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Schleerieth
Wo Wirtshaussingen eine Kraftquelle ist
Lautstark klingen alte Volkslieder beim Wirtshaussingen durch das Sportheim Schleerieth. Die Organisatorin Gabi Müller (rechts) und die Musiker (von links) Urban Hettrich, Wolfgang Müller und Winfried Vierengel sorgen für gute Unterhaltung.
Foto: Silvia Eidel | Lautstark klingen alte Volkslieder beim Wirtshaussingen durch das Sportheim Schleerieth. Die Organisatorin Gabi Müller (rechts) und die Musiker (von links) Urban Hettrich, Wolfgang Müller und Winfried Vierengel ...
Silvia Eidel
 |  aktualisiert: 09.05.2024 02:47 Uhr

Wenn 80 ältere Menschen alle vier Wochen aus dem halben Landkreis zum Singen nach Schleerieth kommen, dann muss es dort etwas Besonderes sein. Tatsächlich begeistert sie das gemeinsame Wirtshaussingen mit den drei Musikern und das lockere Beisammensein. Auch Organisatorin Gabi Müller trägt mit lustigen Geschichten dazu bei. Und das, obwohl sie und ihr Mann, Musikant Wolfgang Müller, Schreckliches erleben mussten.

Schon von draußen ist zu hören, dass hier kräftig gesungen wird. Drinnen ist das Sportheim der SG Eschenbachtal proppenvoll. Das Kreuzberglied wird in allen Strophen geschmettert, wohlklingend, zweistimmig. Ein prächtiger Sound erfüllt den großen Raum. Beim Refrain "Grüß‘ mir die Heimat, grüß‘ mir mein Rhönerland" schunkeln etliche Sängerinnen und Sänger an den Tischen mit.

Drei Musiker begleiten gekonnt den Gesang. Wolfgang Müller aus Eckartshausen und Urban Hettrich aus Stettbach beherrschen ihre Akkordeons, Winfried Vierengel aus Egenhausen steuert Gitarrenklänge bei. Aus gelben Liederheften singen die Gäste kräftig mit. "Die habe ich mal zusammengestellt", deutet Gabi Müller auf die Hefte mit circa 120 deutschen Volksliedern.

"Am Brunnen vor dem Tore" ist da ebenso zu finden wie "Heimatlos", der "Bajazzo" oder "Kein schöner Land in dieser Zeit". "Das singen wir immer zum Abschied", erklärt die Leiterin. Dreieinhalb Stunden dauert der Singnachmittag an jedem ersten Donnerstag im Monat.

"Die Kiste mit den Liedtexten habe ich als Erstes aus dem Brand gerettet", erzählt die 65-Jährige und deutet auf einen Kasten in der Ecke. Die Erinnerung an den schrecklichen Tag im Januar 2023 ist wieder da. Ein Brand vernichtete damals ihr Wohnhaus. Auch alle Instrumente, alle Noten und die Musikanlage wurden ein Raub der Flammen. "Das war der Tiefpunkt", sagt der 72-jährige Musikant Wolfgang Müller ernst.

Doch die Hilfsbereitschaft war riesig. "Das Akkordeon hab‘ ich von einer Frau aus Schwanfeld geschenkt bekommen, das stand 30 Jahre bei ihr herum", erzählt Wolfgang Müller. "Es hat einen tollen Klang."

Noch wohnt das Ehepaar in einer Ferienwohnung. Aber der Neubau des Eigenheims läuft, der Einzug soll bis zum Winter erfolgen.

Warum sie bei ihren eigenen Sorgen für andere Menschen da sind und Musik machen, erklären die Müllers so: "Ich singe gern und freue mich, wenn sich die Leute freuen", meint Gabi Müller. Und ihr Mann ergänzt: "Es macht unheimlich Spaß." Und er weiß: "Ich muss unter die Leute, das ist wie eine Therapie." Dass Musik eine Kraftquelle ist, bestätigt auch der 80-jährige Akkordeonspieler Winfried Vierengel. "Und die Leute sind so dankbar."

In der Singpause bewirten freiwillige Helferinnen aus Schleerieth die Gäste mit Kaffee und selbstgebackenem Kuchen. "Die Leute wollen sich auch unterhalten", weiß Gabi Müller angesichts des Geräuschpegels im Sportheim. Was am Nebentisch bestätigt wird. "Es ist so gesellig und lustig hier", sagen die Frauen und Männer. Sie kommen aus Waigolshausen und Hergolshausen, andere aus Hambach, Poppenhausen und Zeilitzheim. Die Termine des Singkreises haben sich weit herumgesprochen.

Gabi Müller singt seit Kindertagen im Schleeriether Gesangverein. Das Wirtshaussingen wurde vor etwa 20 Jahren immer abends im örtlichen "Gasthaus goldener Stern" von Otto Schmittfull begonnen, erzählt sie. Nach dessen Tod 2014 wurde sie gedrängt, das musikalische Treffen weiterzuführen. "Das gemeinsame Singen muss bleiben", war ihr klar. Als das Gasthaus Ende 2022 schloss, fand sich mit dem Sportheim ein neuer Ort.

Für viele Gäste ist das Singen der alten Lieder ein Highlight. Sie dürfen sich Lieder wünschen, deren Nummern auf eine Tafel im Raum geschrieben werden. Jetzt ist die 15 an der Reihe: "Beim Wirtshaussingen in Schleerieth" heißt das von Vierengel getextete Lied. Und der Refrain verdeutlicht: "Wer singt, der bleibt im Herzen jung."

Die Nummern auf der Tafel weisen auf die nummerierten Liedtexte und die Gesangswünsche der Gäste hin.
Foto: Silvia Eidel | Die Nummern auf der Tafel weisen auf die nummerierten Liedtexte und die Gesangswünsche der Gäste hin.
 
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