Seit ihrer Gründung vor sieben Jahren hat die Wissenswerkstatt rund 8000 Kindern und Jugendlichen die Faszination der Technik-Welt vermittelt. Die kostenlosen Kurse waren immer gut gebucht, auch von vielen Schulklassen. Bis der Corona-Lockdown kam. Lange mussten die Räume im Friedrich-Rückert-Bau geschlossen bleiben. In der Zwischenzeit sind neue Konzepte entstanden, seit Juli dürfen wieder Präsenzkurse stattfinden.
Niklas, Felix und Halid sitzen vor drei Rechnern in der Wissenswerkstatt und blicken gebannt auf ihre Monitore. Die elf- und zwölfjährigen Jungs konstruieren einen Nachmittag lang ihr Wunschhaus. Unter Anleitung von Trainer Markus Dietz gestalten Sie mithilfe eines CAD-Programms dreidimensionale Entwürfe, die aussehen, als kämen sie direkt vom Architekten eines Planungsbüros.
"Es handelt sich dabei um ein professionelles Konstruktionsprogramm", sagt Geschäftsführer Daniel Thiel. Dank der Spende der Firma Solid-Line kann der Verein solche Kurse anbieten. Thiel wie auch der Vorstandsvorsitzende des Trägervereins, Mario Lory, sind höchst erfreut darüber. Auch, weil die Wissenswerkstatt den Kindern damit nicht nur an Werkbänken erste Einblicke in die Welt der Technik geben kann, sondern auch digitale Angebote präsentiert. "Schließlich ist es unsere Mission, junge Menschen für Technik zu begeistern", betont Lory. Und die ist notwendiger denn je, denn die Bewerber in technischen Ausbildungsberufen werden weniger.
Rund 8000 Schüler haben seit der Eröffnung an insgesamt 650 Kursen teilgenommen. Von Jahr zu Jahr meldeten sich mehr an. Vom plötzlichen Lockdown wurde die Wissenswerkstatt jäh getroffen. Die Folgen waren einschneidend: Es gab keine Kurse mehr und die Mitarbeiter mussten eine Zeitlang in Kurzarbeit. "Wir mussten uns neu orientieren und flexibel agieren", spricht der Vorsitzende von einer völlig neuen Situation. Recht schnell wurden neue Konzepte entwickelt, darunter erstmals Online-Kurse.
Online-Kurse während des Lockdowns
Für den zwölfjährigen Niklas aus Sennfeld und viele andere war es ein "tolles Ersatzangebot". Die Wissenswerkstatt ist für ihn längst zu einem zweiten Zuhause geworden, das er vermisst hatte. Über die Videoplattform Zoom wurden die Kinder online unterrichtet, das benötigte Material kam, in Tüten verpackt, vorher per Post nach Hause. "Das hat alles recht gut geklappt und wurde gut angenommen", so Lory.
Parallel wurde ein Hygienekonzept für den Re-Start in den Räumen erstellt. Im Juli durften die Türen endlich wieder geöffnet werden. Seitdem laufen die Kurse mit Abstand und weniger Teilnehmern ab. Vor den Räumen stehen Desinfektionsspender, die Laufwege sind mit Markierungen versehen. In jedem der drei Werkstatträume dürfen sich nur noch bis zu acht Kinder aufhalten. Überall muss eine Mund-Nasen-Bedeckung getragen werden, nur am Platz darf sie abgenommen werden. Trotz aller Auflagen und Neuerungen ist die Freude groß über die Rückkehr zu den Präsenzkursen – sowohl bei den Verantwortlichen als auch bei den Kindern. Das wird beim Besuch deutlich.
Schulen kehren nur langsam zurück
Während die Kurse am Nachmittag wieder gut belegt sind, verhalten sich die Schulen noch zurückhaltend. Thiel und Lory hoffen auf eine steigende Nachfrage, nachdem langsam die ersten Schulen zurückkehren. Eine Schwierigkeit dabei: Für Klassen mit mehr als 24 Schülern reichen die Raum-Kapazitäten nicht aus. Als Lösung ist eine Teilung größerer Klassen vorstellbar, die dann an zwei Tagen kommen.
Die Wissenswerkstatt setzt künftig stärker auf Digitalisierung und digitale Angebote, zum Beispiel mit Programmier- und 3D-Kursen. Zwei 3D-Drucker wurden angeschafft, auf denen auch die am Computer konstruierten Häuser der drei Jungs eine reale Form annehmen. Die Modelle dürfen sie später mitnehmen. Thiel kann sich 3D-Trainings in Kooperation mit Berufsschulen und Ausbildungsbetrieben vorstellen.
Viele neue Inhalte sind geplant, unter anderem ein Bewerbungstraining für Schüler. Ein Pilotprojekt im Vorjahr mit der ZF-Personalabteilung sei erfolgreich verlaufen. Schaeffler will sein "Versetzungsstelle"-Projekt fortsetzen. Lehrlinge können dabei zwei Wochen in der Wissenswerkstatt mitarbeiten und dabei lernen, Kinder anzuleiten.
Als gemeinnütziger Verein wird die Wissenswerkstatt von acht Mitgliedern getragen, dennoch sind Spenden immer willkommen. Mit einem neuen Partner-Projekt (Silber-, Gold- und Platin-Sponsoren, ab 1000 Euro pro Jahr) hofft man, weitere Unterstützter, speziell Firmen, zu gewinnen, um sich breiter aufzustellen.
Umzug nach Ledward bis 2025
Und wie konkret sind mittlerweile die Umzugspläne der Wissenswerkstatt aus dem Rückert-Bau auf das Ledward-Areal? Als neue Heimat ist laut Lory das frühere Stabsgebäude 206 am Ehrenhof vorgesehen. Eine Besichtigung mit dem städtischen Wirtschaftsförderungsamt hat es bereits gegeben. Ideal ist für ihn die unmittelbare Nähe zur Hochschule FHWS, mit der schon einige Projekte gemeinsam realisiert wurden; weitere sollen folgen. Mit dem Auszug rechnet er bis spätestens 2025.
Während bis dahin noch wichtige Fragen zu klären sind, wissen Niklas, Felix und Halid aus dem CAD-Kurs schon längst, was sie später einmal werden möchten: "Ingenieur", sagen alle drei übereinstimmend. Das freut die Macher der Wissenswerkstatt. Wenn es eine solche Quote immer gäbe, meinen sie, "wäre unsere Mission mehr als erfüllt".