Zabelstein war früher eine „ganz starke Burg“, berichtete Zeune. Als er im Jahr 2011 mit seinem Team aus dem Büro für Burgenforschung oben auf dem Bergsporn mit den ersten Sondierungen begann, habe man noch einen völlig anderen Eindruck gehabt, „so heruntergekommen wie sie aussah“. In den zurückliegenden Jahrhunderten hatten sich die Bewohner der umliegenden Dörfer nach dem Untergang der Veste ausgiebig an den schön behauenen Sandsteinen bedient und unten im Tal zahlreiche neue Gebäude damit errichtet, unter anderem die Kirche von Donnersdorf. Hinzu kam, dass die in den 70er-Jahren erfolgte Sanierung der verbliebenen Reste laut Zeune „so richtig schlecht“ war – mit unpassendem Zement hatte man da falsche Ergänzungen an verschiedenen Stellen der Ruine vorgenommen.

 

Aus dem frühen 12. Jahrhundert

Bei der archäologischen Untersuchung konnten jetzt Parallelen zu archivalischen Belegen gezogen werden. Die ältesten gefundenen Bauteile der Burg liegen etwas unterhalb des Lingmann-Hauses und stammen von der ersten Ringmauer des frühen 12. Jahrhunderts, als die Festung noch kleiner war als in späteren Jahrhunderten.

Diese alte Ringmauer ist mit kleinen Quadern doppelt gemauert und in der Mitte mit einer Steinfüllung in Fischgrätenlage (ein sogenanntes Opus spicatum) ausgefüllt. Um das Jahr 1136, also aus der Bauzeit dieser Mauer, wird das Adelsgeschlecht derer von Zabelstein auch erstmals erwähnt. Die jetzt wiederentdeckte alte Ringmauer umschloss damals einen Hallenbau (Palas) und einen großen quadratischen Wohnturm. Unter dem Palas an der Westseite der Burganlage lag ein in den Fels gehauener Keller, der sich bis heute erhalten hat. Um 1410/40 wurde dieser Keller aufgewölbt, ab 1586 dann durch einen zweiten, leicht abknickenden Bereich vergrößert.

Anno 1303 erwarb das Bistum Würzburg die Burg und baute sie fortan stark aus. Zabelstein wurde die zweitbedeutendeste Festung des Fürstbistums nach dem Marienberg in Würzburg. Man fühlte sich hinter den trutzigen Mauern so sicher, dass zeitweise das fürstbischöfliche Archiv und der Domschatz auf dem Berg im Steigerwald eingelagert waren. Die zunächst hölzerne Vorburg dürfte zu dieser Zeit dann in Stein hochgezogen worden sein.

Im Jahr 2013 wurde die Schildmauer mit ihren Flankierungstürmen am Eingangsbereich zur Hauptburg restauriert. Ein riesiger aufgehäufter Schuttkegel oberhalb der Schildmauer (im Bild rechts oben) sorgte dabei für erhebliche Probleme.
Foto: ArchivFinster | Im Jahr 2013 wurde die Schildmauer mit ihren Flankierungstürmen am Eingangsbereich zur Hauptburg restauriert. Ein riesiger aufgehäufter Schuttkegel oberhalb der Schildmauer (im Bild rechts oben) sorgte dabei für ...

Zwischen 1410 und 1430 musste das Bistum auf den Fortschritt in der Kriegstechnik reagieren. Die stark gefährdete Frontseite am Eingang zur Hauptburg musste verstärkt werden, um möglichen Artilleriebeschuss aushalten zu können. Man baute eine neue Schildmauer, die an beiden Enden durch wuchtige Artillerie tragende Rundtürme gesichert wurde. Über den Halsgraben zwischen Vor- und Hauptburg führte eine Zugbrücke, die in einen Torbau nahe bei dem südöstlichen Rundturm mündete. Eine neue Mauer unterhalb der südlichen und westlichen Hauptmauern schuf eine Zwinger-Situation.

Bei den Untersuchungen stieß das Team Zeune auch auf die Spuren dieses Umbaus von der frühen Steinburg hin zur frühen Artillerieveste. Als der Bewuchs entfernt worden war, kam oberhalb der Schildmauer ein rund zehn Meter hoher, zunächst rätselhafter Schuttberg zum Vorschein. Die Erklärung: Etwa um das Jahr 1930 gab es im Bereich der Vorburg eine Schießbahn. Man schoss in Richtung des Hauptburg-Eingangs. Um sich gegen Querschläger zu schützen, wurde oben auf die Schildmauer ein riesiger Schuttkegel als Kugelfang aufgeschüttet. Das dazu benötige Erdmaterial bekam man, indem der ehemalige Burginnenhof ohne Rücksicht auf Verluste plan geschoben wurde. „Da gab es fatale Schäden“, bedauert Joachim Zeune.

Dieser zu Beginn der Sanierung nicht bekannte Schuttkegel verzögerte die Arbeiten massiv. Dies führte übrigens auch dazu, dass angesichts gedeckelter Baukosten schließlich am Ende der Aktion kaum mehr noch Zeit und Geld für eine Untersuchung der Vorburg zur Verfügung standen, was Zeune sehr bedauert.

Es mussten zunächst drei Sondierungsschnitte in den Schuttberg niedergebracht werden. Dabei stieß man auf historische Mauern, die unter Geröll begraben waren. Deswegen war der Einsatz eines Minibaggers nur begrenzt möglich, aufwändige Handarbeit war angesagt. Doch die Mühe lohnte sich. Die Reste des zur Zugbrücke gehörenden Torhauses sowie zwei kleinere Mauerzüge hinter der heute noch zu sehenden mächtigen Schildmauer wurden freilegt.

Die Burg-Experten Thomas Starke und Joachim Zeune (rechts) bei der Untersuchung.
Foto: ArchivAndreas Stöckinger | Die Burg-Experten Thomas Starke und Joachim Zeune (rechts) bei der Untersuchung.

Auch dieser Befund passte zu den geschichtlichen Fakten. Im Bauernkrieg 1525 hatte die Burg gerade im Bereich des 1410/30 neu gebauten Eingangs durch Beschuss schwer gelitten. Die alte Schildmauer (die gefundenen zwei kleineren Mauerzüge) und die beiden Rundtürme waren schwer beschädigt worden. Nach einer zunächst provisorischen Sicherung am Kriegsende erfolgte ab 1586 unter Fürstbischof Julius Echter dann quasi ein Neubau des Eingangsbereichs. Vor die alte, schmalere Schildmauer von 1410/30 wurde eine neue, über drei Meter starke Mauer gesetzt und mit den alten Mauern verbandelt. Diese Mauer ist heute noch zu sehen. Der Torbau wurde ebenfalls erneuert.

In die Sockel der zerschossenen Rundtürme stellte man neue, schlanke Türme – es sind die beiden Rondelle, die heute noch zu sehen sind. Auch im Innern der Burg wurde gebaut: Der Gewölbekeller wurde – wie schon erwähnt – erweitert, was auch für einen Ausbau des Palas spricht.

Ein Großbrand beendete die Geschichte

Nach Schäden im Dreißigjährigen Krieg und wieder erfolgten Reparaturen, diente die Burg ab 1652 nur noch als Forstamt. Das bischöfliche Amt Zabelstein wurde herunter nach Traustadt verlegt und später mit dem Amt Gerolzhofen vereinigt. 1689 kam dann die große Brandkatastrophe, was zum Untergang der Burg führte. In der Wohnung des Forstmeisters war ein Feuer ausgebrochen, das auf den gesamten Komplex übergriff. In der Folge wurden die Wohn-, Verwaltungs- und Nebengebäude in der Vorburg und der Hauptburghof Stein für Stein abgetragen und weggeschafft.

Von 2012 bis 2015 wurde die einsturzgefährdete Burgruine durch die Bayerischen Staatsforsten in enger Zusammenarbeit mit dem Landesamt für Denkmalpflege und Dr. Zeunes Büro für Burgenforschung behutsam saniert. Dazu zählte auch der Rückbau der fehlerhaften Sanierung aus den 70er-Jahren.

Neue Schautafeln erklären jetzt umfassend die Geschichte der Burg und ihrer steinernen Zeugen. So kann man sich nun eine Vorstellung machen, wie mächtig einst Burg Zabelstein weithin sichtbar über der Region thronte.

 
 
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