Ist es nun im Steigerwald zu einem Wortbruch vom Vorstandsvorsitzenden der Bayerischen Staatsforsten, Martin Neumeyer, gegenüber dem Ehrenvorsitzenden des Bund Naturschutz (BN), Hubert Weiger gekommen? Oder doch nicht? Der BN sagt klar ja, die Staatsforsten sagen nein und weisen die Anschuldigung von sich. Die Staatsforsten sprechen von einem „Verständigungsproblem“.
Bekanntlich wogt der Streit darüber hin und her, ob nun auch Buchen mit einem in Brusthöhe von 1,30 Meter gemessenen Durchmesser zwischen 60 und 80 Zentimeter bei der jetzigen Hiebsmaßnahme im früheren Waldschutzgebiet „Hoher Buchener Wald im Ebracher Forst“ gefällt werden durften oder nicht. Ab 80 Zentimeter Brusthöhendurchmesser sind diese Baumgiganten sowieso generell tabu. Dann dürfen sie als sogenannte Methusalem- und Biotopbäume ihr natürliches Lebensalter erreichen, ohne zu Geld gemacht zu werden.
Konkret geht es um eine Treffen des Bund Naturschutz vor Ort mit den Bayerischen Staatsforsten am 11. Juni 2018. Der Anlass dafür war den Angaben des BN die Kritik am Forstbetrieb Ebrach, dass der Forstbetriebsleiter Ulrich Mergner über das Alter der Bäume im „Hohen Buchenen Wald“ im Rahmen der Schutzgebietsdebatte falsch informiert habe. Die Aussage sei damals gewesen, es gebe keine alten, das heißt über 140 Jahre alten Bäume im „Hohen Buchen Wald“. Der Waldreferent das Bund Naturschutz in Bayern, Ralf Straußberger, dazu: „Wir konnten klar vor Ort belegen, dass das falsch war.“ Auch der Bestand in der Abteilung Steinkreuz mit den dort jetzt gefällten dicken Buchen falle darunter. Die Bayerischen Staatsforsten hätten bei dem Termin im Sommer diese Aussage als Fehler eingeräumt, so Straußberger.
Was sind "dicke Bäume"?
Danach hätten die Staatsforsten bei jenem Termin ihre Planungen für den „Hohen Buchenen Wald“ in der kommenden Einschlagssaison vorgestellt, also auch für den Winter 2018/2019. Dabei habe es laut BN die klare Aussage von Martin Neumeyer gegeben, dass dabei keine "dicken Bäume" gefällt würden. Der Begriff „dicke Bäume“ sei forstlich als Starkholz definiert, das ab einen Brusthöhendurchmesser von 60 Zentimeter beginne, so Ralf Straußberger. Dazu hätte der BN bekanntlich eine eigene Erhebung gemacht und rund 7600 Starkbäume im Hohen Buchenen Wald erfasst.
Der Forstbetrieb Ebrach selbst habe die Starkbuchenvorräte im Forstbetrieb in einer Starkbucheninventur erfassen lassen. Forstbetriebsleiter Ulrich Mergner habe in diesem Zusammenhang die Aussage getroffen, dass die Gesamtvorräte an Buchen über 60 Zentimeter BHD (=Brusthöhendurchmesser) deutlich zugenommen hätten. Er habe dies auch bei Vorträgen auf Folien so dargestellt: Buchenstarkholz über 59 cm BHD. Daraus schlussfolgern Ralf Straußberger und der BN: „Damit ist klar, dass mit der Aussage von Herrn Neumeyer nur Bäume über 60 Zentimeter gemeint sein können, weil die Bäume über 80 Zentimeter sind ja schon seit längerem und auch dauerhaft als sogenannte Methusaleme geschützt."
Im Gegensatz dazu verweisen die Bayerischen Staatsforsten darauf, bei Waldbesichtigung im Sommer 2018 mit Hubert Weiger und weiteren Vertretern des Bundes Naturschutz die geplanten Maßnahmen schon intensiv besprochen und damals waldbaulich vom Bund Naturschutz nicht beanstandet worden seien. Bei diesem Termin sei ein vorsichtiger und maßvoller Wiedereinstieg in die forstwirtschaftliche Nutzung kommuniziert worden, indem zugesagt worden sei, dass dicke und schützenswerte Buchen – wie überall im Staatswald – stehenbleiben und als Biotop- und Methusalembäume ein Netz an hochwertigen Lebensräumen für zahlreiche Lebewesen bilden würden.
Staatsforsten-Sprecher Jan-Paul Schmidt aus der Zentrale in Regensburg: „Dass die Maßnahmen tatsächlich vorsichtig und maßvoll waren, belegt die Tatsache, dass die Eingriffe auf einer kleinen Fläche stattfanden und deutlich unter der Menge blieben, die dort nachhaltig geerntet werden könnte. Es wurden nur rund 20 Prozent der Menge entnommen, die wir hätten ernten können.“
Bäume unter 80 Zentimeter
Außerdem seien bei den aktuellen Hiebsmaßnahmen nach Angaben des Forstbetriebs Ebrach ausschließlich Buchen mit einem geringeren Durchmesser als 80 Zentimeter entnommen worden. Buchen ab 80 Zentimeter gelten laut Naturschutzkonzept der Bayerischen Staatsforsten als „dick“, macht Schmidt nochmals deutlich. Andererseits sei die Dicke nur eine von mehreren Kriterien, wenn es darum geht, welche Bäume entnommen werden und welche zum Beispiel etwa aufgrund ihrer ökologischen Habitatstrukturen als Lebensraum für Insekten, Vögel und andere Tiere stehenbleiben. Deshalb würden die Förster bei derartigen Pflegemaßnahmen immer situativ entscheiden.
Jan-Paul Schmidt unterstreicht: „Es gab und gibt keine Wortbruch. Aus unserer Sicht wurde umgesetzt, was so auch im Sommer kommuniziert worden war."
Sie haben wenig Ahnung von der Materie
Die Staatsforsten sind in Erklärungsnöten, zumal sie noch über 700000 ha haben, an denen sie "vorsichtig und maßvoll" wirtschaften können. Warum muss dies gerade im wertvollsten Buchenwald Bayerns sein?