Advent – ist in diesem Jahr für Ruhe und Besinnung mehr Platz? Jedes Jahr nimmt man sich vor, sich die Zeit besser einzuteilen, langfristig zu planen, sich die langen, dunklen Abende gemütlich zu machen. Nun ist die Ruhe von außen verordnet und an Planung auf längere Sicht ist kaum zu denken.
Die Pandemie-Regeln bestimmen bis in die Details des Alltagslebens. Wie oft bin ich umgekehrt, weil ich ohne Maske losgestürmt war, habe um den Marktplatz innegehalten, um sie auf- und wieder abzusetzen.
Unser Advent ist eher bestimmt von dem, was noch kommen könnte, als von dem, der kommt. Heilsversprechen verbinden sich eher mit einem möglichen Impfstoff als mit dem Heiland, der mit seiner Gnade in unsere Herzen einzieht. Die Rückkehr zur Normalität würde heißen: "Wieder alles im Griff." So ist das Leben aber nicht, sondern voll Ungewissheit und Überraschungen – freudigen und unliebsamen. Es stellt Fragen an uns, und nicht immer haben wir die Antwort parat.
Gerade wenn die Tage so kurz sind, bekommt man es mehr mit der Nachtseite des Lebens zu tun: das Tappen im Dunkeln, die Suche nach Halt, die Frage, wie und wo es vorangeht. „Die Nacht ist vorgedrungen, der Tag ist nicht mehr fern“, so hat Jochen Klepper nach einem Satz aus dem Römerbrief des Paulus gedichtet. Man spürt in diesem Lied, dass nicht allein die natürliche Dunkelheit ihm auf der Seele lag, sondern wie rassistisches Denken und Antisemitismus sein Leben verdunkelte, ihm die Arbeitsmöglichkeit als Schriftsteller nahm, ihn und seine Frau, die jüdischer Herkunft war, und deren Kinder bedrohte.
Leider finden sich noch immer Menschen, die diesen finsteren Hass- und Verschwörungsmythen Glauben schenken. Dagegen sucht der Dichter bewusst die Licht- und Orientierungspunkte: "So sei nun Lob gesungen dem hellen Morgenstern!" Gegen das Dunkle strahlt das Licht besonders hell. Wir holen das Licht in unsere Wohnungen, zünden Kerzen an, beleuchten die Stadt mit Weihnachtsdekoration, doch die lichthungrige Seele sucht noch andere, tiefere Lichtquellen. Dort, wo ich in äußerem und inneren Frieden leben kann, dort, wo ich mich geborgen weiß, von dort her kommt Licht und Ausstrahlung in mein Leben. Ist das die göttliche Kraft?
"Gott will im Dunkel wohnen und hat es doch erhellt", heißt es in der letzten Strophe. Bis in die unauslotbaren dunklen Tiefen unserer Seele kann sein Licht gelangen. Ich stelle es mir nicht gleißend und blendend vor – das hat er nicht nötig. Unaufdringlich, still, warm und in erhellender Klarheit füllt er Raum und Zeit, auch diese anstrengende, ungewisse Zeit.
Gebe Gott Ihnen allen eine gesegnete, erfüllte Adventszeit!